Patricia Zwick hat ein FSJ bei der Awo geleistet und wurde als Fahrerin für "Essen auf Rädern" eingesetzt. Foto: Kornfeld

Fahrer für "Essen auf Rädern" gesucht. Durch Wegfall des Zivildiensts fehlen FSJler und "Bufdis".

Mittleres Kinzigtal - Seit dem Wegfall des Zivildiensts wird es für soziale Einrichtungen immer schwieriger, Helfer zu gewinnen. Derzeit sucht die Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Kinzigtal händeringend nach einem neuen Fahrer für das Essen auf Rädern.

"Unsere FSJlerin Patricia Zwick ist mit ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr fertig und beginnt nun ein Studium", erklären Ursula Fix und Dagmar Leopold von der Awo. Wie wir in der vergangenen Woche berichteten, versorgt diese seit nunmehr 20 Jahren ihre Kunden im mittleren Kinzigtal mit einem frischen, warmen Mittagessen – immer in Kooperation mit dem Wolfacher Johannes-Brenz-Heim.

Nun ist das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) von Zwick beendet, und die Awo steht vor einem Problem: Ihr fehlt ein Fahrer. "Wir hatten einen Bewerber auf die Stelle, aber der hat sich dann einfach nicht mehr gemeldet", berichtet Fix.

Junge Menschen lernen eigenständiges Arbeiten

Auch ein Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) ist bei der Awo möglich. "Früher hatten wir drei Bufdi-Stellen. Aktuell wären wir froh, wenn wir überhaupt eine besetzen könnten", sagen die Frauen. "Seit dem Ende des Zivildiensts gibt es viel, viel weniger Freiwillige, die Stellen ausfüllen könnten. Und die Arbeit mit Senioren ist weniger beliebt als beispielsweise die mit Kindern."

Dabei erfordert das Ausfahren des Essens auf Rädern nach einer intensiven Einweisungsphase eigenständiges Arbeiten – eine Erfahrung, die für den weiteren Lebensweg junger Menschen durchaus wichtig sei. Es gebe verschiedene Absprachen mit einzelnen Kunden und deren Angehörigen, auch was zu tun sei, wenn einer mal nicht die Haustür öffne. "Wir stellen das Essen nicht einfach ab, es wird abgegeben. So funktioniert der Dienst auch wie eine Art soziale Kontrolle", stellt Fix klar.

Bewerber brauchen einen Führerschein

"Viele nutzen den Bufdi als Orientierungsjahr", erklärt sie. Die meisten, die den Dienst leisten, kommen frisch von der Schule. "Sie machen in dem Jahr einen richtigen Entwicklungsschritt." Ins Programm integriert sind 15 feste Seminare und zehn Tage für Wahlseminare. Zudem ist es möglich, bei anderen Diensten vor Ort zu hospitieren und Studienfahrten zu machen.

Die Stelle ist ab 1. September frei, mit 38,5 Stunden pro Woche ausgeschrieben und sozialversicherungspflichtig. Die Eltern bekommen weiterhin Kindergeld, der Bufdi selbst 320 Euro Taschengeld – das ist die gesetzlich festgelegte Entlohnung – plus 100 Euro Zulage von der Awo. "Das Auto stellen wir zur Verfügung", sagt Fix. Wichtig ist, dass ein Bewerber über einen Führerschein verfügt. "Pünktlich und zuverlässig sollte er außerdem sein, den Rest lernt er bei uns."

Essen auf Rädern wird auch an den Wochenenden ausgeliefert. "Insgesamt ist es aber eine interessante und angenehme Zeit", sind die Frauen sich einig. Ob sie sich den Zivildienst zurückwünschen? "Ja klar", sagen sie. "Das wollen wohl alle sozialen Einrichtungen."

 Der Zivildienst galt in Deutschland als Ersatz für Militärdienstverweigerer. Die Wehrpflicht wurde 1956 eingeführt und bezeichnete die gesetzliche Pflicht männlicher deutscher Staatsbürger zur Ableistung von Wehrdienst in der Bundeswehr.

 In Deutschland konnten Männer den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen ablehnen. Anerkannte Kriegsdienstverweigerer mussten stattdessen als sogenannte Zivis in sozialen Einrichtungen, wie Altenheimen oder Krankenhäusern, arbeiten.

 Die Einsatzdauer variierte in den Jahren: 1961 waren es zwölf Monate, 1984 sogar 20 Monate und 2011 letztlich sechs Monate.

  Als Alternative zum Zivildienst war das FSJ (auch für Frauen) oder der "Andere Dienst im Ausland" (Aida) möglich.

Mit der Abschaffung der gesetzlichen Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 endete auch der Zivildienst. Zahlreiche Stellen blieben somit unbesetzt.

 Um das wegfallende Personal in sozialen Einrichtungen wieder aufzufangen, schuf die Bundesregierung den Bundesfreiwilligendienst, bei dem Frauen und Männer als sogenannte Bufdis freiwillig, gemeinnützig und unentgeltlich im sozialen, kulturellen, ökologische und sportlichen Bereich arbeiten. Die Suche nach den Bufdis oder FSJlern für die Einrichtungen, die vor 2011 noch auf Zivis setzen konnten, wird immer schwieriger.

  Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Kinzigtal bietet sowohl das FSJ als auch den Bundesfreiwilligendienst an. Informationen und Kontakt gibt es bei Ursula Fix, Telefon 07832/45 22, oder unter www.awo-ortenau.de.