Die erste Kippenheimer Weinkönigin mit den vier Weinprinzessinnen und den Festbeteiligten im Jahr 1950. Foto: Gemeindearchiv Kippenheim

Der Männergesangverein „Liederkranz“ Kippenheim ging 1950 das große Wagnis ein, im Spätherbst das „50-jährige Stiftungsfest mit großem Weinfest“ zu veranstalten. Auch 53 Jahre später wird es noch gefeiert – das nächste Mal am 9. und 10. September.

In einem Wohnhaus in der Poststraße soll, mündlichen Überlieferungen zufolge, die Idee zum Kippenheimer Weinfest geboren und später auch die Umsetzung des Planes organisiert worden sein. Das Haus gibt es heute nicht mehr – an seiner Stelle bestimmt heute das Gebäude der Sparkasse das Straßenbild –, das Fest jedoch ist fester Bestandteil des Veranstaltungskalenders der Gemeinde Kippenheim.

 

Der Festablauf sah einen Fackelzug durch den festlich geschmückten Ort mit anschließendem Festbankett im Gasthaus „Rindfuß“ am Samstagabend vor. Dort wurden verdiente Sänger geehrt.

Am Sonntag, 1. Oktober 1950, begann das erste Kippenheimer Weinfest, nach dem Wecken um 6 Uhr, mit zwei getrennten Festgottesdiensten, die zeitversetzt – in der heute evangelischen Friedenskirche – begangen wurden, da die Kirche zu diesem Zeitpunkt noch von beiden Glaubensrichtungen simultan genutzt wurde.

Eine riesige Menschenmenge jubelte dem Festzug zu

Vom nördlichen Ortseingang aus setzte sich um 13.30 Uhr der Festzug mit „Beteiligung der Weinkönigin auf dem Thronwagen“, weiteren sechs Festwagen, 20 Gesangvereinen und mehreren Musikkapellen zum in der Dorfmitte gelegenen Festplatz in Bewegung. Zeitungsberichten zufolge hatte sich eine „unüberschaubare Menschenmenge‘ versammelt, um dem Festzug zuzujubeln. Zu bestaunen gab es Winzerwagen mit großen Fässern für den kostbaren Rebensaft, Wagen mit allen Erzeugnissen der heimischen Landwirtschaft. Selbst ein „Stüd Rebgelände“ (Stüd = einheimische Kurzform für das Weinanbaugebiet Haselstaude), auf dem eifrige Hände die Rebstöcke pflegten, war auf einem der Festwagen platziert.

Höhepunkt des Festzuges war selbstverständlich der Thronwagen auf dem die erste Kippenheimer Weinkönigin Edith Janoschka, geschmückt mit „Zepter und Weinpokal“ die Menge grüßte. Das Haar war kunstvoll mit Weinlaub verflochten – eine Krone gab es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Den Hofstaat vervollständigten nicht weniger als vier Prinzessinnen: Margarete Liedel, geborene Uhl, Maria Kaufmann, geborene Stulz, Anneliese Bauer, geborene Himmelspach, und Margarete Jülch, geborenen Binz.

Auf dem Festplatz war mit einer „Schießhalle mit einmaligen Preisen“, Musik- und Liederdarbietungen für jeden etwas dabei. Für das leibliche Wohl war ebenfalls bestens gesorgt.

Regenguss konnte die Feierenden nicht schrecken

Als „Gruß des Petrus“ wurde ein kurzer, aber heftiger Regenschauer aufgefasst, der das fröhliche Treiben auf dem Festplatz nur kurz unterbrechen konnte. Mit Einbruch der Dunkelheit setzte ein Strom weiterer hauptsächlich jüngerer Festbesucher ein, die sich „dem beschwingten Tanz hingeben“ wollten.

Der Kinderfestzug mit anschließender „Volksbelustigung“ am Montag setzte den Feierlichkeiten einen krönenden Abschluss.

Die erste Kippenheimer Weinkönigin Edith Janoschka hatte ihr Haar kunstvoll mit Weinlaub geflochten. Foto: Gemeindearchiv Kippenheim

„Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang, der bleibt ein Narr sein Leben lang“: Das war das Fazit des ersten Weinfestes 1950 und Motto für all die Weinfeste, die diesem noch folgen sollten.

Organisatorische Schwierigkeiten sorgen bereits in den Folgejahren zu Problemen bei der Organisation eines Festes in dieser Größenordnung. Die Festhalle in der Kippenheimer Bahnhofstraße wurde 1955 erbaut und das Weinfest konnte nach Unterbrechungen wieder ausgerichtet werden. Der Musikverein übernahm die Federführung. Die ins Leben gerufene Werbegemeinschaft übernahm die Organisation.

Das Festprogramm des ersten Kippenheimer Weinfests. Foto: Jürgen Ernst

Festumzüge, Wein- und Krönungsabende verloren ihre Anziehungskraft. Der designierte Bürgermeister Willi Mathis rief auf „das Weinfest zu bewahren“. Sein Appell ging an alle und erreichte alle. Die IG Weinfest, die bis heute für das Weinfest verantwortlich zeichnet, wurde gegründet. Ihr ist es gelungen, die Attraktivität des Weinfests aufzuwerten. Neben dem reinen Festgeschehen auf dem Festplatz fanden in der Festhalle Gewerbeausstellungen, Kochshows und Leistungswettbewerbe statt.

Aus der Weinkönigin mit vier Prinzessinnen aus dem Entstehungsjahr entwickelte sich im Laufe der Jahre zunächst ein Dreigestirn. Der Schwierigkeit drei junge Damen aus der Bevölkerung für das Ehrenamt einer Weinhoheit zu gewinnen ist es geschuldet, dass in der „Neuzeit des Weinfestes“ nur noch eine Weinhoheit, die Weinkönigin, für ein Jahr lang die Weingemeinde Kippenheim regiert.

Eine Hoheit wurde auch deutsche Weinprinzessin

Einen speziellen Krönungsabend eine Woche vor dem Weinfest gibt es nicht mehr. Die neue Weinkönigin wird zu Beginn des Festes direkt auf dem Festplatz gekrönt, was die Spannung hält und viel mehr Besucher am Eröffnungstag auf das Weinfest zieht.

Aus den Reihen der Weinhoheiten, die Kippenheim repräsentierten, gebührt Isabell Kindle eine Sonderstellung. 2006 war Isabell Kindle für den Männergesangverein das „Gesicht des Kippenheimer Weines“. Fundiertes Wissen in allen für den Weinanbau und -vertrieb erforderlichen Bereichen, sicheres Auftreten und Fremdsprachen-Kenntnisse krönten ihre Bewerbung zur Badischen Weinkönigin 2008 mit dem Erreichen des Titels. Als Gebietsweinkönigin nominierte sich Isabell Kindle für die Wahl zur Deutschen Weinkönigin, konnte hier erneut überzeugen und wurde zur Deutschen Weinprinzessin gekürt. „Wir sind Deutsche Weinprinzessin“, drückte Bürgermeister Matthias Gutbrod damals seinem Stolz aus –ganz Kippenheim feierte diesen Erfolg mit.

Die neue Weinkönigin

Die aktuelle Kippenheimer Weinkönigin ist Katharina Nowack. Sie muss ihre Krone am Samstag, 9. September, an ihre Nachfolgerin abgeben. Gefeiert wird das Kippenheimer Weinfest dieses Jahr erstmals am Bürgerhaus.