Felicitas Frei (links) und Birgit Dupps sind in der Ortsverwaltung Mietersheim ein eingespieltes Team. Foto: Köhler

Sie sind Protokollanten, Archivare, Redakteure, Ansprechpartner, Seelsorger und vieles mehr – die Mitarbeiter in den Ortsverwaltungen der Lahrer Stadtteile haben einen vielfältigen Alltag. Die LZ hat sie besucht, um ihren Job kennenzulernen.

Hugsweier/Mietersheim. - Was genau macht eigentlich ein Verwaltungsfachangestellter? Was für viele nach einem langweiligen Schreibtischjob klingt, hat deutlich mehr Facetten, als man zunächst meint. Das beweisen Birgit Dopps, Felicitas Frei und Thomas Keller. Stellvertretend für alle sieben Ortsverwaltungen der Stadt zeigen sie, was sie an ihrem Beruf so fasziniert.

Seit 30 Jahren arbeitet Thomas Keller im Rathaus Hugsweier. Er arbeitet alleine und hat sich in der Ortsverwaltung sein eigenes Reich eingerichtet. "Es ist mein Zuhause irgendwo", erklärt Keller. Von seinen täglichen Aufgaben berichtet der 60-Jährige mit einem Strahlen im Gesicht. Ein langweiliger Schreibtisch-Job, bei dem man in der Hälfte der Zeit Däumchen dreht, sei der Beruf des Verwaltungsfachangestellten definitiv nicht. "Jeder ist gerne eingeladen, mal hier vorbeizukommen und zu arbeiten", scherzt Keller und betont: Auch wenn eine Verwaltung nur begrenzte Öffnungszeiten hat, ist es für die Mitarbeiter ein Vollzeitjob.

Anmeldungen, Ummeldungen, Ausweise, die Protokolle des Ortschaftsrats – um all das und noch mehr kümmert sich Keller eigenverantwortlich. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem, sich Artikel aus der Presse, die den Ort betreffen, genau anzuschauen. Keller ist auch für den redaktionellen Teil des Mitteilungsblatts verantwortlich. "Ich bin laufend am Werkeln", sagt der 60-Jährige. Mehr als 100 Aktenordner reihen sich in den Schränken seines Büros aneinander. 40 davon brauche er noch regelmäßig.

Seine tägliche Arbeit beginnt für Keller damit, sich einen Tagesplan zurechtzulegen, nach dem er arbeitet – wenn nichts Wichtiges dazwischen kommt. Das sei jedoch meistens der Fall. "Es kommt eigentlich immer ein Bürger", erklärt er. Kurze Zeit später klopft es tatsächlich an Kellers Tür – in diesem Fall ist das Anliegen aber schnell geklärt: Eine Frau erkundigt sich, ob sie einen Pack gelbe Säcke mitnehmen darf.

Er ist "Kummerkasten, Mediator und Psychologe"

Besuch bekommt der 60-Jährige tatsächlich nur von Hugsweierern, die einen Termin oder ein spontanes Anliegen haben, und von Ortsvorsteher Georg Bader. Meistens ist Keller für sich, was auch so seine Schwierigkeiten mit sich bringt. "Ich muss auch mal gebremst werden", sagt er. Zudem hätten ihm, gerade in der Pandemie, auch hin und wieder die sozialen Kontakte gefehlt.

Die Pandemie sei allgemein eine schwierige Phase gewesen. Keller ist neben seiner täglichen Arbeit Ansprechpartner für die Hugsweierer und damit auch "Kummerkasten, Mediator und Psychologe. Oft kommen die Leute und wollen sich einfach einmal auskotzen", beschreibt es der 60-Jährige plakativ. In der Pandemie habe dies zugenommen, und auch der Ton sei aggressiver geworden. In solchen Fällen versucht Keller, die Menschen zu beruhigen, versichert, dass "nur die Wände zuhören".

