Das Gebäude wurde um die Jahrhundertwende erbaut. Foto: Reinhard Foto: Schwarzwälder Bote

Infrastruktur: Mieter müssen bis Ende Juni ausziehen / Erbengemeinschaft ist sich nicht einig

Seit etwas mehr als 100 Jahren steht das bei den Hausachern als "alte Zigarrenfabrik" bekannte Gebäude an der Hauptstraße, nun müssen Ende des Monats die Mieter ausziehen. Was danach mit dem Haus passiert, steht aber noch in den Sternen.

Hausach. Bisher waren in dem Gebäude das Kampfsportzentrum von Henri Charlet, das Tanzstudio von Bärbel Agoston und als deren Untermieter das Antiquariat von Santo Boscia untergebracht. Doch dann flatterte die Kündigung ins Haus. Bis Ende des Monats müssen alle Mieter raus, wie diese im Gespräch mit dem Schwabo bestätigten.

Das Kampfsportzentrum hat seine Räume schon zum allergrößten Teil verlassen und hat am 2. Juni in Haslach neu eröffnet. Im Gegensatz dazu wird Agoston, die ihr Tanzstudio 41 Jahre lang in Hausach betrieb, keinen Neuanfang machen und mit ihrem Auszug die Schule schließen. Sie und ihr Untermieter Boscia, der seinen Laden ebenfalls mehrere Jahrzehnte in dem Gebäude betrieb, sind noch dabei, auszuziehen. Auch er schließt seinen Laden, wird aber weiter in der Branche tätig sein.

Was danach mit dem Gebäude geschieht, steht noch nicht fest. Besitzer ist eine Erbengemeinschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), zu der Hans-Jürgen Neumayer, sein Cousin Hans-Peter Neumayer und Götz Goiny gehören. Hans-Jürgen Neumayer ist der Sohn von Amanda und Erich Neumayer, die die Neumayer-Stiftung in Hausach gegründet haben. Diese fördert soziale Projekte mit den Schwerpunkten Bildung und Erziehung. Hans-Jürgen Neumayer hat der Stadt vor Kurzem die Kaplanei abgekauft, um sie zu sanieren und dann der Stadt wieder zur Verfügung zu stellen (wir haben berichtet).

Hans-Jürgen Neumayer erklärt auf Anfrage, dass die Erbengemeinschaft ursprünglich geplant habe, das Gebäude abzureißen. "Das Haus ist alt und es lohnt sich nicht mehr, zu investieren." Die Entscheidung, den Mietern zu kündigen, hätten die Erben gemeinsam gefällt. Sein Plan, dort Sozialwohnungen zu errichten, "scheiterte an den anderen Gesellschaftern", wie Neumayer erklärt. Die Erben haben offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft des Hauses.

"Ob und wann das Gebäude abgerissen wird, steht in freiem Raum", sagt Neumayer und verweist auf den GbR-Vertrag, nach dem alle Entscheidungen bezüglich des Gebäudes einstimmig gefällt werden müssen. Ein Gericht soll die Angelegenheit nun klären. Bis dahin passiert mit der alten Zigarrenfabrik erst einmal nichts. Wie lange sie leer stehen wird, ist somit unklar. Unter Denkmalschutz steht das Gebäude nicht. Die anderen Erben, Hans-Peter Neumayer und Götz Goiny, waren für unsere Zeitung nicht zu erreichen.

Die Stadt bedauert den Weggang des Kampfsportzentrums sowie die Schließung des Tanzstudios und des Antiquariats, kann aber keinen Einfluss nehmen, so Bauamtsleiter Hermann-Josef Keller. "Das ist sehr schade. Sie hatten regen Zulauf und waren gut für Hausach", meint Keller.

Das Haus wurde um die Jahrhundertwende gebaut. Ludwig Kech kaufte das Gelände 1907 und veräußerte einen Teil davon der Zigarrenfabrik Krämer. Die Familie Krämer stammte aus Haslach und eröffnete in Hausach ein Zweigwerk. In dem Haus wohnte später auch ein Sohn der Familie Rosenthal. Heinrich Rosenthal war Chef des Hausacher Walzwerks und der Sohn, der in der Firma seines Vaters beschäftigt war, wurde während des Kriegs nach Straßburg versetzt. So konnte die Kleiderfabrik Schwarz 1951 in das Haus einziehen. Neben der Zigarrenfabrik befand sich lange die Firma Schmiede Huber im Gebäude.