Matthias Bauernfeind ist am 9. August vor einem Jahr als Bürgermeister der Gemeinde Oberwolfach vereidigt worden. Foto: Möller

Viel zu tun mit Windkraft und interkommunalem Kinzigtalbad. "Ich bereue es nicht".

Oberwolfach - Matthias Bauernfeind ist genau heute vor einem Jahr als Bürgermeister der Gemeinde Oberwolfach vereidigt worden. Der Schwarzwälder Bote hat mit ihm über ein stürmisches erstes Jahr mit Diskussionen um geplante Windkraftanlagen, das interkommunale Kinzigtalbad und seine ersten Akzente im Amt gesprochen.

Sie sind nun ein Jahr im Amt – wie lautet ihre erste Zwischenbilanz?

Es macht Spaß, großen Spaß. Ich bereue es nicht.

Das Auerhuhn scheint die Windkraftkrise in der Gemeinde aktuell beruhigt zu haben. Auf welche Einstufung der Standorte hoffen Sie?

Ich hoffe, dass das fachlich von unabhängigen Gutachtern entschieden wird und dass das abschließende Ergebnis auch akzeptiert wird. Wir müssen aber Flächen ausweisen, da kommen wir nicht drum herum. Gemeinsam, auch mit dem Wolfacher Gemeinderat, müssen wir abwägen welches die besten Standorte sind.

Der Frieden in der Gemeinde war durch die geplanten Anlagen auf dem Gütschkopf regelrecht gefährdet. Wie ist das für einen jungen Bürgermeister, wenn es gleich solche Anfeindungen gibt?

In den ersten Jahren im Amt ist es für einen Bürgermeister schwierig, eigene Akzente zu setzen, weil viele Themen durch bereits gefällte Beschlüsse vorgegeben sind. Man lernt bei der Thematik ziemlich schnell: Man kann es nicht jedem recht machen. In vielen Bereichen, nicht nur in der Windkraft, ist das ein Abwägungsprozess zwischen rechtlichen Vorgaben und örtlichen Ansichten und Empfinden. Was schwierig ist, ist, wenn die sachliche Ebene verlassen wird und die Diskussion auf der emotionalen Ebene abläuft.

Wie gehen Sie mit solchen Konflikten um?

Ich bin kein nachtragender Mensch und kann die Sachdiskussion vom Persönlichen trennen. Ich habe auch kein Problem mit einem Bürger, der eine andere Meinung hat als ich als Vertreter der politischen Gemeinde. Trotzdem kann der persönliche Kontakt gut sein. Es ist wichtig, dass wir alle wieder zur Sachebene zurückkommen.

Was würden Sie sich bei dem Thema für die Zukunft wünschen?

Es gab schon viele Themen, bei denen sich in Oberwolfach Gräben aufgetan haben. Beim Kindergarten oder bei der Ortsbeleuchtung, habe ich mir sagen lassen. Ich denke, es ist wichtig, dass man die Argumente sachlich sieht und hinterher, wenn die Entscheidung getroffen ist, akzeptiert und darüber spricht, was wir daraus machen. Ganz sicher werden wir am Schluss nicht auf jedem Berg ein Windrad stehen haben.

Befriedet das Auerhuhn den Gütschkopf?

Es befriedet aktuell den Gütschkopf, keine Frage.

Auch beim interkommunal geplanten Kinzigtalbad schlagen die Wellen hoch, weil die Kosten durch die Decke gehen. Wie ist da Ihre Position?

Ich kann mit der neuen Variante 4 gut leben und hoffe, dass das auch der Gemeinderat so sieht und die gesteigerten Kosten mittragen wird. Meine Meinung ist: Wenn jetzt das Kinzigtalbad nicht kommt, kommt es in den nächsten 30 Jahren nicht. Und das würde unsere Region ziemlich zurückwerfen. Wichtig finde ich auch, dass man den Kinderbereich nicht auf ein Minimum reduziert.

Für Wolfach als zweitstärksten Zahler des Kinzigtalbads ist die Finanzierung solcher Mehrkosten nicht möglich. Wie stehen Sie zu einer Überstimmung Wolfachs in der Zweckverbandsversammlung?

