Standen mit ihrem Team am Lindenplatz Rede und Antwort und informierten über die Flexibilisierung des Arbeitmarktes und prekäre Beschäftigungsverhältnisse: die Gewerkschafter Ahmet Karademir (Zweiter von rechts) und Thomas Bleile (rechts). Foto: Lipp

Die IG Metall will mit ihrer aktuellen Kampagne "Arbeit: sicher und fair" Arbeitnehmerrechte stärken.

Offenburg - Die IG Metall fordert ein Ende des Missbrauchs von Leiharbeit, von Werkverträgen und befristeten Arbeitsverhältnissen. Dafür tourt die Gewerkschaft durch deutsche Städte. Gestern machte ein mobiler Info-Stand der Metaller Halt in Offenburg.

Die Tariferfolge, die im Mai erreicht wurden, seien von der Öffentlichkeit nicht gleichberechtigt wahrgenommen worden, erklärte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall, Ahmet Karademir, gestern während eines Pressegesprächs auf dem Lindenplatz. Diese sind: Eine Entgelterhöhung von 4,3 Prozent für alle Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie, die Übernahme von ausgelernten Azubis in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis und eine verpflichtende Übernahme von Leiharbeitsbeschäftigten nach 24 Monaten. Das Phänomen von Leiharbeitsverträgen als Instrument zur Kosteneinsparung müsse noch stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getragen werden, so der Gewerkschafter.

Betriebsräte sollen ausgehebelt werden

Arbeitgeber wollen mit dieser Personalstrategie laut Karademir die Mitbestimmung der Betriebsräte aushebeln und Tarifverträge umgehen. "Befristungen, unbezahlte Praktika und Leiharbeit drängen Arbeitnehmer zunehmend in prekäre Beschäftigungsverhältnisse", bestätigte Thomas Bleile, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Offenburg. Ungleiche Bezahlung für gleiche Arbeit führe in den Betrieben zu einer Spaltung unter den Mitarbeitern. Die Zahl der Beschäftigten, die unter deutlich schlechteren Bedingungen wie die Stammbelegschaften arbeiten müssten, habe in den vergangenen Jahren alarmierend zugenommen.

Ganze Abteilungen würden per Werkvertrag an Fremdfirmen ausgelagert. Die Folge: Jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland arbeite für einen Niedriglohn, besonders junge Menschen seien betroffen. In der Ortenau seien von den 50 000 sozialversicherungpflichtig Beschäftigten drei Prozent in der Leiharbeit tätig. "Eine ganze Generation wird in prekäre Beschäftigungsverhältnisse abgedrängt", so Bleile. Die demografischen Folgen: eine verlässliche und langfristige Familienplanung sei nahezu unmöglich. "Wie sollen sich junge Familien etwas aufbauen, wenn ihnen jede Bank aufgrund eines befristeten Arbeitsverhältnisses einen Kredit verweigert?"

Metaller fordern volle Rente nach 40 Jahren

Anstatt der Rente mit 67 fordern die Gewerkschafter den ungekürzten Rentenbezug nach 40 Jahren Beitragszahlungen. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie werde in der Politik stets großgeschrieben, dieser Anspruch widerspreche jedoch der Praxis: Würden berufstätige Eltern eine Elternzeit nehmen wollen, sei dies zwar gesetzlich zulässig, werde jedoch von vielen Arbeitgebern mit Argwohn betrachtet. Häufig werde ein Karriereknick suggeriert, weiß Bleile. Um zu informieren, sind die Metaller derzeit auf "Roadshow", die auf großes Interesse stoße. In Offenburg wurden die Gewerkschafter gestern von Andrea Knebel (Bosch) und Ahmet Gözgen (Schaeffler), beide Betriebsratsmitglieder, unterstützt. In Fragebögen konnten Passanten ihre Beurteilung zur Entwicklung des Arbeitsmarktes abgeben, außerdem gab es Infomaterial. Die deutschlandweite Umfrage sei repräsentativ – und werde die Forderungen an die Politik stützen, so Bleile.