Foto: Symbolfoto: Hildenbrand

Besonders häufig in Teilzeit, Mini-Jobs oder Leiharbeit beschäftigt.

Ortenau - Die IG Bau warnt vor steigender Altersarmut bei Frauen. Nach Angaben der Gewerkschaft arbeiteten Ende vergangenen Jahres 68 000 Frauen im Ortenaukreis in Teilzeit, Mini-Jobs oder Leiharbeit – die zu niedrigeren Rentenansprüchen führen.

Damit machten Frauen laut IG Bau Südbaden 70 Prozent derjenigen aus, die Ende 2015 in Teilzeit, Leiharbeit, befristet oder geringfügig beschäftigt waren – in sogenannten "atypischen Beschäftigungen". Dies zeige eine gleichnamige Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung.

"Prekäre Jobs führen zu niedrigeren Rentenansprüchen", warnt die Gewerkschaft deshalb vor einer zunehmenden Altersarmut bei Frauen. Dabei seien Zeiten der Schwangerschaft oder Kindererziehung noch nicht einmal berücksichtigt.

Frauen werden laut IG Bau bei der Rente immer öfter zu Verliererinnen

"Wenn Politik und Wirtschaft nichts unternehmen, dann werden Frauen bei der Rente immer öfter zu Verliererinnen", sagt Meinrad Schmidt, Bezirkschef der IG Bau Südbaden. Besonders besorgniserregend sei der Trend, dass Teilzeit immer mehr zum Normalarbeitsverhältnis bei Frauen werde. So habe es nach Angaben der Böckler-Studie im Ortenaukreis zuletzt 35 594 Teilzeit-Arbeiterinnen gegeben – 76 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Demgegenüber hätten Ende vergangenen Jahres nur 5558 Männer in Teilzeit gearbeitet. Außerdem seien mit insgesamt 30 851 Mini-Jobberinnen 61 Prozent aller geringfügig Beschäftigten im Kreis weiblich gewesen.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Rentendebatte fordert die IG Bau, die Situation der Frauen stärker in den Blick zu nehmen. "Gerade in der Gebäudereinigung, im Gartenbau und in der Floristik bekommen sie kaum Vollzeitstellen, sondern Teilzeitoder Mini-Jobs", so Schmidt. Die Folge sei, "dass Frauen trotz jahrzehntelanger Arbeit im Alter zum Sozialamt gehen müssen". Zudem fehlten Frauen wegen Erwerbsunterbrechungen häufig mehrere Jahre an Rentenbeiträgen. Und nach einer Scheidung stünden viele Frauen mit leeren Händen, aber oft mit dem alleinigen Sorgerecht da, mahnt der Gewerkschafter.

"Die Folge davon ist eine weiter zunehmende Altersarmut bei Frauen", ist sich Schmidt sicher. Unternehmen und Politik müssten deshalb gleichermaßen gegensteuern. "Statt Frauen nur für wenige Wochenstunden einzustellen, sollten Firmen vollwertige Jobs schaffen – für Frauen und Männer." Weniger zu arbeiten, müsse eine individuelle Entscheidung sein und kein Zwang. Für Reinigungskräfte sei Vollzeit mittlerweile fast eine Seltenheit, obwohl sich das viele Beschäftigte wünschten.

Eine zentrale Voraussetzung für höhere Renten sei die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, so der Gewerkschafter. Mittlerweile habe die Politik die Bedeutung von "Equal Pay" erkannt und ein Lohngerechtigkeitsgesetz auf den Weg gebracht. Schmidt spricht von einem "Schritt in die richtige Richtung", kritisiert jedoch, dass Beschäftigte erst in Betrieben ab 200 Mitarbeitern einen Auskunftsanspruch über die Bezahlung der Belegschaft hätten. Damit greife das geplante Gesetz nur in Teilen des Handwerks und der Reinigungsbranche.

Schwangerschaft und Erziehung sollten anerkannt werden

Eine entscheidende Maßnahme wäre es, so die IG Bau, Phasen der Erwerbslosigkeit in der gesetzlichen Rentenversicherung aufzuwerten. "Zeiten der Schwangerschaft und Erziehung müssen endlich anerkannt werden – zum Beispiel durch Extra-Rentenpunkte", fordert Schmidt.