Husten, Schnupfen, Heiserkeit – viele Ortenauer leiden aktuell unter Atemwegserkrankungen. Gesundheitsamtsleiterin Evelyn Bressau gibt unsere Redaktion Auskunft über die aktuelle Infektionslage im Kreis.
Corona, Erkältungen und auch Grippe sind kurz vor den Festtagen bundesweit auf dem Vormarsch, wie aus Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht.
Mehr als jeder Zehnte ist noch oder war gerade betroffen: Die hochgerechnete Zahl der akuten Atemwegserkrankungen in Deutschland ist vergangene Woche weiter angestiegen.
Es werde von etwa 8,9 Millionen solchen Erkrankungen ausgegangen, hält das RKI fest. Das sei ein ähnlich hohes Niveau wie im Vorjahr um diese Zeit.
Eine Grippewelle schwappt noch nicht durch die Ortenau
„Die Grippesaison hat zwar begonnen, aber aktuell gibt es noch keine Grippewelle“, beschreibt Evelyn Bressau, Leiterin des Ortenauer Gesundheitsamts, auf Anfrage unserer Redaktion die aktuelle Lage im Kreis.
Im vergangenen Jahr waren zwischen den Kalenderwochen 40 und 50 – also etwa von Anfang Oktober bis Mitte Dezember – 432 Meldungen von Infektionen eingegangen. Im gleichen Zeitraum des laufenden Jahres waren es 14.
„Trotzdem gibt es hohe Zahlen an akuten respiratorischen Erkrankungen, sie gehen aber vor allem auf Covid zurück, gefolgt von Rhinoviren, RSV und Influenzaviren“, erläutert die Gesundheitsexpertin.
Hinter der Abkürzung RSV verbirgt sich steht das sogenannte Respiratorische Synzytial-Virus – womit derzeit insbesondere Kinder unter zwei ins Krankenhaus kommen. RSV-Fälle zählt das Gesundheitsamt bislang sieben im laufenden Jahr, zuvor gab es keine Meldepflicht. Vor allem im Spätjahr 2021 hatten RSV-Infektionen Kinderkliniken im Südwesten an den Rand eines Versorgungsengpasses gebracht.
Offizielle Zahlen können täuschen
Im Vergleich zum vergangenen Jahr gibt es deutlich geringere Corona-Meldezahlen: lediglich 1339 gegenüber rund 26 330 im oben genannten Zeitraum. Allerdings ist die Statistik trügerisch. „Da kaum noch Diagnostik erfolgt, bilden unsere Zahlen die Realität nicht ab“, erklärt Bressau.
Auch in den Ortenauer Pflegeeinrichten, deren meist ältere Bewohner als durch Corona oder Grippe besonders gefährdet gelten, scheinen bisher von Schlimmerem verschont geblieben zu sein. „Influenzaausbrüche spielen dieses Jahr noch keine Rolle, Corona führt immer wieder zu Krankheitshäufungen in den Heimen“, weiß Bressau zu berichten. „Allerdings sind die Mitarbeitenden dort inzwischen erfahren und geschult im Umgang mit der Erkrankung.“
Die Leiterin des Gesundheitsamts geht derweil davon aus, dass die Infektionszahlen in den kommenden Wochen sogar noch sinken werden. „Vermutlich werden aufgrund der Schulferien und der Urlaubszeit rund um Weihnachten und Silvester die Erkrankungszahlen zurückgehen“, erläutert sie. Wie die weitere Entwicklung sein wird, könne allerdings nur die Glaskugel vorhersagen.
Das rät die Expertin für Familienfeiern und Co.
Doch wie sollte man sich mit Blick auf die bevorstehenden Festtage nun verhalten? „Wie immer gilt: Wer krank ist, sollte zu Hause bleiben und sich auskurieren“, legt Bressau den Ortenauern auf Nachfrage unserer Redaktion ans Herz. Unvermeidbare Kontakte sollten demnach bei Erkältungssymptomen zum Schutz der anderen wirklich nur mit FFP2-Maske erfolgen.
„Kontakte zu abwehrgeschwächten Menschen sollten vermieden werden“, betont die Expertin. Auf den weihnachtlichen Besuch bei pflegebedürftigen oder schwachen Angehörigen sollte – auch wenn’s schwerfällt – im Zweifel also lieber verzichtet werden.
In Sachen Impfungen verweist die Leiterin des Gesundheitsamts auf die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko). Das Experten-Gremium legt etwa Menschen über 60 Jahren oder besonders Gefährdeten eine jährliche Influenza-Impfung im Herbst nahe. Der selben Personengruppe empfiehlt die Stiko im Abstand von mindestens zwölf Monaten zum letzten Antigenkontakt ebenfalls vorzugsweise im Herbst eine Corona-Auffrischungsimpfung. „Weitere Impfungen sollten mit dem Hausarzt abgesprochen werden“, rät Evelyn Bressau.
Nachweise von Schweinegrippe-Erreger
Die Grippewelle hat nach Definition des Robert-Koch-Instituts auch bundesweit nach wie vor nicht begonnen. Allerdings sprechen die Fachleute mit Blick auf stichprobenartige virologische Untersuchungen von einem auffällig steilen Anstieg der Rate positiver Proben von Influenza-Viren eines bestimmten Subtyps. Zu diesem Subtyp schreibt das RKI auf seiner Webseite, er sei während der Grippe-Pandemie 2009 erstmals aufgetreten: als sogenannte Schweinegrippe. Er zirkuliere seitdem auch saisonal in Deutschland, zuletzt deutlich in der Saison 2018/19. Bei Grippewellen, in denen dieser Erreger dominierte, sei bislang zu beobachten gewesen, dass es auch bei jüngeren Erwachsenen und Kindern zu sehr schweren Erkrankungen und Todesfällen gekommen sei. „Insgesamt sind solche schweren Verläufe bei jungen Menschen aber selten“, heißt es vom RKI.