Am Schluss entscheidet die Versammlung. Jeder bringt die Variante 4 nun in seinen Gemeinderat ein, so war die Abstimmung. Ich werde mein Gremium fragen, ob wir für die Variante stimmen. Wenn ja, werde ich das so in der Verbandsversammlung vertreten. Wenn nicht, werde ich dagegen stimmen und vielleicht auch überstimmt. Das ist Demokratie.

Aber halten Sie das angesichts der ungleichen Kostenverteilung für fair?

Da entscheidet die Mehrheit gemäß der Verbandssatzung. Was doch unseren Respekt erfordert, ist die Stadt Hausach, die 50 Prozent trägt. Das verdient unsere Hochachtung. Der Gemeinderat Wolfach wird die richtige Entscheidung für die Stadt treffen. Aber wenn man Mitglied ist, dann gibt es auch Mehrheitsverhältnisse. Wenn das Gremium mit "Nein" stimmt, werden sich die Mitglieder auch Gedanken darüber gemacht haben, wie sie im Falle einer Überstimmung in der Versammlung reagieren. Aber wenn wir uns schon bei dem Punkt nicht auf eine Variante einigen können, dann lassen wir das Bad besser ganz bleiben. Persönlich halte ich es nicht für sinnvoll, etwas zu bauen, das hinterher "nichts ist". Es würde mich persönlich aber sehr freuen, wenn sich alle Räte für die Variante 4 aussprechen.

Es gab aber auch noch andere Themen in ihrem ersten Amtsjahr.

Bauernfeind lacht.

Wie sieht es mit dem ebenfalls interkommunalen Zusammenschluss Kinzigtal-Tourismus aus?

Wie steht es um den Wolftal-Radweg?

Die Planer sind mit den Eigentümern und Anwohnern die Trasse abgegangen und bis Herbst soll im Optimalfall die Trassenführung feststehen. An der ein oder anderen Stelle geht es nicht wie vorgesehen. Jetzt müssen die Planer innerhalb dem vorgegebenen Budget die Planung ausarbeiten.

Stichwort Offenhaltung: Steigt die Zahl der Aufforstungsanträge weiter?

Wir hatten dieses Jahr wieder ein paar Anträge. Aktuell erarbeiten wir ein Offenhaltungskonzept, damit die Landwirte die Möglichkeit haben, mehr Förderung zu bekommen. Das Mäh- und Mulchgerät, das wir großzügig bezuschussen, wird sehr gut angenommen. Da sind wir auf einem guten Weg. In diesem Jahr ist das auch finanziell möglich. Das kann aber auch anders werden und dann kommen solche freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand. Deshalb müssen wir uns da langfristig aufstellen.

Nachdem der weiterführende Teil der Wolftalschule ausläuft: Was passiert mit den Räumen?

Meine persönliche Meinung ist, dass die Schulkindbetreuung, die aktuell im Kindergarten stattfindet, als Ganztagsschulkindbetreuung in diesen Räumen untergebracht werden kann. Die Kirchengemeinde wird, wenn wir im Laufe des nächsten Jahres in die Planung gehen, auch weiter unser erster Ansprechpartner bleiben.

Sie haben ein ziemliches Novum hier im Tal gebracht, als die Jugendlichen zum Austausch in die Festhalle eingeladen haben. Was ist daraus geworden?

Das Thema Jugendraum prüfen wir. Es wurde das Internet angesprochen. Da sind wir dran und beteiligen uns an der Ausschreibung des Landkreises. Über die gewünschte Verbesserung der Busverbindung haben wir das Landratsamt informiert. Und der Kunstrasenplatz ist fertig. Wie gewünscht werde ich in einem Jahr wieder die Jugendlichen zum Gespräch einladen.

Gesetzlich angestoßene Veränderungen bedingen nun auch Handlungsbedarf beim Pflegeheim.

Im Oktober wird es dazu eine Bürgerversammlung geben, in der wir über die verschiedenen Möglichkeiten informieren. Es wird definitiv weiter ein Pflegeheim geben.

