Stuttgart -  Eine lebenslange Rente für Olympiasieger? Günstigere Steuersätze für Top-Athleten? Nicht  mit  Thomas Bach. Für den  DOSB-Chef stehen finanzielle Vorteile nicht im Vordergrund einer Karriere als Spitzensportler.

Guten Tag Herr Bach. Sie wirken nicht ganz so blass wie vermutet.
(blickt erstaunt) Wie darf ich das verstehen?

Diskus-Olympiasieger Robert Harting hat Sie neulich als blass und selbstgefällig kritisiert.
(lacht) Seine Äußerung ist vermutlich der Grund, weshalb ich wieder mehr Gesichtsfarbe habe.

Harting hat an der Sportförderung in Deutschland kein gutes Haar gelassen.
Es ist sein gutes Recht, seine Meinung zu äußern. Schade nur, dass sie teilweise auf falschen Zitaten beruhte und polemisch rüberkam.

Die Diskussion ist in vollem Gange.
Das ist auch gut so. Ich hätte mir nur gewünscht, dass sich Robert Harting konstruktiv daran beteiligt, zum Beispiel in den Athleten-Kommissionen. Dort glänzte er aber durch Abwesenheit. Stattdessen gab er lieber Interviews. Das ist kein guter Stil, denn die Athleten-Kommission ist die demokratisch gewählte Athleten-Vertretung und ist über ihren Vorsitzenden Christian Breuer auch an allen Entscheidungen des DOSB-Präsidiums beteiligt. Aber mal abgesehen davon haben wir immer gesagt: Nach London 2012 unterziehen wir das System der Spitzensport-Förderung einer umfassenden Prüfung – und das unabhängig davon, wie die Spiele für uns ausgehen . . .

. . . und sie sind für das deutsche Team ganz ordentlich ausgegangen.
Nein, sie sind sehr gut ausgegangen. Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, wir gewinnen mehr Medaillen als in Peking 2008 – und das unter viel härteren Wettbewerbsbedingungen –, dann hätte ich ihm freudig für seinen Optimismus gedankt. Das war so nicht vorherzusehen.

Nicht nur Harting ist unzufrieden mit den Bedingungen im deutschen Spitzensport. Es gibt Probleme zuhauf. Finanzierung, duale Ausbildung, soziale Absicherung . . .
Richtig ist: Es gibt keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. Schon deshalb nicht, weil weltweit viele andere Nationen größte Anstrengungen unternehmen.

Äußerungen aus den Reihen des DOSB vermitteln den Eindruck: Es ist alles okay, wir machen weiter so.
Dieser Eindruck ist vollkommen falsch. Die Prüfung ist in vollem Gange. Die Gespräche laufen, und jede konstruktive Idee ist willkommen. Es gibt allerdings einige Parameter, die Grundlage des Erfolgs waren und die von der großen Mehrheit der Fachverbände und von den Olympiastützpunkten mitgetragen werden.

Der Deutsche Tischtennis-Bund kritisiert, dass sich die Spitzensportförderung zu sehr an Medaillen orientiert und zu wenig an der gesellschaftspolitischen Bedeutung einer Sportart. Das monieren auch die Leichtathleten.
Wir können die Spitzensportförderung doch nicht an den Erfordernissen des Breitensports ausrichten. Wir wollen auch künftig in Leistung und Erfolg investieren, um international mithalten zu können.

Grundförderung für jede Sportart



Alte Regel: Ohne Breite keine Spitze.
Deshalb gibt es ja auch eine Grundförderung für alle Sportarten. Auch für solche, die nicht medaillenträchtig sind. Das sichert den Erhalt unserer Sportkultur und hilft den Verbänden, auch mal eine Zeit zu überbrücken, in denen sie nicht so erfolgreich sind. Außerdem investieren wir – anders als früher – in zukünftige Erfolge und nicht in vergangene.

Trotzdem hagelt es Kritik.
Innerhalb dieser Parameter gibt es natürlich Spielräume. Die werden jetzt mit den jeweiligen Sportverbänden diskutiert. Und dabei sucht jeder nach den besten Argumenten für sich und seine Förderung. Das ist das Normalste von der Welt.

Es gibt etliche Vorschläge . . .
. . . zum Beispiel von Robert Harting, der gern eine lebenslange Rente für Olympiasieger hätte. Oder Imke Duplitzer, die günstigere Steuersätze für Top-Sportler will. Andere wollen mehr zentrale Spitzensport-Steuerung durch den DOSB. Das ist eine normale Diskussion . . .

. . . die Sie am liebsten verhindert hätten.
Dieser Eindruck täuscht. Der DOSB gibt nur nicht nach jedem Gespräch gleich eine Presseerklärung raus. Wir wollen einen sachlichen Austausch der Argumente.

Der wohin führen soll?
Ich bin kein Prophet, aber entscheidend ist: die Rahmenbedingungen für den Spitzensport weiter zu verbessern.

