So sah eines der Formulare im Entnazifizierungsverfahren 1947 aus.Repro: Hensle Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Im Rahmen der Entnazifizierung in Hausach und dessen Umgebung kommt es zu merkwürdigen Situationen

Nach dem Zweiten Weltkrieg lief auch in Hausach die Entnazifizierung an. Für Betroffene bedeuteten die Auswirkungen unter anderem Gehaltskürzungen. Stadtarchivar Michael Hensle hat dazu recherchiert.

Hausach. Noch vor der Einrichtung der so genannten Spruchkammern zur Entnazifizierung wurde bereits im Oktober 1945 von der französischen Militärregierung für das Land Baden in Karlsruhe eine "Reinigungskommission" zur Säuberung der öffentlichen Verwaltung gebildet. Besetzt wurde diese mit zwei Verwaltungsbeamten, einem (evangelischen) Demokraten, einem kommunistischen Vertreter sowie einem Vertreter des (katholischen) Zentrums. Auf Landkreisebene wurden Untersuchungsausschüsse eingerichtet, die der "Reinigungskommission" zuarbeiten und aufgrund ihrer örtlichen Kenntnisse Entscheidungsvorschläge unterbreiten sollten.

Für den Landkreis Wolfach wurde der Entnazifizierungsausschuss aus früheren Mitgliedern der Demokratischen Partei, des Zentrums, der Sozialdemokratischen Partei, der Kommunistischen Partei und einem "Parteilosen, dessen antifaschistischen Einstellung erwiesen ist", gebildet. Den Vorsitz hatte der Hornberger Bürgermeister Fimpel inne. Als Ausschussmitglieder wurden von den politischen Parteien in Hausach vorgeschlagen: Heinrich Meißwinkel, Landolin Schmider, Anton Hauer, Philipp Kropp sowie Ludwig Waidele. Diese Personen wurden dann auch als Mitglieder des örtlichen Hausacher Entnazifizierungsausschuss vom Vorsitzenden Fimpel zu der ersten Sitzung am 4. Januar 1946 im Rathaus Hausach eingeladen.

Ausschuss sprach nur Empfehlungen aus

Eigentlich hatte der Hausacher Entnazifizierungsausschuss nur Empfehlungen auszusprechen. Grundlegende Entscheidungen bereits gefallen: Schon am 21. April 1945 war der kommissarische Bürgermeister Josef Jäckle abgesetzt und durch den Lehrer Paul Rist als Bürgermeister ersetzt worden. Dennoch endete die Sitzung des Hausacher Entnazifizierungsausschusses mit einem Paukenschlag. Noch am selben Tag, am 4. Januar 1946, gab der Vorsitzende Fimpel des Kreisausschusses zur Entnazifizierung in Wolfach dem Hausacher Bürgermeister Rist diese Empfehlung zur Kenntnis: "Ablösung des Bürgermeisters der Gemeinde Hausach und Zurückversetzung in den Schuldienst." Paul Rist ließ eine mögliche Einspruchsfrist verstreichen und trat schließlich als Bürgermeister zum 15. März 1946 zurück.

Ein anderer Vorgänger-Bürgermeister hatte das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein: Fritz Kölmel, seit 1936 Bürgermeister in Hausach, Ende 1943 eingesetzt als beauftragter Bürgermeister in Haslach und Bollenbach, daraufhin im Januar 1944 nach Haslach verzogen. Da er nicht mehr in Hausach wohnhaft war, war auch der Hausacher Entnazifizierungsausschuss nicht zuständig. In diesem saß mit Landolin Schmider ein Mitglied, das Fritz Kölmel sehr wohl kannte. Bürgermeister Kölmel hatte im November 1942 in einem Schreiben an den NS-Landrat in Wolfach, Schmider wörtlich als "ein Gegner des dritten Reiches" denunziert und dessen Ablösung als Fleischbeschauer verlangt. Ob Landolin Schmider der Wortlaut der Denunziation zu Kenntnis gelangte, ist nicht bekannt, den Entlassungsversuch sehr wohl. Diese kam nur deshalb nicht zustande, weil aus kriegsbedingtem Personalmangel Fleischbeschauer Schmider nicht ersetzt werden konnte.

So blieb Landolin Schmider im Amt, nicht dagegen Fritz Kölmel: Nach dem Einmarsch der französischen Streitkräfte in Haslach als beauftragter Bürgermeister abgesetzt, fungierte Kölmel noch im Jahr 1945 dort Kartenstellenleiter. 1948 als "Mitläufer" entnazifiziert, gelang es Fritz Kölmel im gleichen Jahr, die Bürgermeisterwahl in Haslach für sich zu entscheiden.

Der Entnazifizierungsausschuss traf noch weitere Empfehlungen für Sühnemaßnahmen gegen fünf städtische Beamte und Bedienstete, allesamt ehemalige NSDAP-Mitglieder. Es waren ausschließlich Empfehlungen über Gehaltskürzungen und betrafen den Ratsschreiber, den Amtsdiener, den städtischen Vorarbeiter sowie die beiden Hebammen. Letzteren wurde zehn bis 20 Prozent des jährlichen Wartegeldes von 120 Mark einbehalten. Ratsschreiber Wilhelm Kienzle erhielt eine Gehaltskürzung von zehn Prozent und drei Jahre Bewährung. Die verhängten Sühnemaßnahmen, die generell im Regierungsamtsblatt veröffentlicht worden sind, wurden im Jahre 1948 nach den Landesverordnungen Nummer 133 und 165 für sogenannte "Begünstigte" aufgehoben.

Im Rahmen des Entnazifizierungsverfahrens wurde niemand bei der Stadt entlassen. Wer aber schon gleich zu Beginn der Besatzung entlassen worden war und dessen Stelle neu besetzt wurde, dem gelang es kaum, seine alte Stellung wieder zu erlangen. So Stadtrechner Anton Stricker, der darüber eine langjährige Auseinandersetzung mit der Stadt führte und noch 1953 den Vorwurf der "Verewigung der Entnazifizierung" erhob.