Will sich auf Behindertenbeauftragter für Barrierefreiheit einsetzen – in Gebäuden, aber auch in den Köpfen: Alexander Subat aus Ettenheim.Foto: Decoux-Kone Foto: Lahrer Zeitung

Landtagswahl: Alexander Subat kritisiert, dass die Politik Menschen mit Behinderung aus dem Blick verliert

Die Parteien buhlen im Landtagswahlkampf derzeit um Wähler – um alle? Nein, sagt Alexander Subat. Der Rollstuhlfahrer aus Ettenheim kritisiert, dass die Politik Menschen mit Behinderung zu wenig Aufmerksamkeit schenke.

Ettenheim. "Auf all den Plakaten, in den Filmen, in der vielen, vielen Werbung gönnt man uns maximal einen Nebensatz", sagt Alexander Subat im Gespräch mit der Lahrer Zeitung. Dabei wäre es in diesem Wahlkampf mehr denn je angebracht, Menschen mit körperlicher Einschränkung besonders in den Fokus zu nehmen. Denn diese treffe die Corona-Krise besonders hart.

Sie seien die Ersten, die ihre Jobs verlören und die, die am schwersten wieder einen bekämen, weiß Subat aus eigener Erfahrung. "Wenn die Förderung für die Firmen ausläuft, setzen sie Menschen mit Behinderung meist auf die Straße", berichtet er. Doch bereits diese Förderung findet er sehr dubios. "Warum muss man den Firmen überhaupt Geld dafür geben, dass sie einen Behinderten einstellen?", fragt er. "Schließlich mache ich meinen Job doch nicht schlechter, nur weil ich im Rollstuhl sitze."

"Ich will kein Mitleid! Ich will Gleichberechtigung. Und ich werde weiterkämpfen", macht Subat deutlich. Er gehe an die Öffentlichkeit, damit sich etwas ändert – und zwar nicht nur für ihn. So ist er nun Behindertenbotschafter beim Landesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (LSK). "Wir stehen – beziehungsweise in meinem Fall sitzen – für Barrierefreiheit ein. Und das heißt nicht nur, dass man Stufen wegmacht und den ÖPNV nutzen kann, sondern vor allem, dass man sich nicht als Mensch zweiter Klasse fühlen muss", erklärt er

Vor allem neu gebaute Gebäude und Einrichtungen will Subat als Beauftragter in den Blick nehmen: "Warum kann man die nicht gleich so bauen, dass auch Behinderte darin zurecht kommen? Mit breiteren Türen und Toiletten und einer Rampe?", fragt er. Und selbst wenn man an Maßnahmen für Behinderte denke, so seien diese zwar oft gut gemeint, aber schlecht umgesetzt. Da gibt es etwa Behindertenparkplätze, die zu steil sind, um sie zu nutzen. Oder Bushaltestellen mit einem hohen Bordstein, damit man als Rollstuhlfahrer barrierefrei in den Bus kommt – die Absenkungen, durch die man als Rollstuhlfahrer aber überhaupt erst auf dem Bordstein komme, würden oft fehlen. "Die Planer machen das nicht mit Absicht – aber sie haben vorher einfach niemanden gefragt, der wirklich im Rollstuhl sitzt und können sich in uns und unsere Probleme nicht hineinversetzen. Deshalb will ich für Bauprojekte im Umkreis von 100 Kilometer um Ettenheim in Zukunft als Berater zur Verfügung stehen", erklärt er. In dieser Funktion will er sich auch demnächst dem Ettenheimer Bürgermeister Bruno Metz und dem Gemeinderat vorstellen. "Bislang hatten die Gemeinde und der Bürgermeister immer ein offenes Ohr für meine Anliegen", gibt sich Subat optimistisch.

Doch nicht nur äußerlich, auch in den Köpfen treffe er oft auf Barrieren. Auch er selbst hatte zu Beginn der Krise seinen Job als Medizinprodukteberater verloren – einen neuen gefunden hat er jedoch nicht. "Dabei bin ich wirklich jemand mit vielen Fähigkeiten", berichtet er. So war er etwa fast 20 Jahre lang Türsteher bei der Herbolzheimer Diskothek Atlantis gewesen und hatte etwa mit der Polizei zusammengearbeitet, als es in Offenburg um die Sicherheit bei der Life-Übertragung der Fußball-WM ging. "In einer Absage hieß es, man könne mir den Job nicht geben, weil ich ›zu einer Klasse Mensch gehöre, die gerade besonders gefährdet ist‹. Da war selbst ich deprimiert. Was soll das denn heißen, dass ich ein Mensch zweiter Klasse bin?", fragt er erbost. Auch auf den Ämtern habe man ihm bei der Jobsuche nicht weiterhelfen können, sondern nur von einer Behördenstelle zur anderen geschickt.

Jammern liegt Subat aber nicht, stattdessen hat er sich nun als Lifecoach selbstständig gemacht und will noch eine Ausbildung zum Heilpraktiker dranhängen. "Gut leben und mein Haus abbezahlen kann ich davon aber aktuell noch nicht", erklärt er. Seinen Beratungstarif hat er aktuell um die Hälfte gesenkt, damit auch die sich das leisten können, die gerade in Kurzarbeit sind. Dabei ist er der Alleinverdiener seiner Familie, seine Frau muss sich um ihre gemeinsame Tochter kümmern, die an einer Stoffwechselerkrankung leidet.

Und warum tun sich Chefs so schwer, Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben? "Sie fürchten zu viel Rücksicht nehmen müssen", glaubt Subat. "Sie haben etwa Angst, dass etwa Kegelabende nicht mehr stattfinden können, weil ich ja nicht mitmachen könnte. Das ist doch Quatsch." Aber nicht nur in der Jobsuche, auch im Alltag treffe er auf Vorurteile. Da gebe es etwa Eltern, die ihre Kinder verlegen wegzerrten, wenn diese etwa fragten: "Warum hat der arme Mann keine Beine?" "Das ist doch eine legitime Frage. Ich erkläre es dann den Kindern. Und wenn ich ihnen sage, dass ich zwar kein Fußball, aber dafür super-gut Tennis spielen kann, werde ich für sie zum Helden", berichtet Subat. Und als solcher hat er an die Kandidaten für die Landtagswahl folgende Botschaft: "Liebe Politiker, macht weniger Werbung und denkt lieber an die Menschen – und zwar auch an die mit Handicap."

Alexander Subat hatte sich im Februar vergangenen Jahres für die Fernsehsendung "Schlag den Star" beworben – und hatte dafür auf Facebook viel Unterstützung erfahren (wir berichteten), für die er immer noch sehr dankbar ist. "Dann kam leider Corona dazwischen, aber ich bleibe auf jeden Fall dran!", verspricht er seinen Unterstützern. Kämpfen sei er Zeit seines Lebens schließlich gewohnt.