Justizminister Rainer Stickelberger hofft, dass Asylverfahren bald schneller bearbeitet wetden. Foto: sb

Justizminister Rainer Stickelberger stellt sich Fragen. Sicherheit im Fokus.

Lahr - Was läuft gut bei der Flüchtlingsunterbringung in Lahr? Wo gibt es Raum für Verbesserungen? Diese Fragen haben am Donnerstag beim Besuch des Justizministers des Landes, Rainer Stickelberger, im Mittelpunkt gestanden.

Zu der Veranstaltung im gut gefüllten Treffpunkt für Behinderte und Nichtbehinderte eingeladen hatte SPD-Landtagskandidat Karl-Rainer Kopf. Ein Ziel der Diskussionsrunde sei es, bestehende Ängste abzubauen, sagte Kopf. Neben dem Justizminister waren auch Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller, Vertreter des Freundeskreises Flüchtlinge, die Ärztin Barbara Wiedemer und einige Flüchtlinge gekommen, um von ihren Erfahrungen zu berichten.

Rund 840 Flüchtlinge gebe es momentan in der Stadt, sagte OB Müller. Rund 540 seien in der Stadt selbst, also in den Hallen und in der Geroldsecker Vorstadt, untergebracht. 300 bewohnen die Container auf dem Flugplatzareal. Müller sagte, dass erfolgreiche Integration vor allem von zwei Faktoren abhänge: zum einen von der politischen Bereitschaft, die in den Lahrer Gemeinderatsfraktionen vorhanden sei. Zum anderen seien hohe  finanziellen Mittel notwendig. Die Stadt investiere pro Jahr eine Million Euro.

Hinzu komme Geld von Land und Bund. Müller unterstrich nochmals das Ziel, die Ortenau- und IBG-Hallen schnell freizubekommen, damit dort auch wieder Sport getrieben werden könne – und zwar auch von den Flüchtlingen selbst.Stickelberger habe Lahr als weltoffene und freundliche Stadt kennengelernt. Neben der Herausforderung, die Erstunterbringung zu gewährleisten, und der langfristigen Integration sei seiner Meinung nach auch die Wohnungsbaupolitik zentral in der Zukunft. "Wohnungsnot ist schon jetzt ein großes Thema." Er sagte, dass dafür neue Bauflächen geschaffen werden müssten.

Sicherheit der Unterbringungen im Fokus

Im Hinblick auf die Vorfälle am Kölner Hauptbahnhof sagte Stickelberger, dass Flüchtlinge nun nicht unter Generalverdacht gestellt werden sollten. Für die Zukunft sei es entscheidend, dass die Asyl-verfahren schneller abge-wickelt werden, damit klar ist, wer bleiben darf und wer abgeschoben werden muss. Auch die Sicherheit der Heime sei wichtig.

"Die zunehmenden Brandanschläge auf die Unterbringungen, auch in Baden-Württemberg, machen mir große Sorgen." Cosima Lipps vom Freundeskreis Flüchtlinge nahm bei ihren Ausführungen vor allem Gemeinden, Land und Bund in die Pflicht. "Wer zivilgesellschaftliches Engagement möchte, muss akzeptieren, dass dieses anders organisiert ist als Behörden. Wir brauchen Spielräume", kritisierte sie die Arbeit mit dem Landratsamt, die "nicht immer von Erfolg gekrönt" sei.

Als Beispiel nannte sie die beschwerliche Suche nach geeigneten Lagerräumen. Zudem forderte sie größere Bündnisse und Netzwerke über die Städte hinaus, um die Integration voranzutreiben. "Sonst sind unsere Bemühungen ein Tropfen auf den heißen Stein." Zur Verbesserung der Situation in der Unterbringung auf dem Flugplatzareal schlug Lipps eine Art "Herbergsvater" vor, der als ständiger Ansprechpartner für die Menschen zur Verfügung stehen könnte und auch die Organisation unter den Flüchtlingen verbessern könnte.

"Die Menschen brauchen Hilfe zur Selbsthilfe." Probleme dort seien das Fehlen richtiger Sozialräume, aber auch der Weg bis in die Stadt, der entweder zu Fuß (eine Stunde) oder mit dem öffentlichen Bus zurückgelegt werden muss. Günter Endres vom Freundeskreis kritisierte, dass in die Flüchtlingsunterbringung ursprünglich nur Menschen angesiedelt werden sollten, die bald wieder abgeschoben werden.

Nun seien aber doch hauptsächlich Syrer, Iraker und Afrikaner dort. Zudem funktioniere die Kommunikation mit den Behörden und den Flüchtlingen oft nicht. So habe es schon Fälle gegeben, wo Flüchtlinge einen positiven Bescheid bekommen hätten – davon aber gar nichts wussten.
Angst vor ansteckenden Krankheiten
ist unbegründet
Die Lahrer Ärztin Barbara Wiedemer gab einen Überblick über die ärztliche Versorgung der Flüchtlinge. So gebe es seit Dezember eine Initiative der Kreisärzteschaft, die an drei bis fünf Terminen pro Woche ihre Dienste bei der Unterbringung auf dem Flugplatzgelände anbietet. Die Hilfe verliefe unbürokratisch, auch die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt sei gut. "Die Angst vor ansteckenden Krankheiten ist auf jeden Fall unbegründet", sagte Wiedemer. Das größte Problem sei meist der Zustand der Zähne.  Psychische Probleme seien indes nur schwer festzustellen. "Traumatisierte verhalten sich eher still."