In knapp einer Woche stürzt sich Fath am Tomasee in der Schweiz in die Fluten. Gut geschützt mit Helm und Neoprenanzug. Foto: Hochschule Furtwangen

Haslacher Chemieprofessor durchschwimmt den Fluss auf der Suche nach Umweltverschmutzung.

Ortenau - Ganz genau 1231 Kilometer wird Andreas Fath aus Haslach auf dem Rhein zurücklegen – von der Quelle bis zur Mündung. Und zwar schwimmend. Der Chemieprofessor der Hochschule Furtwangen will auf die Verschmutzung des Flusses aufmerksam machen und Geld sammeln für den Bau eines Geräts, das Abhilfe schaffen könnte.

Der Startschuss für das Projekt "Rheines Wasser" fällt am Montag, 28. Juli, an der Quelle am Tomasee in der Schweiz. Dort ist der 49-Jährige schon gewesen, um sich von Experten vor Ort erklären zu lassen, wie er sich in diesem tückischen Gebiet zu bewegen hat, um sich nicht zu verletzen. "Das ist eine wirklich schöne Gegend da oben", sagt der Forscher. "Nicht umsonst wird es der ›Grand Canyon der Schweiz‹ genannt." Aber: "Da muss man wirklich aufpassen", betont Fath. "Es kann ganz schnell gehen, dass man mit dem Fuß in einer Spalte hängen bleibt und sich dann das Bein bricht." Zwei Neoprenanzüge, ein Helm und Handschuhe braucht Fath für die ersten Kilometer im Schweizer Alpenrhein.

Ganz alleine ist der Schwimmer nicht unterwegs. Ihm vornedran fährt ein Kajak, hinter ihm ein Motorboot. Diese Begleitung braucht Fath aus zwei Gründen: Zum einen als Sicherheit – vor allem in den Gebieten, in denen große Schiffe seinen Weg kreuzen werden. "So eine kleine Stecknadel-Badekappe im Wasser sieht man von der Brücke eines großen Schiffs nicht wirklich", sagt Fath. Zum anderen fahren die Boote mit, um die Wasserproben, die der Chemiker während seiner Tour zieht, zu lagern und auch um selbst Proben zu nehmen.

Der Haslacher ist Professor für physikalische Chemie und Analytik mit dem Schwerpunkt Umwelttechnik. Fath will gemeinsam mit vielen Partnern aus der Wirtschaft und auch Studenten mehrerer Hochschulen aus ganz Deutschland das Wasser des Rheins unter verschiedenen Fragestellungen analysieren. Die Proben werden auf Industriechemikalien, Hormone, Antidepressiva, Süßstoffe, Antibiotika, Schmerzmittel, Drogen, Krankheitserreger und Mikroplastik untersucht. Außerdem erforscht ein Team im Boot die Fließgeschwindigkeit, den pH-Wert, die Leitfähigkeit und die Temperatur des Wassers.

Das alles ist im scheinbar so sauberen Rhein? "Die Stoffe kommen durch Regen ins Wasser, durch Kläranlagen, die nicht alles rausfiltern können, durch das Grundwasser, durch die Landwirtschaft – dass diese Stoffe im Rhein sind, hat viele Ursachen", zählt der Forscher auf. Das Hauptproblem dabei ist der Mensch. Und genau da setzt die Idee des Chemikers an: Er hat ein patentiertes und 2010 mit dem Umweltpreis "Umsicht" der Fraunhofer-Gesellschaft ausgezeichnetes Verfahren entwickelt, um die meisten der Stoffe, die die Kläranlagen aus technischen Gründen nicht rausfiltern können, aus dem Wasser zu bekommen. Fath hofft, dass die 100 000 Euro für den Bau eines Testgeräts Ende des Jahres zusammengekommen sind. Seine Vorstellung: Irgendwann könnte jeder Haushalt, jede Firma, jedes Indus-trieunternehmen, ein solches Extragerät haben, um das Wasser von Antibiotika, Hormonen, Mikroplastikteilchen zu reinigen, noch bevor das Wasser in die Kläranlage geht.

Mit Schnelltests können Besucher sehen, wie es um die Qualität steht

Die Proben, die auf der Tour gezogen werden, werden teilweise mit Schnelltests vor Ort untersucht und bei Präsentationen an den Zwischenstopps den Zuschauern erklärt. So kann jeder grob sehen, wie es um die Qualität des Rheins vor der eigenen Haustüre bestellt ist. Andere Tests können erst nach dem Mammutprojekt in Labors vorgenommen werden – die Proben dafür werden verschlossen und entsprechend gelagert. Außerdem werden viele Fotos gemacht werden – von Fischtreppen, der Natur rund um den Fluss und natürlich von Fath selbst, wie er sich durch das Wasser kämpft.

Vor 41 Jahren ist er in den Schwimmverein in seinem Geburtsort Speyer eingetreten. Seitdem hat er schier unzählige Meisterschaften als Leistungssportler gewonnen, überquerte 1996 als Schnellster den Bodensee zwischen Romanshorn und Friedrichshafen, gewann 2008 das Marathonschwimmen im Zürich-see. Noch heute ist die Badehose so selbstverständlich in jedem Reisegepäck dabei wie die Zahnbürste. "Egal ob ich auf Vorträge, Dienstreisen oder in Urlaub fahre – ich versuche jeden Tag etwa ein bis zwei Stunden zu schwimmen", erklärt Fath. "Im Wasser bin ich alleine, da kann mich keiner stören, da gibt es kein Handy, keinen Computer."

Mit etwa zehn Kilometern pro Stunde will er durch das Wasser pflügen, rund 50 Kilometer lang sind seine Tagesetappen. "Bei diesem Projekt bin ich ja nicht auf der Jagd nach Geschwindigkeitsrekorden, sondern auf der Jagd nach Verschmutzung." Ein spezielles Trainingsprogramm hat sich Fath dennoch nicht auferlegt. Einzig die Trainingsuhr im Freibad Haslach hat der Schwimmer immer im Blick. "Die Uhr wurde mit viel Herzblut gebaut", erinnert sich Fath. "Auf der linken Seite steht noch etwas von einem Wettbewerb, in der Mitte steht, wie viel ich heute schon geschwommen bin und rechts steht, wie viel ich insgesamt schon trainiert habe."

Die Resultate werden im Herbst in Schiltach präsentiert

200 Kilometer stehen in blauer Schrift auf der weißen Tafel. Aber damit ist der Kämpfer nicht alleine – ein anderer Freibadbesucher hat kilometertechnisch gleichgezogen. "Da muss ich mich jetzt ja richtig ins Zeug legen", scherzt Fath. Geplant ist, dass der Forschertross am Freitag, 8. August, abends in Kehl ankommt. Nach einem Ruhetag geht es dann am Sonntag, 10. August, von der Hafenstadt aus weiter nach Karlsruhe. Die Ziellinie in Hoek van Holland will Fath am Sonntag, 24. August, erreichen. Die Ergebnisse der Tour werden dann am 13. November beim siebten Hansgrohe Wassersymposium in Schiltach vorgestellt.

Interessierte können online unter www.rheines-wasser.eu Schwimmer und Projekt live mitverfolgen.