Das Interesse am Vortrag der Landesbauministerin Nicole Razavi in der Gemeindehalle war groß. Knapp 100 Gäste waren gekommen. Foto: Lübke

Bauen im Ländlichen Raum hat zu viele bürokratische Hürden und geht zu langsam voran. So war der Tenor beim Vortrag von Landesbauministerin Nicole Razavi in Mühlenbach, als viele Bürger sich mit kritischen Fragen zu Wort meldeten.

Mühlenbach - Dass das Thema Wohnen eine emotionale Debatte nach sich zieht, war auch der Landesbauministerin am Freitagabend klar. "Sie alle spüren, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt immer stärker wird. Wenn wir keine Antwort darauf finden, bedeutet das Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt", betonte Razavi bei ihrem Vortrag "Jede Wohnung zählt – innovativ Planen und Bauen in Baden-Württemberg".

Sie kenne einige Leute, denen das Risiko zum Bauen gerade zu groß sei. Denn nach dem Wegfall der KfW-Förderung herrsche "Chaos" auf dem Wohnungsmarkt. Die Ministerin appellierte dazu, die Einstellung zu ändern. "In der Nachbarschaft braucht es auch mal ein vierstöckiges Miethaus. Nur mit Einfamilienhäusern werden wir die Probleme nicht lösen." Außerdem müsse das Land bei der Bearbeitung von Bauanträgen schneller werden. "Das habe ich mir auf die Fahne geschrieben", hob Razavi hervor. Auf einen Supermarkt ließe sich noch ein Stockwerk dazu bauen und Wohnraum könne, je nach Bedarf der Bewohner, auch getauscht werden. "Wir müssen auch weg von dem Credo, immer weiter zu dämmen. Solche Gebäude ›atmen‹ nicht mehr", so Razavi weiter.

Paragraf 35 im Gesetz ein Problem

Sie schloss ihren Vortrag mit der Ankündigung, dass der Landesentwicklungsplan gerade neu geschrieben werde. Dieser werde dann besser auf die heutigen Anforderungen zum Bauen eingehen. Der alte Plan stammt aus dem Jahr 2002.

Der "Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt" zeigte sich in der anschließenden Fragerunde. "Ich habe sechs Jahre gebraucht, um endlich bauen zu können. Die Ämter sind überlastet. Der Papierkram hat sich vervierfacht", kritisierte Karl Ringwald, Architekt aus Biberach. "Ich habe einen Ferienhof geschaffen, aber der Denkmalschutz lässt mir keine Möglichkeit zur Sanierung. Da muss das Gesetz geändert werden", forderte ein anderer Bürger.

"Ich will eine Solaranlage 250 Meter von meinem Hof entfernt bauen. Da steht aber das Bundesbaugesetz im Weg", schilderte Franz Bruder aus Kirnbach seinen Fall. Auch Ulrich Müller, Kreisvorsitzender des BLHV, plädierte für eine Gesetzesänderung, "damit die Bauern wieder ihre Familien ernähren können".

Razavi erklärte, dass der Bund nicht bereit sei, den entsprechenden Paragrafen 35 "Bauen im Außenbereich" zu ändern. Bei Photovoltaikanlagen sei das Ziel, zusammen mit der Windkraft, zwei Prozent der Fläche im Land dafür zu nutzen. Allerdings wolle der Bund nur 1,8 Prozent der Fläche nur für den Wind – und Photovoltaik weglassen. Sie habe sich schon bei Wirtschaftsminister Robert Habeck darüber beschwert.

Maria Schnaitter aus Hofstetten fragte sich, warum es nicht selbstverständlich sei, dass drei Generationen zusammen auf einem Hof leben können. "Ich verstehe nicht, warum das Gesetz da priorisiert." Martin Isenmann, gelernter Elektroinstallateur, schoss derweil gegen das Landratsamt. "Ich habe im September einen Bauantrag gestellt. Das war für die Stadt Haslach kein Problem, aber das Landratsamt wollte einen Businessplan von mir, wo ich zwar Gewinn machen, aber nicht investieren darf."

Razavi antwortete auf die zahlreichen weiteren Rückfragen damit, dass die Grunderwerbssteuer von fünf auf drei Prozent gesenkt werden sollte und der Ersterwerb von Eigentum sollte steuerlich bevorzugt werden. "Wir erkennen ihre Probleme. Gehen Sie jetzt nicht mit dem Gedanken nach Hause, dass es uns egal sei."

Einige kritische Stimmen richteten sich nicht an Landesbauministerin Nicole Razavi, sondern an Landwirtschaftsminister Peter Hauk. "Dieses Ministerium stand auch meinem Bauvorhaben im Wege. Es ist ein Kampf gewesen", berichtete ein Bürger.