Die Bollenhutmacherin Gabriele Aberle erlernte das Handwerk von ihrer Mutter. Foto: Fischer

Der Bollenhut feiert in diesem Jahr seinen 225-jährigen Geburtstag. In den Gemeinden und Stadtteilen Reichenbach, Gutach und Kirnbach ist die alte Schwarzwälder Tracht noch immer Tradition einiger Vereine und bei der evangelischen Konfirmation.

Gutach - Bollenhutmacherin Gabriele Aberle erzählt im Interview mit unserer Redaktion von dem Handwerk, das sie von ihrer Mutter gelernt hat.

Frau Aberle, wann ging es genau los mit dem Bollenhut?

Die erste Erwähnung des Bollenhuts war am 7. Januar 1797 beim Amt Hornberg. Damals hieß es, die übliche Dekoration wurde aufgemacht. Der erste Bollenhut hatte 14 aufgemalte Kreise in Kreuzform in rot oder schwarz. Vom Aufmalen der Kreise bis zum sogenannten Glockenhut war es dann nur noch ein kleiner Sprung. So wurde der Bollenhut schon 1820 getragen. Aber in dieser Zeit als Selbstversorger war ein solcher Schmuck schon Luxusgegenstand. Um 1900 gab es dann in der Regel schon auf jedem Hof einen roten Hut und ein Mädchen durfte mit dem Hut zur Kirche gehen.

Wie lange machen Sie dieses Handwerk nun schon und wie sind Sie dazu gekommen?

Ich komme aus Gutach, einer der Gemeinden, in denen man auch heute noch Tracht trägt. Ich habe das Bollenhutschneiden von meiner Mutter gelernt und sie hat es von ihrer Tante gelernt. Ich habe schon 1984 immer wieder mal mitgeholfen und mache es seit 2007 eigenständig. Das Handwerk ist also schon immer neben meinem eigentlichen Hauptberuf ein schönes Hobby.

Video: Wie ein Original-Bollenhut entsteht

Wie hat sich die Größe der Bollen im Laufe der Zeit verändert?

Wenn man den ursprünglichen Hut anschaut, ist das einfach ein leichter Sommerhut aus einem Strohgeflecht. Dann haben sich die Bollen vergrößert und so hat er etwa 1850 den großen Bollen nicht mehr Stand gehalten. Dann hat man angefangen, den Hut einzugipsen. Der heutige Hut hat aber auch noch die vier Merkmale eines originalen: Immer als Kreuz angeordnet, immer 14 Bollen, immer eingegipst und immer aufgenäht statt wie früher aufgeklebt. Mit dem Wohlstand um die Jahrhundertwende hat sich auch der Hut noch vergrößert, man sieht dann auch zum ersten Mal die geschwungene Form. Aber wenn man ihn so anschaut, meint man, er ist rund. Beim genaueren Hinsehen sieht man aber auch da das Kreuz und man sieht genau, dass die drei Bollen fast runtergeschlupft sind. Heutzutage ist die geschwungene Form Standard.

Wie genau stellen Sie einen Bollenhut her?

Das Strohgeflecht wird geleimt, geformt und eingegipst. Das ist das, was man auf dem Hut unter den Bollen als Material hat. Ich fertige dann aus zwei Kilogramm Wolle 14 Bollen. Diese sind am Anfang rund, bis ich sie mit der Schere oval schneide. Mit der Schnur werden sie zusammengebunden und auch heute noch in Kreuzform aufgenäht – elf sichtbar und drei ein wenig versteckt. Nach dem Aufnähen schneide ich die Bollen mehrmals zu, bis sie so dicht und samtig werden.

Wie viel Zeit benötigen Sie, um einen Hut zu fertigen?

Wenn ich alles zusammenraffe, brauche ich etwa eine Woche. Ich lasse aber auch immer mal wieder einen Hut liegen, denn es kommt immer fürs anschließende Schneiden drauf an, wie sich die Wolle verändert. Ein fertiger Hut kostet dann 285 Euro.

An wen verkaufen Sie die Hüte am Ende?

Natürlich am liebsten an Trachtenträgerinnen und dann an die, bei denen die Achtung stimmt. Ich merke das, indem ich mit den Leuten rede und man hört das dann schon raus, für was es jemanden interessiert. Wenn jemand sagt, er hat eine Vitrine und ist Sammler, wieso sollte ich ihm dann keinen Hut verkaufen? Aber man kann auch den Hut nicht einfach aufsetzen und weglaufen. Ein Trachtenträger kriegt den Hut angepasst und das ist meine Sicherheit, die ich dann habe.

Was hat der Bollenhut für Sie für eine Bedeutung?

Für mich ist das ein Stück weit ein Kulturgut, das man bewahren und im Original weitergeben sollte. Und es ist für mich auch noch die Verbindung zu meiner Oma. So lebt sie quasi noch weiter. Mein Konfirmationshut ist auch noch von meiner Großmutter gefertigt, das finde ich schon toll.

Info: Das Jubiläum

Der Bollenhut, der zur traditionellen evangelischen Tracht in Kirnbach, Gutach und Reichenbach gehört, feiert in diesem Jahr 225. Geburtstag. Die Farbe rot bedeutet ledig, schwarz verheiratet. Ein Bollenhut wiegt rund 1,5 Kilogramm. Die Volkstracht wird von den Frauen noch heute zu feierlichen Anlässen und bei Brauchtumsveranstaltungen getragen – zum Jubiläum beispielsweise soll es mehrere Feste geben.