Museumsleiterin Ute Scherb (von links), Kameramann Andreas Bein, Regisseurin Tamara Spitzing und Tontechniker Markus Seifried beraten über die nächste Szene. Foto: Stadt Kehl

SWR dreht im Hanauer Museum Beitrag über Ausstellung "Zwischenzeit: Kehl 1944 – 1953"

Der SWR hat im Hanauer Museum einen Beitrag über die gemeinsame Geschichte von Straßburg und Kehl gedreht. Im Fokus des Films steht die Zeit der Evakuierung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Kehl (red/vk). Das Hanauer Museum und die Stadt sind drei Tage lang zum Filmset geworden. Denn wie die Stadtverwaltung mitteilt, hat das dreiköpfige Fernsehteam um Filmemacherin Tamara Spitzing den Beitrag vor allem mit Blick auf die aktuelle Ausstellung "Zwischenzeit: Kehl 1944 – 1953" gedreht.

Das Huhn, auf das Museums- und Archivleiterin Ute Scherb laut der ersten Regieanweisung schauen soll, ist kein echtes, sondern ein ausgestopftes in einer Vitrine – aber dennoch ein ganz besonderes Objekt: Zum einen zählt es zur seltenen Gattung der Sundheimer Hühner, die als die einzige in Baden erzüchtete Rasse gelten. Zum anderen erzählt es die Geschichte von Karl Albert Hornung aus Sundheim, der seine Heimat wie all seine Mitbürger am 23. November 1944 auf Anordnung der Nationalsozialisten verlassen musste. Hornung nahm auf die Flucht mit, was ihm am wichtigsten war: seine Familie und sein Vieh.

Geschichten von Menschen auf der Flucht

Geschichten von Menschen, die nur das Nötigste mit auf die Flucht nehmen konnten, erzählen die Ausstellungsobjekte laut der Mitteilung zuhauf – und genau daran sei auch das Filmteam interessiert gewesen. Spitzing und ihre Kollegen wollen demnach zeigen, was die Bevölkerung in der Grenzregion durchmachen musste, bevor ein vereintes Europa mit offenen Grenzen entstand.

Dazu interviewten sie nicht nur Scherb. Auch Zeitzeugen wie Helmut Schneider, der als junger Schlossergeselle in Kork die Evakuierung hautnah miterlebt hatte, wurden befragt. Franzosen, die zur damaligen Zeit in Kehl lebten, hat die SWR-Crew ebenfalls vor die Kamera geholt – allerdings schon vor zwölf Jahren. Damals war unter Spitzings Regie bereits ein Film mit dem Titel "Zwei Ufer braucht ein Fluss – die bewegende Geschichte der Grenzstädte Straßburg und Kehl" gedreht worden, der 2004 im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

"Die Ausstellung ›Zwischenzeit‹ kam wie gerufen", erklärt die Filmemacherin. "Ihr Thema bietet sich perfekt an für eine Ergänzung zu dem Film, den wir vor zwölf Jahren gemacht haben." Ausnahmezustand in Frankreich, die Grenzkontrollen auf der Europabrücke zwischen Frankreich und Deutschland – es habe sich seitdem manches geändert.

"Die Symbolik der Brücken spielt in unserem Film eine wichtige Rolle", sagt die Regisseurin. Denn die Brücken seien es, die den Zeitzeugen wie Schneider heute so viel bedeuteten: "Es war ergreifend, als wir mit ihm gesprochen haben. Er ist so froh, dass die Brücken da sind, so froh über ein vereintes Europa", erzählt sie. "Und es macht ihn so traurig, dass viele junge Menschen dieses vereinte Europa gar nicht mehr schätzen."

Besonders ergreifend findet sie neben Schneiders Geschichte auch die der vielen Kinder. Zeitzeugen hätten berichtet, dass französische und deutsche Kinder einfach unter dem Stacheldraht an der Grenze durchgekrochen seien, um miteinander zu spielen. Ganz so leicht sei es nicht gewesen, lenkt die Museumsleiterin Scherb ein: Oft seien die Kleinen auch von den Grenzpolizisten zurückgepfiffen worden.

Dreharbeiten sind eine Herausforderung

Während Scherb sich bestens mit den Orten der Geschichte und mit den dazugehörigen Ereignissen auskenne, sei das "Schauspielern" für die Historikerin Neuland gewesen. Fünf Aufnahmen habe es gebraucht, bis sie dem Kamerateam in der ersten Drehsequenz authentisch genug auf das ausgestopfte Sundheimer Huhn in der Vitrine schaute. Die erste Szene sei aber auch gleich die diffizilste gewesen, da sie eine Kamerafahrt beinhalte, erklärt die Regisseurin. Kameramann Andreas Bein zoomte dafür zunächst an den großen Teddy heran, schob die Kamera dann behutsamen Schrittes an der Vitrine entlang und machte schließlich Halt, um die Linse auf die Ecke zu richten, aus der Scherb anschließend hervortreten sollte.

"Gar nicht so leicht", findet Scherb. Wie aus der Mitteilung weiter hervorgeht, sind die Interviews mit der Archivleiterin und den Zeitzeugen der Hauptteil der 45-minütigen Sendung, die am Sonntag, 9. Oktober, um 20.15 Uhr im SWR-Fernsehen ausgestrahlt werden soll. Scherb freut sich, dass ihre Ausstellung über die Zeit der Evakuierung nach dem Zweiten Weltkrieg einen solch prominenten Sendeplatz bekommt: "Das ist ein Teil der Geschichte, der in den Lehrbüchern viel zu kurz kommt", sind sie und die Filmemacherin sich einig.

INFO

Öffnungszeiten der Ausstellung

> Die Ausstellung "Zwischenzeit: Kehl von 1944 – 1953" ist noch bis zum 27. November immer donnerstags, freitags und sonntags jeweils von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

> Führungen in deutscher Sprache mit Ute Scherb finden statt am Donnerstag, 8. September, 13 Uhr, Sonntag, 23. Oktober, 11 Uhr, Donnerstag, 17. November, 15 Uhr, Freitag, 25. November, 13 Uhr, und am Sonntag, 27. November, 15 Uhr.

> Führungen in französischer Sprache finden statt am Sonntag, 28. August, 14 Uhr, Sonntag, 11. September, 14 Uhr, Sonntag, 23. Oktober, 14 Uhr, Sonntag, 20. November, 14 Uhr.

> Führungen und Workshops für Schulklassen können außerdem vereinbart werden unter Telefon 07851/7 87 83 oder per E-Mail an u.scherb@stadt-kehl.de.