"Wer mit wem": Die Koalitionsfrage stellen sich nicht nur Winfried Kretschmann (Grüne, links) und Nils Schmid (SPD), sondern auch Vertreter der CDU und FDP. Foto: Weißbrod

Kinzigtäler bewerten Landtagswahlergebnis. Flüchtlingspolitik hat im Wahlkampf alles überlagert.

Mittleres Kinzigtal - Die Wahlen haben für schwierige Mehrheitsverhältnisse im künftigen Landtag gesorgt. Der SchwaBo hat sich im Kinzigtal umgehört, wie es nun weitergehen soll und wie das Ergebnis bewertet wird.

Trotz des Wahlsiegs der Grünen war Horst Koller am Sonntag nicht nur in Feierlaune. "Es freut mich, dass die grüne Politik eine solche Bestätigung gefunden hat, aber die Regierungsbildung wird nun schwierig", sagt der Vorstandssprecher des Ortsvereins Kinzigtal. Besonders ärgert ihn, dass die FDP mit ihren acht Prozent gleich wieder "größenwahnsinnig" werde und sich die Spitzenkandidaten der Liberalen und der CDU mit der Abwahl von Grün-Rot gebrüstet hätten. Bei der Bildung der Koalition müsse sich das Wahlergebnis nun widerspiegeln, wobei er angesichts des knappen Vorsprungs der Grünen vor der CDU bei einer Regierungsbildung zwischen diesen Parteien ein "Hauen und Stechen um Posten", aber auch um Inhalte wie beispielsweise in Sachen Bildungspolitik vorhersagt. Denn den in den Schulen eingeschlagenen Kurs möchte er auf jeden Fall fortgesetzt sehen.

"Wir wollten acht Prozent plus X holen und haben als FDP dieses Wahlziel erreicht. Aber das ist kein Grund, nun die Hände in den Schoß zu legen", sagt der Vorsitzende des FDP Ortsverbands oberes Kinzigtal/Gutachtal Hans-Jürgen Schneider zum Resultat der Liberalen. Das Gesamtergebnis der Wahl sei aber "nicht so recht befriedigen", da die Regungersbildung durch den in dieser Höhe doch überraschenden Einzug der AfD schwierig werde. Den Parteien rät er, nicht zu vergessen, was sie auch bezüglich auf mögliche Koalitionen den Bürgern im Wahlkampf gesagt hätten. Dabei hatte der FDP-Spitzenkandidat ein Dreierbündnis mit Grünen und FDP eine Absage erteilt.

Schneider : "Jede Stimme für die AfD ist eine zuviel"

Er selbst sei aber nicht immer glücklich über solche Festlegungen, da seiner Meinung nach grundsätzlich alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig sein müssten. Daher findet er es nur richtig, dass vor der Wahl eine Regierung unter Beteiligung der AfD ausgeschlossen wurde.

Dass die Rechtspopulisten im Kinzigtal unter dem Landesergebnis blieben, kann ihn gar nicht freuen. "Damit sollten wir uns nicht rühmen. Denn jede Stimme für die AfD ist eine zuviel", sagt Schneider. Ihn ärgert auch, dass die Landtagswahl zu einer Denkzettelwahl für die Flüchtlingspolitik wurde. Dabei werde dieses Thema nicht im Land, sondern in Berlin oder besser noch in Brüssel (EU) entschieden.

Die AfD hat im Kinzigtal zwar keinen Ortsverband, aber auf Facebook ist eine Seite zu finden, die sich "AfD Freunde Kinzigtal" nennt und mehr als 1400 Mitglieder zählt. Wie viele davon in Kinzigtal leben, ist allerdings unklar. Auf das Ergebnis des Wahlkreiskandidaten Thomas Seitz beziehungsweise der AfD im Kinzigtal wurde bis gestern Mittag um 12 Uhr nicht eingegangen.

Da laut der Meinung der Gruppengründer "die Hetze und Diffamierungen der Medien unvermindert weitergehen" sind hier einige Zitate zu lesen: "Diese Bagage (Anm. d. Redaktion: Politiker der etablierten Parteien) braucht dringend ein paar Jahre Arbeitslager. Die Posten in der Politik sind zu gut bezahlt." Und ein anderer AfD-Freund meint: "Trotz Diffamierungskampagnen durch die Altparteien und deren Hofberichterstatter der Lügenmedien, hat die Alternative für Deutschland AfD ein phänomenales Ergebnis der Landtagswahlen 2016 in drei Bundesländern erreicht."

Flüchtlingspolitik hat im Wahlkampf alles überlagert

Der Hornberger Ehrenvorsitzender der SPD, Hubert Ziegler, spricht mit Blick auf das Wahlergebnis von einer "großen Enttäuschung". Dabei habe es die SPD nicht nur im Kinzigtal, sondern überall "bitter getroffen". Nun sei eine genaue Analyse nötig, woran es gelegen habe. Als einen Grund nennt er die Flüchtlingspolitik, die alles überlagert hätte. Es gebe in solchen Situationen immer Leute, die Sorge hätten, etwas abgeben zu müssen, aber ihren Besitzstand wahren wollen. Die Wähler der AfD sollte man seiner Meinung nach ernst nehmen und daher schauen, was die etablierten Parteien falsch gemacht hätten. "Wir müssen da einfach besser werden", sagt der Sozialdemokrat. Er selbst ist in der Koalitionsfrage noch unentschlossen. Ob es als nächste Regierung eine Ampel geben werde, hänge vor allem von der FDP ab, die dann sicherlich einen "ordentlichen Anteil" haben wolle. Auch daher tippt er auf eine Grün-Schwarze-Regierung.

Eine solche hält auch der Wolfacher CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Ludwig (CDU) für möglich. Der Wählerwille sei ziemlich eindeutig, weshalb man wohl bei einer Regierungsbildung nicht am grünen Wahlsieger vorbeikomme. "Ministerpräsident wäre dann Kretschmann. Mir wäre zwar Wolf lieber, aber das gibt das Wahlergebnis nicht her", sagt er. Dass seine Partei bei den Wahlen so viele Stimmen verloren habe, findet er "nicht schön". Als Gründe für den "großen Erfolg" der Grünen nennt er Kretschmann, der seiner Partei viele Stimmen beschert habe. Eine große Rolle habe auch die Asylpolitik gespielt. "Die Bevölkerung hat dokumentiert, dass sie damit nicht einverstanden ist", meint Peter Ludwig.

Angesichts dieser Stimmungslage habe man fast damit rechnen müssen, dass Sandra Boser (Grüne) das Direktmandat holt. Marion Gentges habe es aber über das Ausgleichmandat ja auch in den Landtag geschafft hat. "Es ist immer gut, wenn man einen Vertreter der eigenen Partei dort als Ansprechpartner hat", findet er.