Ziehen an einem Strang und hoffen, dass sie so Nachfolger für die Hornberger "Ärzte am Bärenplatz" gewinnen: Vertreter von Stadt Hornberg und Gemeinderat, "Gesundes Kinzigtal" und natürlich die Ärzte und ihre Mitarbeiter. Foto: Kleinberger

Die Suche nach Nachfolgern wird für Arztpraxen im Ländlichen Raum immer schwieriger – selbst für erfolgreiche Standorte. In Hornberg gehen die Ärzte am Bärenplatz jetzt einen gemeinsamen Weg mit "Gesundes Kinzigtal".

Hornberg - Voraussichtlich zum 1. Januar 2023 wird die bisherige hausärztliche Gemeinschaftspraxis von Carmen Ramm, Hans-Jürgen Herr und Martin Wetzel in ein Medizinisches Versorgungszentrum gewandelt. Während sich für Patienten und Angestellte nichts ändern wird, erhoffen die Ärzte sich damit bessere Karten bei der Suche nach Nachfolgern.

"Heute ist ein wichtiger Tag für Hornbergs Bevölkerung", startete Bürgermeister Siegfried Scheffold am Dienstagvormittag in die Pressekonferenz. Nach langem Ringen falle nun endlich der Startschuss für das Zukunftsprojekt medizinische Versorgung. Besonderen Dank sprach er den Vertretern der Gemeinderatsfraktionen – Fritz Wöhrle (FW), Erich Fuhrer (CDU) und Rolf Hess (SPD) – die das Thema von Anfang an eng und konstruktiv begleitet hätten, aus. Im Januar 2021 sei dann der Kontakt zu "Gesundes Kinzigtal" gesucht worden. Es sei ein "Glücksfall, dass wir in diesem Dreierbund zusammengefunden haben", so der Hornberger Bürgermeister.

Hornberger wollen wohnortnahe Versorgung sichern

"Wir alle sind seit 30 bis 40 Jahren hier in Hornberg Hausärzte", stieg dann Wetzel ein. Seit mindestens acht Jahren sei die Praxis auf Nachfolgersuche. Der Wegfall von zwei der Arztsitze Ende 2019 hat die Lage in Hornberg verschärft. Und wenn den Ärzten am Bärenplatz keine Nachfolgeregelung gelingt, würde Hornberg auch diese Arztstellen verlieren. "Denn paradoxerweise sind wir in Südbaden immer noch überversorgt", sagte Wetzel.

Die Umwandlung in ein MVZ bedeutet, dass die Ärzte nicht mehr selbstständig sein werden, sondern beim Versorgungszentrum angestellt werden. Damit folgen die Hornberger einem Trend, der sich bei vielen jungen Ärzten abzeichnet: Diese sind eher auf der Suche nach solchen Stellen. Das geht beispielsweise mit weniger Verantwortung für Verwaltungsaufgaben einher.

Genossenschaft soll Träger werden

Als Träger kommt die neu gegründete "Regionale Versorgung Kinzigtal" (RGV Kinzigtal eG)" ins Spiel. Geschäftsführerin Susanne Halsinger betonte, die RGV sei bewusst als Genossenschaft gegründet worden, damit hinter ihr kein Investor steht, der Gewinne erwartet. "Gesundes Kinzigtal" selbst erfülle die Bedingungen für ein MVZ nicht, daher sei die RGV gegründet worden. Gründungsmitglieder sind verschiedene Mediziner der Region (siehe Info). Ziel sei, eine Management-Ebene zu schaffen, die die Aufgaben bündelt, die selbstständige Ärzte im Praxisalltag erledigen müssen, die wenig mit der Medizin zu tun haben: Verwaltung, Einkauf, Buchhaltung etwa. Mit mehr Medizinischen Versorgungszentren unter Trägerschaft des RGV könnten außerdem Synergieeffekte genutzt werden, hoffen die Akteure. In Zell ist die erste Praxis bereits in ein MVZ umgewandelt worden. Und das Konzept scheint aufzugehen: Halsinger berichtete von zahlreichen Vorstellungsgesprächen und einer geregelten Nachfolge.

Erste Bewerber haben sich schon gemeldet

Das erhofft man sich jetzt auch für Hornberg. Der Start scheint vielversprechend: Tatsächlich hätten sich bereits erste Interessenten gemeldet, so Halsinger.

Die Stadt Hornberg unterstützt das MVZ auf die ersten drei Jahre nach Gründung finanziell. In dieser Zeit sollen gemeinsam Konzepte weiterentwickelt werden, so Scheffold. "Gesundes Kinzigtal"-Geschäftsführer Christoph Löschmann hatte erklärt, dass ein reines MVZ nicht unbedingt das Ziel sei. Es sei zum Beispiel auch vorstellbar, dass mit weiteren Versorgern wie Physiotherapeuten oder Logopäden ein Primärversorgungszentrum aufgezogen werden könnte.

"Gesundes Kinzigtal" erhält "Ritterschlag"

Was die Nachwuchssuche an sich betrifft, ist "Gesundes Kinzigtal" ebenfalls aktiv. So werden Kooperationen mit den Universitätskliniken Mannheim und Freiburg geschaffen. Im September findet bei "Gesundes Kinzigtal" die diesjährige "Summer School" der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin statt, die sich mit dem Thema Integrierte Versorgung befasst. Aus Sicht Wetzels und Löschmanns ein "Ritterschlag".

"Wir können natürlich keine Ärzte herzaubern", ist Löschmann realistisch. "Aber wir haben eine gute Strategie." Die Ärzte am Bärenplatz sind optimistisch, dass mit der neuen Strategie bald eine gute Lösung gefunden werden kann.

Info: Die RGV

Die RGV ist eine von heimischen Ärzten und Gesundes Kinzigtal initiierte Genossenschaft. Federführend bei deren Gründung war neben dem Zeller Hausärztepaar Brigitte und Wolfgang Stunder der Hornberger Facharzt Martin Wetzel. Als Trägerin von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) will die RGV dafür Sorge tragen, dass die ambulante medizinische Versorgung in der Region dauerhaft sichergestellt wird.