Fühlen sich wohl in ihrer neuen Heimat im Ortenaukreis: Raihana Ghafuri, Mohammad Akbar Mahmoody und Sohn Ali Omer Foto: Stadt Kehl

Mohammad Akbar Mahmoody, seine Frau Raihana Ghafuri und ihr Sohn Ali Omer sind vor den Taliban aus Afghanistan nach Deutschland geflohen.

Mohammad Akbar Mahmoody sitzt auf dem grauen Sofa in seinem lichtdurchfluteten Wohnzimmer in Kehl und erzählt aus seinem früheren Leben, das im August 2021 eine jähe Wendung genommen hat.

Nachdem die radikalislamistischen Taliban nach 20 Jahren wieder die Herrschaft in Afghanistan übernommen hatten, herrschte in der Hauptstadt Kabul nicht nur bei Familie Mahmoody Angst und Unsicherheit, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Kehl.

Da er in den Jahren davor als Ortskraft für westliche Organisationen gearbeitet hatte, mussten er und seine Familie mit Repressionen rechnen.

Flucht aus Afghanistan nach Deutschland dauert mehrere Wochen

Detailliert berichtet das Ehepaar davon, wie es ihnen Ende November 2021 gelungen ist, nach Pakistan auszureisen. Die beschwerliche Flucht endet Wochen später mit der Ankunft auf dem Rollfeld des Leipziger Flughafens. Nach einem kurzen Zwischenstopp in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Karlsruhe kommt die Familie in die Ortenau. In Kehl können die drei schnell ihre heutige Wohnung beziehen, die sie durch Raihana Ghafuris Bruder vermittelt bekamen, der schon länger dort lebt und arbeitet.

Beruflich sei er schon immer ambitioniert gewesen, berichtet Mohammad Akbar Mahmoody: „Mein Lebenslauf ist mehrere Seiten dick.“ In Afghanistan war er nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in verschiedenen Bereichen tätig, unter anderem als Unternehmensberater. Darüber hinaus hat er, der Persisch, Urdu und Englisch spricht, als Sprachlehrer gearbeitet.

Unterstützung durch Integrationsmanager

Für den afghanischen Verband für Erwachsenenbildung, der beim Aufbau von Erwachsenenbildungszentren in Afghanistan als Kooperationspartner des Deutschen Volkshochschulverbands fungierte, war er als Spezialist für Beschäftigungsprogramme sowie als Bildungsprogramm-Manager tätig. Raihana Ghafuri arbeitete in Kabul als Krankenschwester und Verwaltungsassistentin, bevor sie ihren Ehemann kennenlernte. Nach der Heirat 2018 begann sie ein BWL-Studium, das sie aufgrund der Flucht nicht beenden konnte.

In der Stadt am Rhein konnte sich die Familie bei Alltagsfragen und im Umgang mit den Behörden zu Beginn auf die Mitarbeiter des städtischen Integrationsmanagements verlassen, erzählt Mohammad Akbar Mahmoody.

Integrationskurs bereitet auf das neue Leben in Deutschland vor

Das Ehepaar absolvierte bereits von März bis Dezember 2022 einen Integrationskurs. In diesem lernten sie die sprachlichen und kulturellen Grundlagen kennen, die ihnen dabei helfen sollen, sich in ihrer neuen Heimat besser zurechtzufinden, so die Mitteilung.

Anschließend besuchten Mohammad Akbar Mahmoody und Raihana Ghafuri wochentags bis Ende Juli einen B 2-Sprachkurs in Offenburg, auf dessen Ergebnisse sie derzeit warten. Darüber hinaus engagiert sich Mohammad Akbar Mahmoody auf Initiative der städtischen Integrationsbeauftragten Raya Gustafson ehrenamtlich als Wegbegleiter im Anker 36. In dieser Funktion dient er Neuankömmlingen in der Rheinstadt als Orientierungshelfer und versorgt sie mit allgemeinen Informationen über die Stadt sowie vorhandene Unterstützungs- und Beratungsangebote. „Für uns ist er eine große Hilfe, da er durch seine eigene Geschichte genau weiß, worauf es ankommt“, sagt die Leiterin der Kehler Gemeinwesenarbeit Innenstadt, Emilie Schleich.

Möglicher Traumberuf: Deutschlehrer oder Integrationsmanager

Helfen will Mohammad Akbar Mahmoody auch in seiner zukünftigen beruflichen Tätigkeit: „Gerne würde ich Berufsberatung machen oder als Deutschlehrer beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge arbeiten. Ich könnte mir aber auch vorstellen, irgendwann selbst als Integrationsmanager zu arbeiten.“ Auch Raihana Ghafuri plant bereits ihre berufliche Zukunft. Sie würde gerne eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten absolvieren.

Obwohl sie erst knapp zwei Jahre in der Ortenau leben, fühlt sich die junge Familie bereits heimisch. Dennoch ist die persönliche Situation immer wieder belastend. Raihana Ghafuris Eltern und ihre Schwester leben seit geraumer Zeit unter schwierigen Bedingungen im Iran, erzählt sie. Kontakt gebe es derzeit nur über das Internet.

Keine Pressefreiheit

Seit ihrer Rückkehr an die Macht vor zwei Jahren haben die Taliban die Pressefreiheit in Afghanistan stark eingeschränkt. Mehr als 80 Prozent der afghanischen Journalisten haben ihre Arbeit eingestellt, berichtet die Deutsche Presseagentur. Der Druck der Taliban, vor allem durch den Geheimdienst, veranlasst viele Medien zur Selbstzensur. Die Taliban haben zuletzt innerhalb kurzer Zeit laut „Reporter ohne Grenzen“ neun Journalisten festgenommen.