Die Moschee im Lahrer Westen wurde 2019 eröffnet. Foto: Baublies

Glaube : Muslimische Gemeinde wäre nicht abgeneigt, will aber nicht den Unmut der Anwohner auf sich ziehen

Schallen aus der Lahrer Moschee künftig Gebetsrufe? Hasan Babur, Vorsitzender der Türkisch-Islamischen Gemeinde, könnte sich das zwar vorstellen, "aber nicht um jeden Preis". Die Stadt verweist auf eine vor Jahren geschlossene Vereinbarung.

Lahr - Als der Gemeinderat im Juni 2014 dem Bau einer neuen Moschee in der Ecke Römer- und Vogesenstraße sein Okay gab, war die Resonanz nicht nur positiv: Anwohner sammelten mehr als 1.000 Unterschriften gegen das Vorhaben am geplanten Standort, befürchteten mehr Lärm, Verkehr und eingeschränkte Aussichten.

Dass das muslimische Gotteshaus dennoch realisiert wurde, lag nicht zuletzt an zahlreichen Zugeständnissen, die die Türkisch-Islamische Gemeinde um ihren Vorsitzenden Hasan Babur machte. So verzichtete der Verein unter anderem ausdrücklich auf den öffentlichen Aufruf zum Gebet, den Muezzin-Ruf. Dies wurde mit der Stadt, die damals das Grundstück zur Verfügung stellte, sogar in einem Vertrag festgehalten.

Diese Vereinbarung muss allerdings nicht für die Ewigkeit gelten, wie sich nun in Köln zeigt. In der Domstadt sind die sogenannten Muezzin-Rufe nach langen und teils scharfen Debatten ab sofort erlaubt, maximal fünf Minuten lang, nur zum Freitagsgebet und nur nach vorheriger Anmeldung. Ein Beispiel, das bundesweit Schule machen könnte – auch in Lahr?

"Grundsätzlich wäre das eine schöne Sache für uns", sagt das Oberhaupt der Türkisch-Islamischen Gemeinde im Gespräch mit der LZ. Gar nicht weit entfernt, in Rheinfelden an der Schweizer Grenze, gebe es den Gebetsruf schon seit Jahren. "Das funktioniert dort gut", berichtet Babur. Zwar sei das Minarett, also der Turm, aus dem der Muezzin die Gläubigen zum gemeinsamen Beten auffordert, in Lahr nicht begehbar. Doch sei die Technik nicht das Problem ("Lautsprecher könnte man ohne Weiteres im Freien aufbauen"). Vielmehr will es sich Babur nicht mit den Nachbarn verscherzen: "Bis auf ganz wenige Ausnahmen ist das Verhältnis mittlerweile gut, worüber wir sehr froh sind. Uns ist an einem guten Miteinander gelegen. Deshalb bestehen wir nicht auf den Gebetsruf."

Eine Einstellung, die Bürgermeister Guido Schöneboom zu schätzen weiß: "Ich kenne den Verein und speziell Herrn Babur als zurückhaltend und verständnisvoll. Es ist gut, dass sie diese Attribute auch in dieser Angelegenheit zu zeigen scheinen." Der Erste Beigeordnete der Stadt erinnert gegenüber der LZ daran, "dass vor dem Bau der Moschee einigen Sorgen entgegengetreten werden musste". Der Verzicht auf den Muezzin habe keinen kleinen Anteil zum Gelingen dieses Unterfangens beigetragen. "Die Anwohner haben nach wie vor eine gewisse Schutzbedürftigkeit. Deshalb denke ich, dass wir an diesem Konsens jetzt nicht rütteln sollten", so Schöneboom. Oder anders formuliert: "Wir haben keinen Antrag auf die Einführung des Gebetsrufs vorliegen – und ich hoffe, dass auch keiner gestellt wird."

Die grundsätzliche Kritik am Muezzin-Ruf, die durch die Debatte in Köln laut geworden ist, will Babur unterdessen nicht gelten lassen: So sei es etwa nicht richtig, dass er sich nur an Männer richtet. Und Druck auf die Gläubigen soll er auch nicht ausüben: "Der ursprüngliche Sinn des Muezzins war, die Zeit des Gebets bekanntzugeben. Er spricht heute zu allen Menschen und ruft sie zur Gemeinschaft auf."

Die Lahrer Türkisch-Islamische Gemeinde hat laut Vorsitzendem Hasan Babur 320 Mitglieder – plus Familien, sodass rund 1.200 Menschen regelmäßig die Moschee besuchten. "Dazu kommen Muslime auch aus Ländern, etwa afrikanischen, die bei uns willkommen sind. Insgesamt sind es sicherlich 4.000." Seit 1982 hat der Verein eine Moschee in der Stadt. Anfangs war sie in der Kaiser-, ab 1996 in der Friedrichstraße. Weil sie zu klein wurde, wurde für rund drei Millionen Euro neu gebaut und vor zwei Jahren Einweihung gefeiert.