Leicht amüsiert verfolgen der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei (links) und Oberwolfachs Bürgermeister Matthias Bauernfeind den Eintrag der Bundesministerin in das Goldene Buch. Foto: Kluckert

Kultusministerin Johanna Wanka besucht das Mathematische Forschungsinstitut in Oberwolfach

Auf ihrer Tour durch Baden hat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka auch Station im Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach (MFO) gemacht. Sie zeigte sich von der Einrichtung sichtlich beeindruckt.

Oberwolfach. Auch wenn vor dem weltweit bekannten Institut der Wahlkampfbus des hiesigen CDU-Kandidaten Thorsten Frei parkte und dieser die Bundesministerin begleitete: Ein klassischer Wahlkampfauftritt war die Visite in Oberwolfach für die 66-Jährige nicht. Zu prominent waren die Gäste der Veranstaltung – Landes- und Kommunalpolitiker, Wissenschaftler, Forscher und Stipendiaten – und zu sehr interessiert sich die gebürtige Sächsin für die Mathematik. Schließlich hatte sie von 1970 bis 1974 an der Universität Leipzig dieses Fach studiert, war 1980 zum Dr. rer. nat. promoviert worden und 1993 auf die Professur "Ingenieurmathematik" an der FH Merseburg berufen worden.

Erfolgsbilanz ihres Ressorts vorgestellt

So ganz wollte Wanka aber gestern den Wahlkampf doch nicht ausklammern. Ohne jegliche Seitenhiebe auf die politischen Gegner präsentierte sie eine Erfolgsbilanz. "Seit 2005 sind die Ausgaben des Bildungs- und Forschungsressorts Jahr für Jahr gestiegen, und das auch in schwierigen Zeiten, in den letzten vier Jahren immerhin um 27 Prozent", lautete ihr Resümee. Durch die regelmäßigen Steigerungsraten sei für alle Beteiligten eine Verlässlichkeit bezüglich der jährlichen Finanzplanung gegeben, führte die Bundesministerin aus. Das Ziel, jährlich drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Bildung, Wissenschaft und Forschung auszugeben, sei erreicht. "Wir haben uns jetzt vorgenommen, bis 2020 die Zahl von 3,0 auf 3,5 Prozent zu erhöhen", so Wanka.

Plädoyer gegen die Praxis der Zeitverträge

Einen breiten Raum bei der Diskussion im Hörsaal des Instituts nahm die Frage nach den Karriereaussichten für junge Forscher ein. Hier plädierten sowohl die Dozenten als auch die Studenten und Stipendiaten für eine bessere Planbarkeit. Dem gegenüber stünden die allgemein üblichen Zeitverträge. Wanka warnte davor, jetzt alle Stellen mit festen Verträgen auszustatten. Damit würde man der nächsten Generation die Aufstiegsmöglichkeiten verbauen. Als eine Möglichkeit, das Problem zumindest teilweise zu lösen, sah sie die derzeit beim Max-Planck-Institut geübte Praxis, den Mitarbeitern schon frühzeitig zu signalisieren, wie es um ihre Karrierechancen stehe. "So lässt sich vermeiden, dass jemand jahrelang nach dem Prinzip Hoffnung lebt und dann mit 41 merkt, dass es mit der Karriere nicht klappen wird", so die Mutter zweier Kinder. Speziell für Frauen sei diese Planbarkeit von großer Bedeutung und die Praxis, überwiegend befristete Verträge anzubieten, sicher auch mit ein Grund dafür, dass zwar der Anteil der Frauen im Mathematikstudium bei 50 Prozent liege, im Forschungsbereich jedoch erheblich niedriger. Diese Problematik haben auch die Verantwortlichen des MFO erkannt und sich daher zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil zu erhöhen.

Angesprochen wurde beim Besuch der Bundesministerin auch die zunehmende Technikfeindlichkeit in unserer Gesellschaft. Wanka bezeichnete dieses Phänomen in einer starken Industrienation wie Deutschland überraschend und auch ein wenig irreal. "Da muss man sich ja fragen, ob man überhaupt noch den Strom einschalten kann, denn von dem gehen auch Gefahren aus", stellte sie die derzeitige Situation ironisch überspitzt dar. Allerdings könne man seitens der Wirtschaft, Wissenschaft und Industrie auch nicht so verfahren, dass nur die Chancen dargestellt, die Risiken jedoch verschwiegen würden. Eine Mitschuld an der Technologieskepsis gab die Ministerin auch den Forscher, die es oft versäumten, ihre Projekte und Ergebnisse populär darzustellen und damit für alle Bürger verständlich zu machen.

Beim Rundgang durch das Institut zeigte sich Wanka "sehr beeindruckt" vom wissenschaftlichen Angebot, der Bibliothek, die auf dem Gebiet der Mathematik weltweit zu den bedeutendsten zählt, und von der herrlichen Lage.

INFO

Goldenes Buch

Oberwolfachs Bürgermeister Matthias Bauernfeind nutzte den Besuch der Bundesministerin, um vor der illustren Schar der Gäste wordgewandt auf die zahlreichen Vorzüge "seiner" Gemeinde hinzuweisen. Und er hatte auch das Goldene Buch nicht vergessen, auf dessen Seiten sich nun auch der prominente Gast aus Berlin verewigt hat.