Keller kennt die Hugsweierer. Ein emotionaler Bezug sei für ihn die Grundlage, mit Herz bei der Arbeit zu sein. Über die Jahre habe er eine Strategie entwickeln können, die Sorgen der Menschen nicht zu nah an sich ranzulassen. Der 60-Jährige selbst wohnt nicht im Ort, sondern in Lahr. Das hilft ihm, eine gewisse Distanz zu wahren. Auf der anderen Seite freue es ihn jedes Mal, wenn er den Bürgern helfen kann. "Ich habe noch nie so oft ›Danke‹ gehört wie in der Pandemie", sagt Keller und fasst zusammen: "Wenn ich auch nur einem Bürger am Tag geholfen habe, war es ein guter Tag".

Eingespieltes Team

Anders als in Hugsweier sind Felicitas Frei und Birgit Dupps in Mietersheim zu zweit. Die beiden teilen sich eine Vollzeitstelle. Sie bilden ein eingespieltes Team, verstehen sich gut und haben viel zu lachen, wie beim Besuch unserer Redaktion deutlich wird. Die 34-jährige Frei wohnt seit 2015 in Mietersheim und arbeitet seit drei Jahren in der Ortsverwaltung. "Mein Herz schlägt dafür, dass es hier läuft. Ich will den Kindern eine gute Zukunft bieten", beschreibt sie ihre Motivation für ihren Beruf.

Auch Pflegen der Homepage gehört zu den Aufgaben

Frei sieht die Bedeutung der Ortsverwaltung zum einen in der Funktion als "Schnittstelle zwischen Ortschaftsrat und den Fachabteilungen der Stadt", aber auch als "Außenstelle des Bürgerbüros". Dadurch, dass es die Verwaltung in Mietersheim gibt, erspare man den Bürgern den längeren Weg in die Stadt. Diese Anlaufstelle werde auch gerne genutzt, "die Bürger kommen mit allem zu uns", so Frei. Sie und Dopps hätten den Anspruch, den Bürgern immer zu helfen. Ihr Credo laute, den Leuten "immer freundlich zu begegnen".

Wenn sich Frei und Dopps nicht mit Anliegen der Bürger beschäftigen, kümmern sie sich beispielsweise um den Haushalt, melden Mittel an oder arbeiten am Rechenschaftsbericht. Darüber hinaus sind sie für die Koordination der Hallen und des Bürgerhauses verantwortlich, verwalten dafür und für die Grundschule die Schlüssel und beschäftigen sich mit Bauanträgen. Sie pflegen die Homepage, sind die Redaktion für das Mitteilungsblatt, schreiben Glückwunschbriefe an Jubilare, kümmern sich um den Friedhof und vieles mehr. Immer im Blick haben die beiden auch die Vereine. "Es ist uns wichtig, dass es eine Dorfgemeinschaft gibt", erklärt Dopps, die schon seit 40 Jahren bei der Stadt Lahr angestellt ist. Die 58-Jährige unterstütze gern den Prozess des Zusammenhalts.

Auch kreative Projekte sind möglich

Wenn neben diesen Aufgaben noch Zeit bleibt, geht Frei auch gerne eigene Projekte an. "Die Ortsvorsteherin bietet kreativen Spielraum", lobt die 34-Jährige ihre Schwägerin Diana Frei. So konnte Felicitas Frei ein eigenes Malbuch für Kinder mit Motiven aus dem Ort herausbringen. Auch das Quiz im Mitteilungsblatt sei während des Lockdowns bei den Mietersheimern eine gern angenommene Beschäftigung gewesen. In der Ortsverwaltung selbst gibt es ein öffentliches Büchertauschregal.

"Die Bandbreite macht Spaß", fasst Frei ihren Beruf zusammen. Da sie in Mietersheim wohnt und auch oft von Bürgern angesprochen wird, sei sie "irgendwie immer im Dienst", könne aber dennoch gut abschalten. Schließlich habe sie noch eine Kollegin, um bei Stress auch einmal Dampf abzulassen und das Lachen zurückzugewinnen.

Eine Stadt - acht Rathäuser

Als im Jahr 1972 die sieben Lahrer Stadtteile in die Stadt eingemeindet wurden, war Teil des Vertrags, dass sich die Orte zu einem gewissen Grad selbst verwalten. Deshalb blieben die Rathäuser der bis 1972 eigenständigen Gemeinden erhalten. Die Ortsverwaltungen fungieren als Außenstellen des Lahrer Rathauses, um den Bürgern längere Wege in die Innenstadt zu ersparen.