Gerlinde Brandenburger-Eisele (links) und Oberbürgermeisterin Edith Schreiner schauten sich im Vorfeld Werke der Schweizerin an. Foto: Haberer

Stadt Offenburg zeichent gebürtige Baslerin aus. Begleitausstellung bis zum 18. Januar zu sehen.

Offenburg - Miriam Cahn steht für eine impulsive, emotionale und stets auch politische Kunst: Am Sonntagst die gebürtige Baslerin mit dem Oberrheinischen Kunstpreis 2014 der Stadt Offenburg ausgezeichnet worden. Unter dem Titel "Bestandsaufnahme" ist in der Städtischen Galerie eine umfangreiche Werkschau zu sehen.

Miriam Cahns frühe Zeichnungen zierten in den späten 1970er-Jahren die Brückenbauwerke und Unterführungen der neuen Autobahn im Norden ihrer Heimatstadt Basel. Die Reaktionen der Stadt waren eindeutig: Die 1949 geborene Künstlerin wurde wegen Sachbeschädigung angezeigt und rechtskräftig verurteilt. Gut 35 Jahre später sieht vieles anders aus. Graffiti zählen längst zu den festen Bestandteilen urbaner Lebensräume. Cahn, 2013 mit dem Kunstpreis der Stadt Basel ausgezeichnet, gilt heute als eine der herausragenden Künstlerinnen der Schweiz. Ihre Zeichnungen strahlen eine impulsive, emotionale Kraft aus. Sie brechen Tabus und provozieren, weil sie zu unbequemen Themen Stellung beziehen.

Cahns "Bestandsaufnahme", die bis zum 18. Januar in der Städtischen Galerie Offenburg zu sehen ist, zeigt auch abstrakte Arbeiten, Ölbilder, die mit intensiven Farben und Strukturen ohne gegenständliche Motive aufwarten. Im Zentrum ihrer Arbeit steht aber der Mensch und die von ihm geprägte Welt. Cahn zählt zu den künstlerischen Protagonisten der Friedensbewegung und des Feminismus. Ihre Bilder berühren, lösen oft auch Betroffenheit aus. Denn: Zwischen den schnellen, schwungvollen Strichen aus Zeichenkohle werden die Schattenseiten der menschlichen Existenz sichtbar. Die Gräueltaten der Nationalsozialisten, vor denen ihre Eltern in die Schweiz flüchteten, manifestieren sich in groben Planskizzen von Konzentrationslagern. Krieg und Verfolgung werden deutlich wenn sie Bilder der Opfer einfängt, wenn fliegende Waffensysteme zu bedrohlich wirkenden Vögeln mutieren. Cahn sorgt für Beklemmung beim Betrachter, wenn sie Frauengesichter malt, die sie auf zwei Augenschlitze reduziert und den Betrachter mit Bildern konfrontiert, die in zarten Pastelltönen sexuelle Tabus brechen. Ihre Kunst wartet dabei auch immer mit einem subtilen Humor auf, mit einer brillanten, beeindruckenden Technik.

Obwohl sich Miriam Cahn vor einigen Jahren nach Bergell, in die Abgeschiedenheit eines nur schwer zugänglichen Bergtals zurückgezogen hat, ist die 65-Jährige nach wie vor international präsent. Der an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe unterrichtende Professor Beat Wyss bezeichnet Cahn in seiner Festrede zur Vergabe des Oberrheinischen Kunstpreis in der Reithalle Offenburg als Hebamme visueller Gedankenblitze, als Aktivist eines politischen Expressionismus. "Ihre Kunst ballt die Faust gegen die inhaltslose Flut einer allgegenwärtigen Mediewelt", schreibt er ihr ins Stammbuch.

Ganz ähnlich der Tenor der Laudatio von Jurymitglied Madleine Schuppi, der Direktorin des "Argauer Kunsthaus": Cahns Kunst konfrontiere und berühre, in dem sie das Schöne und Hässliche zusammenführt, Menschen nackt und schutzlos darstelle. Der Schweizer Kulturkonsul Hans-Peter Willi unterstreicht das Gespür einer hochkarätig besetzten Jury, die sich mutig für eine immer auch unbequeme Künstlerin entschieden habe.

Die Begleitausstellung ist bis zum 18. Januar zu sehen. Der Katalog zur Ausstellung konzentriert sich auf die zeichnerische Werke Cahns. Die Öffnungszeiten sind dienstags, donnerstags und freitags 13 bis 17 Uhr, mittwochs 13 bis 20 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr.