Sandra Boser (Mitte) diskutierte unter anderem mit Erna Armbruster und Matthias Bauernfeind. Foto: Forth Foto: Schwarzwälder-Bote

Grüne-Landtagsabgeordnete besucht Kindergarten in Oberwolfach / Wertschätzung für den Beruf steigern

Oberwolfach (ff). Viele Kindertagesstätten im Land klagen über einen Mangel an Fachkräften. Auch Maria Künstle, Leiterin des Kindergartens St. Josef in Oberwolfach-Walke, fehlt qualifiziertes Personal. Im Gespräch mit der Landtagsabgeordneten Sandra Boser (Grüne), wurden Probleme in der Ausbildung und die schwierigen Rahmenbedingungen angesprochen.

Es kommt einem Hilferuf gleich: "Seit zwei Jahren haben wir Probleme, qualifiziertes Personal zu finden", sagt Künstle. Mit der Belegung des ganztägig geöffneten Kindergartens und dem Personal sei man zufrieden, erklärt auch der Geschäftsführer, Matthias Bauernfeind. Doch der Teufel steckt offenbar im Detail.

Im Kindergarten St. Josef werden sieben Gruppen von insgesamt 21 Angestellten betreut. Doch nur vier davon besetzen eine volle Stelle. Die 17 weiteren Erzieherinnen sind auf eigenen Wunsch halbtags oder gar nur stundenweise im Dienst. Für die Leitung führt das zu Problemen in der Stellenbesetzung, Eltern hätten zudem lieber feste Ansprechpartner.

Im September, nach Ende der Ausbildungsphase, sei es kein Problem, Erzieherinnen zu finden, sagt Künstle. Durch den größtenteils weiblich geprägten Beruf komme es jedoch immer wieder zu Engpässen, wenn Kolleginnen wegen Schwangerschaft oder gesundheitlicher Probleme Vertreten werden müssen. "Es ist sehr schwierig, im laufenden Jahr Mitarbeiter zu finden", sagt Bauernfeind. Das gelte besonders für Vollzeitkräfte.

Dieses Problem ist Sandra Boser bekannt. Auch junge Erzieherinnen würden gerne in Teilzeit anfangen, nur rund 70 Prozent von ihnen arbeiten nach der Ausbildung tatsächlich in diesem Beruf, sagt sie. "Viele merken erst dann, wie anstrengend es eigentlich ist", sagt Boser. Hier soll die "Praxisorientierte ErzieherInnenausbildung" (PIA) helfen, mehr Fachkräfte in die Kindergärten und Tagesstätten zu holen. Die Zahl der Erzieherinnen mit akademischem Abschluss sei ohnehin verschwindend gering, was laut Erna Armbruster, stellvertretende Bürgermeisterin Oberwolfachs, selbstverständlich mit dem zu geringen Gehalt zusammenhängt.

Zudem gebe es Probleme mit der Qualifikation der Bewerber, sagt Künstle: "Mitarbeiter werden in einem Crash-Kurs zu qualifiziertem Fachpersonal geschult – die sind aber in der Materie gar nicht drin", sagt sie. Laut Künstle werden besonders Kinderkrankenschwestern, Hebammen und Physiotherapeutinnen innerhalb weniger Wochen umgeschult.

Zudem befürchtet Künstle in den kommenden drei bis fünf Jahren einen massiven Engpass. Diese Sorge teilen Boser und Bauernfeind nicht: Mit dem PIA-Projekt und den guten Ausbildungszahlen sei man hier gut aufgestellt, erklärt Boser. Dennoch müsse "man sehen, dass Qualität und nicht Quantität an erster Stelle steht", sagt Bauernfeind. Dazu plant Boser, die Qualität der PIA-Schüler zu überprüfen und generell die Attraktivität des Berufs durch öffentliche Veranstaltungen zu steigern.

Von den Streiks erhofft sie sich bessere Bedingungen für die Erzieher. "Ich finde es nicht schlimm, dass in Offenburg an einigen Einrichtungen gestreikt wird", sagt Sandra Boser. Es sei zudem wichtig, die Wertschätzung für den Beruf zu steigern. Dennoch sieht sie die Kommunen in der Pflicht, Qualitätskriterien für die Kindergärten aufzustellen. Das Geld das zum Teil aus der Grunderwerbssteuer in Schulen und Kindergärten fließe, müsse für eine Grudstruktur in der pädagogische Arbeit aufgewendet werden, so Boser.