Wenn der Rektor mit seiner Stellvertreterin: Christina Spitzmüller schätzt die ungezwungene Atmosphäre an ihrem Arbeitsplatz. Foto: Spitzmüller Foto: Schwarzwälder-Bote

Betriebsfeier in einer russischen Förderschule

Mittleres Kinzigtal/Pskow. Neues aus Russland: Christina Spitzmüller berichtet für den Schwarzwälder Boten in einer losen Serie von ihren Erfahrungen in der Großstadt Pskow (Nordwestrussland). Hier absolviert sie zur Zeit ein freiwilliges soziales Jahr.Einfach so wird in Russland nicht gefeiert. Es muss einen Anlass geben. Aber der findet sich immer. Und so veranstaltet das Heilpädagogische Zentrum, in dem ich arbeite, eine "Black’n’White-Party" für Gäste aus Deutschland, die sich eine Woche lang die Arbeit in Pskow anschauen.

Die gesamte Mitarbeiterfamilie findet sich also ganz in schwarz und weiß in der Aula der Schule ein. Und während mich die gezwungene und aufgesetzte "Familienatmosphäre" in internationalen Großbetrieben immer gestört hat, finde ich hier den Kollegenzusammenhalt schön. Viele der Mitarbeiter sind schon seit langer Zeit dabei, einige seit der Gründung vor fast 20 Jahren. Und so kennt auf dem Fest jeder jeden, es herrscht eine herzliche und ungezwungene Stimmung.

"Die Veranstaltungen des HPZ sind immer so schön", verrät mir ein Gründungsmitglied der Initiative. In einer kurzen Rede erzählt er, wie stolz er auf die Mitarbeiteratmosphäre in der Schule ist. "Wir haben den Ansporn gegeben, die finanziellen Mittel, das Startkapital. Aber die Atmosphäre, den Zusammenhalt, den habt ihr geschaffen!"

Auf der Party werden die Gäste in vier Gruppen aufgeteilt, und jede davon soll ein Lied vortragen. Es handelt sich nämlich nicht nur um eine einfache Schwarz-Weiß-Party, sondern um eine musikalische Schwarz-Weiß- Party. Bei den Vorträgen ist gleich erkennbar, welche Nationalität das Zepter in die Hand genommen hat: In unsrer Gruppe sagen wir Deutschen, wie wir das machen werden.

Und während wir uns Gitarre und Rasseln organisieren, uns hinstellen und unser "Go down, Moses" vortragen, ist uns bei den anderen Darbietungen gar nicht mehr klar, ob es wirklich ums Singen geht. Bei den übrigen drei Gruppen haben offensichtlich die Russen gesagt, wo’s langgeht. Und so liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der Choreographie. Gesungen wird nicht, die meisten bewegen nicht mal die Lippen zu "Let’s twist again". Gut, dass der Musiker mit seinem Keyboard und seiner Stimme die passende Untermalung gibt. Lustig sind alle Vorträge.

Und im Anschluss twisten alle eine Runde gemeinsam durch den Saal. Kurz bevor der Direktor und seine Stellvertreterin sowie der Vorsitzende der Initiative und die Vorsitzende der Behindertenarbeit in Russland zusammen tanzen. Zu Tom Jones’ "Sex Bomb". Peinlich ist das nicht. Wahrscheinlich tanzt nur deswegen niemand auf dem Tisch, weil das Fest schon um 21 Uhr zu Ende ist – der nächste Tag ist schließlich ein Arbeitstag, deswegen hat man auch schon um 18 Uhr angefangen.

Ein paar Kollegen feiern aber in einem Klassenzimmer weiter. Mit Musik aus dem Radio – die in Russland zu jeder Tageszeit einer Diskobeschallung gleicht, wenn man nur den richtigen Sender wählt – und einer kleinen improvisierten Tanzfläche. Und als der Wodka zur Neige geht, zaubert irgend jemand aus dem Schrank einen Selbstgebrannten hervor...

Weitere Informationen: Die Arbeit im HPZ finanziert sich hauptsächlich über Spenden aus Deutschland. Die Kontoverbindung ist auf www.initiativepskow.de zu finden.