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Volksbank Kinzigtal zieht letztmals Bilanz

Zum letzten Mal hat die Volksbank Kinzigtal ihr Geschäftsjahr bei einer Bilanz-Pressekonferenz erläutert. Mit der Fusion der Triberger zur Volksbank Mittlerer Schwarzwald werden sich alle Vorgänge ab 20. Mai ändern. "Aufgehübscht" wurde das Ergebnis deshalb nicht.

Wolfach. Trotz des Niedrigzins hat die Volksbank Kinzigtal 2016 ihre Bilanzsumme um 4, 48 Prozent steigern können. Wie Vorstandsmitglied Oliver Broghammer bei der gestrigen Bilanz-Pressekonferenz hervorhob, liegt das sogar über dem Durchschnitt, den der Baden-Württembergische Genossenschaftsverband (BWGV) mit 4,30 Prozent erhebt.

Waren es zum Stichtag 31. Dezember 2015 noch 618 Millionen Euro, so konnten die Kinzigtäler ihr Ergebnis bis zum 31. Dezember 2016 um 29 Millionen Euro auf 647 Millionen Euro verbessern. "Das ist ein tolles Wachstum für uns", bekannte Broghammer daher auch stolz.

Kreditgeschäft läuft gut

Vorwiegend habe dies auch mit den gewährten Kundenkrediten zu tun. Hierbei wurde ein Wachstum von 5,6 Prozent erzielt, was erneut über dem BWGV-Wert von 4,8 Prozent liegt. 490 887 Euro bedeutet das konkret. Das Kundenanlagevolumen mit 819 156 Euro ist ebenfalls eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr: und zwar um 5,7 Prozent. Auch hierbei ist die Einrichtung mit Sitz in Wolfach um 0,6 Prozent besser aufgestellt als im Rest des Bundeslands.

Es geht den Kinzigtälern also gut. Motor der guten Entwicklungen ist vor allem das Kreditgeschäft. Im vergangenen Jahr wurden 972 Kreditanträge mit einem Volumen von 103 Millionen Euro bewilligt. 45 Millionen Euro entfallen dabei auf private, 58 Millionen auf gewerbliche. Vor allem lebt die Bank dabei vom "ganz guten Mittelstand, der floriert und viel nachfragt", weil das Geld auf dem Konto nicht von Zinsen nähren kann und die Mittelständler dann lieber investieren und Kredite aufnehmen. Auch "global player", international arbeitende Firmen wie Hans Grohe, legten ihr Geld bei der Volksbank Kinzigtal an und verhelfen ihr zu Wachstum.

Auch mittels 700 Bausparverträgen in Höhe von 24 Millionen Euro, 3650 gewährten Riester-Renten (31,5 Millionen Euro) und 18 600 Verträgen über Versicherungen hat die Volksbank Kinzigtal eine gute Bilanz erwirtschaftet.

Es geht den Kinzigtälern prima. Oder doch nicht? Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank unter Mario Draghi macht zu schaffen. "Eine dunkle Wolke hängt über uns", so Broghammer. Die Wolke des Nullzinses bereitet auch Vorstandssprecher Martin Heinzmann Kopfschmerzen. "Zwei Drittel unseres Ertrags ist Zinsüberschuss", urteilt er. Irgendwann ergäben sich keine Einsparungspotenziale mehr, wie es die Volksbänker durch Synergieeffekte bei der juristischen Fusion mit den Tribergern ab 20. Mai beabsichtigen. Dann läuft alles nunmehr unter dem Namen Volksbank Mittlerer Schwarzwald, die ihren Sitz in Wolfach hat (wir haben berichtet).

Bis dahin ist es aber noch ein aufwändiger Weg. Seit Herbst vergangenen Jahres, als beide Banken auf ihren Mitgliederversammlungen für die Fusion votierten, arbeiten die Mitarbeiter schon neben dem Tagesgeschäft in Projektgruppen und planen dabei, wie der Aufwand technisch und organisatorisch bewältigt werden kann.

30 Mitarbeiter pendeln

Fakt ist, dass von den insgesamt 250 Mitgliedern 30 ihren Arbeitsplatz wechseln werden. Die Hälfte, die ursprünglich in Wolfach gearbeitet hat, wird nun jeden Morgen nach Triberg pendeln müssen, sowie umgekehrt. Betriebsgekündigt wird keiner, nur die Altersteilzeit soll vorangetrieben werden und keine Neueinstellungen nach dem Ausscheiden langjähriger Mitarbeiter in den Ruhestand erfolgen. "Das Team zieht bei der Fusion mit", bekennt Broghammer. "Alle Mitarbeiter stehen dahinter", fügt Heinzmann hinzu.

"Unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen trotzdem zufrieden" fasst Broghammer das Geschäftsjahr 2016 zusammen. Es ist kein euphorisches Resümee, aber ein respektables. Die gute Konjunktur hat die Bilanz positiv beeinflusst.

Immobilien sichern Ertrag

Nun fokussiert sich alles auf die Zukunft. Trotz strategischer "zukunftssichernder" Fusion zur Volksbank Mittlerer Schwarzwald sei die Ertragsentwicklung insgesamt rückläufig. Solide sei die Lage für die Kinzigtäler 2016 noch gewesen, weil sie über einen großen Immobilienbestand, unter anderem in den Alpen und am Bodensee, verfügt. "Was im Kinzigtal boomt, sind Immobilien", so Heinzmann. Was früher noch belächelt wurde, mausere sich nun zur sicheren Geldanlage.

Nächstes Jahr wird auch nicht einfacher: Durch einmalig anfallende Fusionskosten werden 1,2 Millionen Euro fällig. Ein stolzer Preis, allerdings hoffen Broghammer, Heinzmann und Team auf sukzessive Ersparnisse bis zu einer Million Euro pro Jahr, die für diese hohe Investition langfristig entschädigt.

Hauptziele für 2017: die Digitalisierung vorantreiben und die Beratungsqualität intensivieren. Ein Versuch, dies anzugehen, sei auch die baldige "VR-Bank Card plus", die kontaktloses Bezahlen möglich machen soll. Aldi Süd habe diesbezüglich schon umgerüstet. Ab Herbst testen die Kinzigtäler dies im Verbund mit den Offenburgern, Lahrern und Villingen-Schwenningern. Ob die Karte an der Kasse im Supermarkt gar nicht mehr hervorgeholt werden muss, kann Heinzmann noch nicht konkret sagen.

Auch der Internetauftritt soll sich für die Kunden ändern. Ab 20. Mai kann dann nur noch auf der Homepage unter www.voba-msw.de gesurft werden. Gemeinsam werden die beiden Banken über eine Bilanzsumme von 1,2 Milliarden Euro verfügen. 1000 von 51 000 Kunden sind bereits gemeinsame, das heißt sie besitzen schon derzeit ein Konto bei den Tribergern und eines bei den Kinzigtälern. Nur für die Triberger ändert sich die BIC und IBAN, weil Wolfach für sie zum Sitz wird.

Freude des "Bräutigams"

Trotz der Fusionsbelastungen und der prekären Zinspolitik war 2016 aber ein gutes Jahr. "Wir brauchen die Braut nicht hübscher machen als sie ist. Aber natürlich sind wir der Bräutigam und glauben, dass sich aus der Fusion etwas noch Hübscheres machen lässt", unterstreicht daher Broghammer.