Impfungen gibt es auch in der Hausacher Stadthalle. Dort bilden sich lange Schlangen. Foto: Haas

Einen regelrechten Ansturm erleben die Ärzte derzeit, was die Corona-Impfungen betrifft. Das stellt die Praxen im Kinzigtal aber vor deutliche Herausforderungen.

Anfragen zur Impfung gegen das Coronavirus beherrschen derzeit den Arbeitsalltag der Ärzte im Kinzigtal. Einige von ihnen berichten auf Nachfrage unserer Zeitung von der schwierigen Situation.Von einem "pausenlosen Ansturm" spricht Sabine Heinze bei der Hausarztpraxis Tibor Serbanoiu. "Die Impfwilligen stürmen die Praxis." Zwei Drittel der eingehenden Anrufe hätten den Wunsch nach einer Impfung als Grund. Vor allem wegen einer dritten, der sogenannten Booster-Impfung, würden die Patienten sich melden. Nur wenige Jüngere meldeten sich und nur wenige, die noch nicht geimpft sind. Aufgrund der hohen Nachfrage werde die Praxis die Impfungen nun in die Sprechstunden verlegen. Vorher hätte es dafür spezielle Zeiten gegeben. Bis jetzt sei genug Impfstoff vorhanden. "Wir haben bereits mit den Apotheken gesprochen und Serum nachbestellt", so Hinze. Die hohe Nachfrage ziehe aber auf jeden Fall einen erhöhten Arbeitsaufwand mit Überstunden nach sich. "Die Politik macht gerade viele Fehler. Eigentlich hätte man die Priorisierung beibehalten sollen und zuerst alle alten Menschen impfen", sagt Max Walter, der gemeinsam mit Heike Rombach die Zweitälerpraxis in Oberwolfach und Schenkenzell führt. Bei ihm müssen die Patienten für einen Termin aktuell rund drei Monate warten, Termine für die Booster-Impfung gibt es erst wieder im April. "Die Praxis ist massiv überlaufen, wir sind absolut am Kapazitätslimit und alle Mitarbeiter machen massiv Überstunden." Er plane nun einmal im Monat einen Impftag für seine Patienten, doch die Hürden dafür seien hoch. "Dann müssen wir die Praxis einen kompletten Tag lang schließen, die Stadthalle mieten, die Patienten zu bestimmten Terminen einbestellen und die Impfungen genau takten."In zwei Wochen ist ein solcher Tag für 220 Menschen geplant, doch vor einigen Tagen kam die Nachricht an die Ärzte, dass sie nur noch begrenzt Impfstoff bestellen sollen, weil dieser knapp wird. "Wir haben nun Wege gefunden, aber ich appelliere am Telefon auch an die Jungen, dass sie sich noch nicht impfen lassen und den Älteren den Vortritt lassen. Die meisten reagieren dann sehr verständnisvoll und warten", berichtet Walter. Auch Igor Reitmann aus Wolfach sieht die Politik in der Pflicht. "Die Lage ist schwierig, wir haben aktuell mit einer Infektwelle zu kämpfen. Das können wir als Hausärzte nicht schaffen", sagt er. Auch er habe bereits einen Impftag eingeführt und dabei viele seiner Patienten geimpft, einen Impftermin in der Sprechstunde gibt es erst wieder im März. Die Arbeitsbelastung im Umgang mit den normalen Patienten sei geblieben, die Coronapatienten kommen nun noch hinzu. Jede Corona-Impfung bedeute einen hohen bürokratischen Aufwand, denn der gekühlte Impfstoff muss aufbereitet und in mehreren Dosen an eine bestimmte Personenzahl verimpft werden, die im Vorhinein genau kalkuliert werden muss. Dann muss jede Impfung an das Robert-Koch-Institut gemeldet werden. "Wenn die Impfungen einzeln verpackt wären, würde uns das viel Zeit und Arbeit ersparen", sagt er. Erschwerend hinzu kommt nun die Regel, dass sich Ärzte und die Praxis-Mitarbeiter nun täglich testen müssen – trotz dreifacher Immunisierung. "Mein Lieferant hat aber keine Tests mehr, das ist ein großes Problem. Soll ich stattdessen mit der Gefahr leben, pro fehlendem Test 25 000 Euro zu zahlen?", fragt er. Es werde viel zum Impfen aufgerufen und "die Leute kommen gerannt", sagt Andrea Rohr. Das sehe sie erst einmal positiv. Es gebe auch Anfragen nach Erstimpfungen, das sei erfreulich. "Aber wir können den Bedarf nicht decken", sagt die Ärztin. Ihre Praxis sei bis Ende Januar ausgebucht. Es gebe zwei Probleme, das eine sei regional und das andere überregional. Es gebe in der Region zwar Impfstützpunkte, aber ohne Terminvergabe. Wenn die Menschen vier Stunden für die Impfung anstehen müssten, sei das keine echte Alternative. Das überregionale Problem sei die Verfügbarkeit des Impfstoffes. Die Praxis sei zwar bis Ende Januar ausgebucht, aber ob genügend Impfstoff verfügbar sei, wisse sie nicht. "Wir impfen seit wir das dürfen, wir machen so viel, aber es reicht immer noch nicht", beschreibt Andrea Rohr ihre Situation. Sie treffe auf viel Verständnis bei ihren Patienten, aber die Situation sei frustrierend für alle Seiten.

Info

In Praxen und Gesundheitseinrichtungen müssen Arbeitgeber, Angestellte und Besucher ab sofort einen tagesaktuellen Antigentest vorlegen – auch wenn sie geimpft oder genesen sind. Alternativ sind zwei PCR-Tests pro Woche möglich. Die Arbeitgeber müssen die Testergebnisse dokumentieren und alle zwei Wochen an die Behörden melden. Viele Ärzte in Deutschland kritisieren den Aufwand und die Kosten dieser Maßnahmen.