Aber Sie kennen die Probleme.
Es gibt in der Tat große Baustellen wie etwa in der Ausbildung und Bezahlung der Trainer. Nachdenken muss man auch über eine zentralere Spitzensport-Steuerung durch den DOSB. Außerdem laufen wir Gefahr, den Vorsprung einzubüßen, den wir durch das Leipziger Institut für angewandte Trainingswissenschaft sowie das Berliner FES für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten haben. Beide benötigen eine bessere Ausstattung. Verbesserungsbedarf gibt es auch bei der dualen Karriere unserer Athleten – vor allem im Bereich der Hochschulen.

Darüber wird seit ewigen Zeiten diskutiert. Die Fortschritte sind minimal.
(hebt die Augenbrauen) Nein, nein! Ganz so schlimm ist es nicht. Wir sehen eine ganze Reihe von Hochschulen, wo es inzwischen ganz gut funktioniert. Zum Beispiel an den Einrichtungen, die wir mit dem Titel Hochschule des Spitzensports ausgezeichnet haben: das Verbundsystem von acht Berliner Hochschulen, die Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden oder die Fachhochschule Ansbach. Doch dieses Thema werden wir nie endgültig lösen. Das Hochschulwesen ist dezentral organisiert. Jede Hochschule hat ihre eigene Verantwortung. Und der jeweilige Professor hat die Entscheidungsmacht. Er sagt, ob eine Klausur nachgeschrieben werden kann oder nicht.

Am Ende des Tages geht es doch immer nur ums Geld.
Nicht nur. Es geht auch um unsere prinzipielle Vorstellung von Leistungssport in einer demokratischen Gesellschaft.

Was bedeutet?
Dass die duale Karriere von Sport und Beruf bei der Förderung der Athleten im Mittelpunkt stehen muss.

"Das Fördersystem bietet viele Wege zum Erfolg"



Alte Regel: Ohne Breite keine Spitze.
Deshalb gibt es ja auch eine Grundförderung für alle Sportarten. Auch für solche, die nicht medaillenträchtig sind. Das sichert den Erhalt unserer Sportkultur und hilft den Verbänden, auch mal eine Zeit zu überbrücken, in denen sie nicht so erfolgreich sind. Außerdem investieren wir – anders als früher – in zukünftige Erfolge und nicht in vergangene.

Trotzdem hagelt es Kritik.
Innerhalb dieser Parameter gibt es natürlich Spielräume. Die werden jetzt mit den jeweiligen Sportverbänden diskutiert. Und dabei sucht jeder nach den besten Argumenten für sich und seine Förderung. Das ist das Normalste von der Welt.

Es gibt etliche Vorschläge . . .
. . . zum Beispiel von Robert Harting, der gern eine lebenslange Rente für Olympiasieger hätte. Oder Imke Duplitzer, die günstigere Steuersätze für Top-Sportler will. Andere wollen mehr zentrale Spitzensport-Steuerung durch den DOSB. Das ist eine normale Diskussion . . .

. . . die Sie am liebsten verhindert hätten.
Dieser Eindruck täuscht. Der DOSB gibt nur nicht nach jedem Gespräch gleich eine Presseerklärung raus. Wir wollen einen sachlichen Austausch der Argumente.

Der wohin führen soll?
Ich bin kein Prophet, aber entscheidend ist: die Rahmenbedingungen für den Spitzensport weiter zu verbessern.

Aber Sie kennen die Probleme.
Es gibt in der Tat große Baustellen wie etwa in der Ausbildung und Bezahlung der Trainer. Nachdenken muss man auch über eine zentralere Spitzensport-Steuerung durch den DOSB. Außerdem laufen wir Gefahr, den Vorsprung einzubüßen, den wir durch das Leipziger Institut für angewandte Trainingswissenschaft sowie das Berliner FES für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten haben. Beide benötigen eine bessere Ausstattung. Verbesserungsbedarf gibt es auch bei der dualen Karriere unserer Athleten – vor allem im Bereich der Hochschulen.

Darüber wird seit ewigen Zeiten diskutiert. Die Fortschritte sind minimal.
(hebt die Augenbrauen) Nein, nein! Ganz so schlimm ist es nicht. Wir sehen eine ganze Reihe von Hochschulen, wo es inzwischen ganz gut funktioniert. Zum Beispiel an den Einrichtungen, die wir mit dem Titel Hochschule des Spitzensports ausgezeichnet haben: das Verbundsystem von acht Berliner Hochschulen, die Verwaltungsfachhochschule Wiesbaden oder die Fachhochschule Ansbach. Doch dieses Thema werden wir nie endgültig lösen. Das Hochschulwesen ist dezentral organisiert. Jede Hochschule hat ihre eigene Verantwortung. Und der jeweilige Professor hat die Entscheidungsmacht. Er sagt, ob eine Klausur nachgeschrieben werden kann oder nicht.

Am Ende des Tages geht es doch immer nur ums Geld.
Nicht nur. Es geht auch um unsere prinzipielle Vorstellung von Leistungssport in einer demokratischen Gesellschaft.

Was bedeutet?
Dass die duale Karriere von Sport und Beruf bei der Förderung der Athleten im Mittelpunkt stehen muss.