Neue Bürgerinitiative kämpft gegen geplante Tiefengeothermie am Oberrhein / Bereits 211 Mitglieder beigetreten

Von Saskia Schuh

Kehl. Um geplante Geothermie-Bohrungen zu verhindern, ist am Dienstag die "Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie im südlichen Oberrheingraben" gegründet worden. 211 Bürger aus Kehl, Willstätt, Schutterwald und Neuried sind bereits beigetreten.

"Wir wollen die Bürger mobilisieren und über die Risiken der Tiefengeothermie informieren", betonte der Kehler Stadtrat Richard Schüler, der zum Vorsitzenden der BI gewählt worden ist, auf Anfrage.

Im Fokus der Initiative steht das Geothermie-Kraftwerk, das nördlich von Neuried-Altenheim, an der Grenze zur Kehler Gemarkung, geplant ist. Zudem geht es um zwei weitere Geothermie-Projekte in Straßburg, genau gegenüber von Kehl auf der anderen Seite des Rheins.

Bei der Gründungsversammlung in der Marlener Sport- und Festhalle sind der Initiative 171 Bürger beigetreten, mittlerweile sind es bereits 211 Mitglieder, so Schüler. Viele sind zudem Gemeinde- oder Ortschaftsräte.

Die BI will die politischen Gremien von Neuried, Kehl, Schutterwald und Willstätt für den Widerstand gegen die geplanten Projekte gewinnen. Wahrscheinlich sei, dass die Bürger das Risiko der Bohrungen tragen würden. "Wir müssen uns organisieren, bevor es zu Schäden kommt", so Schüler. Gebäudeversicherung würden generell keine Schäden durch Geothermie-Bohrungen abdecken. Im Gegensatz dazu seien die Firmen, die bohren, abgesichert. Doch nicht nur Häuser und die öffentliche Infrastruktur seien gefährdet. Der Stadtrat sieht auch ein Risiko für das Grundwasser. Im Areal der geplanten Bohrungen zwischen Goldscheuer, Kittersburg und Altenheim gebe es eines der größten Trinkwasservorkommen am Oberrhein. Eine Besonderheit seien auch die Rückhaltebecken zum Schutz vor Hochwasser, die gefährdet sein könnten.

Das Projekt werde mit Steuergeldern unterstützt. "Der Bau eines Kraftwerks wird subventioniert, der eingespeiste Strom ebenso und das Schadensrisiko tragen die Bürger", so Schüler. Die Politik sehe die Geothermie jedoch als Energieform der Zukunft, die "unerschöpflich" sei und "fast nichts koste." Auch Schüler habe das Projekt anfangs weniger kritisch gesehen. Er besuchte jedoch Städte und Gemeinden, sah sich die Schäden durch Bohrungen an und sprach mit Betroffenen – vor allem sein Besuch in Landau habe zu einem Umdenken geführt. Das dortige Geothermie-Kraftwerk entnahm seit 2007 heißes Wasser von unten und leitete bei einer zweiten Bohrung kaltes Wasser zurück. 2009 wurde die Leistung nach mehreren Erdbeben gedrosselt. Nachdem sich Risse auf dem Gelände und an Häusern gebildet hatten, steht die Anlage seit März still. Die dortigen Grundstückspreise seien seitdem um 50 Prozent gefallen.

In Neuried seien Bohrungen im Gewerbegebiet geplant. Die dortigen Feinmechanikbetriebe seien durch mögliche Erschütterungen betroffen. Doch der Schadensradius liege zudem bei zehn bis zwölf Kilometern. Ein Problem seien auch die zwei Bohrungen, die in Straßburg bereits genehmigt wurden. "Da kennt man keine Bürgerbeteiligung", kritisierte Schüler.

"Die technischen Risiken sind aus Sicht der Wissenschaft noch nicht beherrschbar", betonte Schüler. Sollte es jedoch nicht gelingen die Bohrungen zu verhindern, habe die Initiative einen Plan B. Dann wolle man sich für einen Versicherungsschutz für die Betroffenen einsetzen und diese unterstützen.

Doch man lehne das Projekt nicht nur ab, sondern biete auch eine Alternative. Auf einer Bauschuttdeponie gebe es die Möglichkeit einen Solarpark zu bauen, "aus dem die gleiche Menge Energie wie aus der Erdwärme gewonnen werden könnte", so Schüler. Die BI plant nun Infoveranstaltungen in Neuried, Schutterwald, Willstätt und Kehl.