Thorsten Nesch hat bereitwillig sein Jugendbuch "Joyride Ost" signiert. Foto: Jehle Foto: Schwarzwälder-Bote

Sein Jugendbuch ist nichts für kleine Kinder

Von Evelyn Jehle

Hausach. Eilige Improvisation war bei der Antrittslesung mit Hausachs aktuellem Stadtschreiber Thorsten Nesch am Sonntag angesagt.

Der Autor hielt mit Recht einige Passagen aus seinem preisgekrönten Jugendbuch "Joyride Ost" für die jungen Zuhörer unter zwölf Jahren für nicht geeignet. Kurzerhand teilte Nesch die Lesung in zwei Abschnitte auf und las im ersten Teil die von ihm in Hausach geschriebene Weihnachtsgeschichte "Wie ich den Weihnachtsmann fing" vor. In der heiteren Erzählung geht es um einen Sechsjährigen, der mit trickreichen Fallstricken das Rätsel löst, ob es den Weihnachtsmann überhaupt gibt. "Das ist meine allererste Kinderlesung außerhalb von zu Hause gewesen", sagte der dreifache Vater.

Nachdem die Jüngsten nicht ohne Protest – "ich bin nicht zu klein" – mit den jeweiligen Elternteilen den Sitzungssaal des Rathauses verlassen hatten, nahm Nesch die Zuhörerschaft mit in die temporeiche Handlung des "Joyride Ost".

Lebhaft und gestenreich ließ er die Protagonisten und ihr Lebensgefühl lebendig werden. Da ist Tarik, ein Fünfzehnjähriger mit arabischen Wurzeln, der in einem Nest irgendwo bei Münster lebt. Coole Sprüche, scharf umrissene Cliquenbildung innerhalb der unterschiedlichen Ethnien und Keilereien untereinander prägen seinen rauen Alltag.

Angst hat Tarik nur vor seinem Vater und Bruder. Licht in die Tristesse bringt Jana, ein Mädchen der "Rock-Zopf-Fraktion" aus dem Russenviertel. Die beiden verlieben sich ineinander, die ablehnende Haltung ihrer jeweiligen Familien ignorierend.

Bei einem Treffen an "der Tanke" wird aus Geplänkel Ernst und sie klauen einen BMW, dessen Fahrer den Schlüssel stecken gelassen hat. "Nur ein bisschen rumfahren" wollen sie und dann den Wagen irgendwo stehen lassen. Dumm nur, dass Jana eine Pistole hinter ihrem Sitz findet und aus dem Kofferraum Hilferufe tönen. "Wer kann das sein", fragt Jana und Tarik antwortet: "Mein Karma" und denkt sich "kann mein Schicksal mich nicht mal zehn Minuten in Ruhe lassen?"

Die pointierten Dialoge im Roman und vor allem auch packende Vortragsweise von Nesch bereitete dem Publikum hohen Hörgenuss. "Die Ideen kommen zu mir, mehr als ich umsetzen kann", beantwortete Nesch die Frage nach der Themenfindung. Ob er mit dem Buch eine Aussage beabsichtige, wollte ein Zuhörer wissen. Die Aktion als solche stehe im Vordergrund: die Frage "was wäre, wenn" ist für Nesch vorrangig. Er habe diese Idee in verschiedenen Variationen durchgespielt und bei den Recherchen herausgefunden, dass er keinem Migrationshintergrund begegnete und wenn doch, es Problemromane waren.

Kurator José F. A. Oliver freut sich jedenfalls schon auf die Staffelübergabe beim Leselenz 2015 und hofft auf eine Kombination von Lesung und Film. Letzteres macht Nesch nämlich auch – und Musik. Der Schriftsteller ist bis Mitte Januar in Hausach, am 14. Dezember hält er eine weitere Lesung auf der Waldbühne.