Das Orchester unter der Leitung von Nicholas Reed überzeugte das zahlreich im Parktheater erschienene Publikum in allen Belangen. Foto: Baublies

Die Lahrer Stadtkapelle hat die Chrysanthemengala im Parktheater vor vollen Rängen gespielt. Die Stücke begeisterten das Publikum mit einer gelungenen Mischung aus Tradition und Moderne sowie einer gesunden Prise Humor.

Die Note „hervorragend“ vergaben Matthias Wolf und Christian Steinlein, Wertungsrichter des Bundes Deutscher Blasmusikverbände (BDB), am Ende des musikalischen Reigens in Lahr. Die Stadtkapelle hatte mit „Gallimaufry“ und „The Island of Light“ – dem ersten Teil der Chrysanthemengala im Parktheater – am Pilotprojekt „Wertungsspiel vor Ort teilgenommen“ (siehe Info).

Gerade „Die Insel des Lichts“ (die deutsche Übersetzung) überzeugte nicht nur die Juroren durch ein perfektes Zusammenspiel, das einzelne Register gekonnt durchbrach. Der souveräne Wechsel zwischen Harmonien und einem Grundthema zu verspielten Ausflügen der einzelnen Stimmen, aus denen das Orchester besteht, war sicher ein guter Grund für die Bestnote. Die Lichtinsel war dazu sehr originell arrangiert. Das gesamte Schlagzeug – Percussion, Drums, Kesselpauke, Becken sowie Xylofon und Marimbafon – übernahmen einen Teil der Soloeinlagen. Das klang ungewöhnlich und sorgte für einen Drive, der – außerhalb der Literatur, die einem Blasorchester zusteht – als Beat bezeichnet wird. Insbesondere der dritte Teil der Lichtinsel, „Los Gigantes“, bot bei den Farben – Holz- und Blechinstrumente – wie beim Zusammenspiel ein „gigantisches“ Spektrum. Der Name war Programm. Mit „Gallimaufry“ hatte die Stadtkapelle bereits im Frühjahr in der Kirche Sancta Maria restlos überzeugt. Dem schlossen sich die zwei Richter bedingungslos an.

„How to train your Dragon“ (zu Deutsch etwa: „Drachenzähmen leicht gemacht“) war eine der anderen großen Überraschungen eines an ungewöhnlichen Stücken nicht gerade armen Abends. Das „symphonische Porträt“ aus der Feder von John Powell hat Ton von Grevenbroek für „symphonische Blasmusik“ arrangiert. Hier war es erneut ein sehr gelungenes Zusammenspiel, das in schöner Regelmäßigkeit durchbrochen wurde.

Dirigent Nicholas Reed und das gesamte Ensemble hatten – trotz viel Schweiß bis zu dieser Perfektion – die Muße, einen gezähmten Drachen vorzuführen, der immer noch ganz gut im Feuerspucken gewesen ist. Von Blessuren im Publikum ist nichts überliefert.

Dirigent Nicholas Reed hatte sein Orchester voll im Griff. Foto: Baublies

Mit einem ordentlichen Schuss Ironie garniert

„Oblivion“ stammt aus der Feder von Astor Piazzolla, der diesen „langsamen Tango“ für die italienische Verfilmung von „Heinrich IV“, Anfang der 1980er-Jahre, komponiert hatte. Das Arrangement stammt von Lorenzo Bocci. Der Kritiker Martin Koche hatte „Oblivion“ als das bekannteste Werk Piazzollas bezeichnet, das „nur haarscharf am Kitsch vorbeischrammt“. Das mag stimmen und bereitete das Publikum auf das vor, was da noch – mit einem ordentlichen Schuss Ironie garniert – kommen würde.

Auch das Klarinetten-Solo des 23-jährigen Fabio Haid überzeugte. Seine Einlage war kraftvoll, technisch perfekt und bestand problemlos gegenüber dem gesamten Ensemble, das hier sicher nicht kitschig war – auch nicht um Haaresbreite. „Coldplay on Stage“ gehört zu den Medleys, die in der Literatur heute die Regel sind. Die Hits der Band kamen an, der Beifall sprach Bände. Es lag an der Qualität des Ensembles, dass das nicht die Grenze der Gefälligkeit überschritten hat.

„Im weißen Rössl“ am Ende des regulären Programms war eine weitere gelungene Überraschung. Die Operette aus den 1930er-Jahren gehört zur Kategorie „Herz-Schmerz mit Happy End“. Augenzwinkernd führte Reed das Ensemble hier zu Jazz-Einlagen, die das gängige und gefällige Stück ebenfalls so gerade am Kitsch vorbeiführten. Aber: „Kunst kommt bekanntlich von Können.“ Ob die Anekdote stimmt, welche Moderatorin Senja Dewes verraten hat? Der Dirigent, der aus Liverpool stammt, soll sich für die Proben „Im weißen Rössl“ intensiv mit dem filmischen Nachlass eines gewissen Peter Alexander beschäftigt haben. Der Rausschmeißer, die zweite Zugabe, war ein Medley aus Schlafliedern. Dieser Lullaby war das Salz in der Suppe einer wie immer außergewöhnlichen Gala.

Note: Hervorragend

„Warum tun wir uns das an?“ Michael Moser, einer der Vorstände der Stadtkapelle, erklärte vor dem „Lullaby“ – der zweiten Zugabe der Stadtkapelle auf der Chrysanthemengala – dass das Ensemble mit dem Wettbewerb „Wertungsspiel vor Ort“ weiter an sich arbeiten wolle. Zu Recht. Die Juroren Matthias Wolf und Christian Steinlein vergaben am Ende des Konzertes vor vollem Haus und voller Erwartung des Ensembles in allen vier verschiedenen Disziplinen die Bestnote „hervorragend“.