Das Café am Lahrer Urteilsplatz wurde am 1. Oktober 1898 eröffnet, schon 1901 hieß es „Zum Süßen Löchle“. Foto: "Süßes Löchle"

Einst verhinderte die Inflation einen grundlegenden Umbau, später retteten es Lahrer Bürger – heute ist es das einzige Café in Baden-Württemberg unter Denkmalschutz. Das „Süße Löchle“ gibt es seit 125 Jahren. Ein Blick auf eine bewegte Geschichte.

Ein vermutlich als Handwerkerhaus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtetes Gebäude am Urteilsplatz beherbergt heute ein Café, das – Gaststätte und Museum in einem – zu einer Attraktion der Lahrer Innenstadt geworden ist. Glückliche Umstände halfen dabei mit.

Als im Jahr 1920 der geschäftstüchtige Carl Eugen Hildebrand, ein Sohn des Café-Gründers Eugen Hildebrand, nach Entwürfen der Architekten Meurer und Ruck einen größeren Umbau des Hauses plante, machte die damals galoppierende Geldentwertung diesem Vorhaben ein Ende.

Hildebrand wollte das Gebäude um einen Stock erhöhen, eine neue Hausfassade mit Erker und Balkon sollte entstehen und im Obergeschoss war ein durch eine Treppe mit dem Ladengeschäft verbundener Gastraum vorgesehen. Hildebrand musste sich aus finanziellen Gründen mit einem Innenausbau im Stil des Art déco begnügen.

Registrierkasse von 1910, Backofen von 1942

Seither hat sich kaum etwas verändert: Die Besucher können sich heute an den sechs bleiverglasten Fenstern mit Märchenmotiven erfreuen. Im Laden faszinieren ein Vitrinenschrank aus Kirschbaumholz mit ausziehbaren Arbeitsbrettern sowie eine Registrierkasse von etwa 1910. Im hinteren Bereich können die historische Backstube mit einem Backofen aus dem Jahr 1942 sowie alte Gerätschaften wie beispielsweise ein Transmissionsantrieb für eine Rührmaschine sowie eine Mahl- und Knetmaschine besichtigt werden.

Der zweite Glücksfall war das Engagement historisch sensibilisierter Lahrer Bürger, die 2003 zu einem Zeitpunkt, als dem Gebäude Verkauf und Abriss drohten, die Initiative ergriffen. Eine gemeinnützige Aktiengesellschaft wurde gegründet. Rund 150 Aktionäre kauften Anteile und retteten das Gebäude mit seinen wertvollen historischen Beständen. 2006 wurde außerdem der Freundeskreis Süßes Löchle gegründet.

Blick auf die Anfänge in längst vergangenen Zeiten: das „Süße Löchle“ im Jahr 1909 Foto: "Süßes Löchle"

So sehr sich die Gesellschaft und der Freundeskreis auch bemühten, sie hätten bei dem sich zunehmend verschärfenden Sanierungsstau und Erfordernissen des Brandschutzes das Haus nicht halten können. Ein dritter Glücksfall musste eintreten, um das historische Café im Herzen Lahrs zu bewahren und ihm eine Zukunftsperspektive zu geben. Ihn hat es in Gestalt des Ehepaars Adelheid und Roland Wagner gegeben, das im Jahr 2017 das Gebäude erwarb und es sachgerecht und mit Liebe zum Detail in Abstimmung mit Planer und Denkmalamt renovierte. Dafür gab’s im Jahr 2020 den Denkmalschutzpreis des Landes Baden-Württemberg. Seit 2021 können Besucher die Geschichte des Haues über einen eigenen Audioguide erfahren.

Im Jubiläumsjahr blicken wir zurück auf die ersten Anfänge: Nachdem im 19. Jahrhundert in dem Gebäude (heute Friedrichstraße 14) verschiedene Handwerker gewohnt und gearbeitet hatten, mietete sich 1887 der Konditor Eugen Hildebrand ein und errichtete eine Bäckerei und Konditorei. Vier Jahre später erwarb er das Anwesen und eröffnete am 1. Oktober 1898 im Hinterzimmer ein Café, das schon 1901 den Namen „Süßes Löchle“ trug. Per Anzeige warb er an diesem Tag in der Lahrer Zeitung um Kundschaft mit dem Text: „Unter heutigem eröffne ich mein neueingerichtetes Café mit Ausschank von feinen Weinen und Liqueuren und lade ich hiermit zum Besuch das verehrliche hiesige und auswärtige Publikum ergebenst ein.“

Retteten das Café und erhielten seinen historischen Charme: Roland und Adelheid Wagner. Foto: "Süßes Löchle"

Eugen Hildebrand, der mit Ehefrau Luise vier Kinder hatte (Luise, Hedwig, Walheide und Carl Eugen) hatte Erfolg, was ihn zu einer Ausweitung seiner gastronomischen Aktivitäten animierte. Für 70 000 Mark kaufte der Konditor im Jahr 1911 das Hotel am Hohbergsee in Lahr und eröffnete darin am 1. Oktober 1911 eine Kaffee- und Speisewirtschaft. Sein Sohn Carl Eugen führte diesen Betrieb nach dem Tod des Vaters im Jahr 1917 zunächst weiter, verkaufte 1920 dann aber das Hotel an den Holzhändler Wilhelm Böger. In diesem Jahr entstand eine Filiale des Cafés am Urteilsplatz in der Marktstraße 40.

Expansionspläne gab es auch in den 1930er-Jahren. Die damalige Besitzerin Walheide Hildebrand zog mit der Filiale von der Marktstraße in die Bismarckstraße 4 um. Das dortige Lokal bestand bis in die 1950er-Jahre.

Hildegard Seidl wurde zur Symbolfigur

Zum Jubiläum soll auch an eine Frau erinnert werden, die zur Symbolfigur des „Süßen Löchle“ geworden ist: Hildegard Seidl. Sie stand zunächst an der Seite ihrer Tante, Gertrud Sophia Hauser, die ab 1938 im Café zunächst als Geschäftsführerin und später als Eigentümerin wirkte. Nachdem ihre Tante ihr das Café als Schenkung überlassen hatte, war Seidl bis Dezember 2004 die Besitzerin. 65 Jahre lang ist sie im „Süßen Löchle“ tätig gewesen. Sie starb im September 2015 kurz vor ihrem 91. Geburtstag.

Zum Jubiläum gibt es bis Sonntag, 15. Oktober, ein spezielles Gedeck für die Gäste. Zudem wird ein Jubiläumsempfang für geladene Gäste gefeiert. Das Café „Süßes Löchle“ hat eine 125 Jahre lange Geschichte mit vielen Turbulenzen hinter sich. Zu seinem runden Geburtstag ist ihm zu wünschen, dass viele Bewunderer und Gäste bei ihm einkehren und so seine Zukunft sichern.

Die Pächter des „Süßen Löchle“

Von 2005 bis heute führten folgende Pächter das „Süße Löchle“: 2005 bis 2006 Gunter Macco, 2006 bis 2007 Katharina Seifert, 2007 bis 2008 Thomas Schüle, 2009 bis 2010 Janet Scherer, 2010 bis 2018 Marianna Kiesele, 2018 bis 2019 Adelheid Wagner, 2019 bis 2020 Michaela Dold, 2020 bis 2022 Heike Neumann, seit 2023 Arzu Kesim.