Wie steht es um die Integration der Flüchtlingsfamilien in Oberwolfach?

Relativ gut, der Vater der einen Familie arbeitet bei uns im Bauhof. Der Helferkreis ist sehr aktiv und wir laden die Familien auch regelmäßig zu Veranstaltungen ein.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Vereinen?

Gut. Ich versuche, so viele Veranstaltungen, Termine und Versammlungen wie möglich selbst zu besuchen und möchte die Oberwolfacher Vereine aber noch besser kennenlernen.

Welche Themen sind neu auf Ihrer Agenda?

Viele Themen waren vorgegeben – beispielsweise die Windkraft. Die Schulentwicklung wird mich weiter beschäftigen, genauso wie der Kindergarten. Bei unserer Heizzentrale muss es Veränderungen geben. Da steht eventuell eine Erweiterung des Nahwärmenetzes an. Vielleicht machen wir das dann zeitgleich mit dem Breitbandausbau, wenn dafür die Straßen aufgemacht werden müssen. Wir müssen uns auch überlegen, wo man in Zukunft mehr interkommunal zusammenarbeiten kann. Und noch vieles, vieles mehr.

Wie sieht es mit bebaubaren Flächen in Oberwolfach aus?

Wir sind im Prinzip voll. Im Neubaugebiet Hoffelder III ist bereits alles weg. Die meisten Grundstücke sind in Privatbesitz. Wenn sich für uns neue Möglichkeiten auftun, müssen wir Sie auch nutzen.

Was ist ihr Rezept gegen den demografischen Wandel?

Wir können nicht mehr wachsen und haben keine Flächen, damit sich große Betriebe ansiedeln. Die Innenentwicklung wird ein Thema werden. Der Tourismus ist eigentlich der einzige Bereich, in dem sich Oberwolfach entfalten kann. Es ist wichtig, dass wir unser gutes Angebot mit der Kinderbetreuung, der Grundschule und den Firmen und Geschäften, den Vereinen halten und die Verkehrsanbindung optimieren können.

Sie sind auf der Suche nach Land?

Wir sind grundsätzlich auf der Suche nach "Land", aber auch realistisch.

Sie bauen aktuell im Ort. Wann werden Sie mit ihrer Familie nach Oberwolfach ziehen?

Voraussichtlich im späten Frühjahr wird das Haus fertig. Da wir im November noch einmal Nachwuchs bekommen, ist das Frühjahr dann für den Umzug gut machbar.

Ist Oberwolfach für Sie schon ein Zuhause?

Ich fühle mich in Oberwolfach zuhause. Ich bin hier gut aufgenommen worden und fühle mich wohl.

Fühlen Sie sich bereits im Amt angekommen?

Ich fühle mich gut im Amt angekommen. Aber das müssen die Oberwolfacher beurteilen. Bürgermeister ist kein Lehrberuf. Doch ich bekomme die Rückmeldung, dass ich ganz gut in das Amt hineinwachse.

Was hat Sie überrascht?

Schwierig zu sagen. Es gab sehr viele positive Überraschungen. Die vielen persönlichen Momente wie bei Geburtstagen, meine ersten Trauungen. Was ich neu eingeführt habe ist, dass ich auch die Familien nach der Geburt eines Kindes besuche. Ich versuche, so viele Termine wie möglich selbst zu übernehmen. Das ist ein Job, ich könnte locker 100 Stunden pro Woche voll machen. Es macht unglaublich viel Spaß. Die Bürger dürfen auch jederzeit zu mir kommen. Meine Tür ist für alle offen. Natürlich war aber auch das ein oder andere weniger schöne dabei.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Dass es in Oberwolfach auch in zehn, 20 und 30 Jahren noch ein gutes Angebot gibt und Bürger sagen: Hier lebe ich gern. Und dass man das sachliche von dem persönlichen trennt. Das ist auch die Erwartung, die ich an die Oberwolfacher habe, wenn ich hier mit meiner Familie lebe. Aber das können die Oberwolfacher.

Die Fragen stellte Arwen Möller.