An den abgestorbenen Ästen und lichten Kronen kann auch der Laie erkennen, dass die Bäume krank sind. Foto: Stadt

Kehler Förster kämpfen um bedrohte Bäume in ihrem Revier. Spaziergänger sollen auf Wegen bleiben.

Kehl - 770 Hektar Fläche umfasst der Kehler Stadtwald, 210 Hektar davon (27 Prozent) sind Eschenbestände. 2007 haben die Förster Markus Gutmann und Joachim Hass die ersten Anzeichen dafür entdeckt, dass das bundesweit auftretende Eschentriebsterben Kehl erreicht hat. Seither hat sich der Zustand der Eschen im Stadtwald "deutlich verschlechtert".

Um zu verhindern, dass vor allem der Korker Wald künftig erhebliche Lücken aufweist, gibt es für die Fachleute nur eine Möglichkeit: Durch die Naturverjüngung nachwachsende Bäumchen müssen die Chance erhalten, sich entwickeln zu können. Das allerdings könne nur dann gelingen, wenn der Rehwildbestand – und damit der Verbiss – stark verringert wird, erklärten Markus Gutmann, Joachim Hass und Insa Espig vom Bereich Umwelt der Stadt Kehl bei einer Begehung des Korker Walds.

"Diese Dimension haben wir bisher nicht gekannt", stimmte Hass auf die Waldbegehung ein: Die Auswirkungen des Eschentriebsterbens auf den Stadtwald seien viel größer als die des Orkans Lothar und auch als die des Baumsterbens in den 1980er-Jahren. Wirtschaftlich betrachtet, bedeute dies, dass "unter den bisherigen Rahmenbedingungen ein Defizit unvermeidbar" sei, ergänzte Gutmann. Bislang hatte der Kehler Gemeinderat die Vorgabe gemacht, möglichst eine "schwarze Null" zu schreiben. Das hatte bedeutet, dass die Erlöse aus dem Holzverkauf für die Naherholung, die Pflege und die Aufforstung verwendet werden konnten.

Vor 40 bis 50 Jahren seien im Kehler Stadtwald ganz massiv Eschen gepflanzt worden, weil die Esche eigentlich ein für diesen Standort besonders geeigneter Baum gewesen sei. Gerade jüngere Bäume seien vom Eschentriebsterben besonders betroffen, führten die Förster aus – ihr Holz sei häufig nur für die Stielherstellung oder als Brennholz zu verwenden. Im Bereich des Waldhüttenwegs im Korker Wald zeigten die Förster stark befallene Eschen: Lichte Kronen und abgestorbene Äste lassen auch den Laien erkennen, dass die Bäume krank sind.

280 Hektar des Kehler Stadtwalds sind von Eschen dominiert, was bedeutet, dass die Eschen dort mehr als 40 Prozent der Bäume ausmachen. Erfahrungen aus anderen Bundesländern und auch Kommunen aus dem Ortenaukreis zeigen, dass nur einzelne Bäume eine Resistenz gegen den Pilz entwickeln, der über die Blattansatznaben eindringt "und ihnen den Saft abstellt", wie es Hass formulierte. Der Umgang mit den kranken Eschen stellt die Förster vor mehrere Probleme: Werden die erkrankten Eschen aus den Mischbeständen entfernt, können dort keine Pflanzen aus Baumschulen ausgebracht werden, weil diese viel Licht gewohnt sind und deshalb im Schatten der Eichen und Buchen nicht gedeihen. Die Lücken, die das Fällen der Eschen reißt, können nur durch Naturverjüngung geschlossen werden, die sich auch an schattigen Stellen entwickelt.

Aufgrund des hohen Wildbestands im Kehler Stadtwald habe die Naturverjüngung allerdings nur dort eine Chance, wo das Rehwild deutlich dezimiert werde, waren sich die Fachleute einig. Würden die Abschusszahlen nicht – über ein paar Jahre hinweg – verdoppelt bis verdreifacht, müssten die Bestände zu ihrem Schutz eingezäunt werden. Zäune sind nicht nur teuer (zwei Drittel der Kosten trägt der Jagdpächter), sie müssen auch in kurzen Abständen kontrolliert werden und schränken den Lebensraum des Wilds ein. Herabstürzende Äste oder bei Gewitterstürmen umstürzende Bäume beschädigen die Einfriedungen so, dass Rehe wieder eindringen können. Um die Naturverjüngung auf den durch das Eschentriebsterben lückenhaft werdenden Flächen schützen können, müssten in den kommenden zehn Jahren etwa 60 Hektar Fläche im Kehler Wald eingezäunt werden, rechnete Hass vor. Jedes Jahr müssten dafür etwa 20 Kilometer Zaun gezogen werden: "Das ist nicht machbar." Bei günstig zugeschnittenen Waldflächen koste die Einfriedung von zehn Hektar Wald etwa 35 000 Euro.

Wollte man für die ausfallenden Eschen Bäume aus Baumschulen nachpflanzen, müssten ganze Waldflächen freigeräumt, also auch gesunde Eichen, Buchen oder Ahorn-Bäume gefällt werden. Nur dann bekämen die Jungpflanzen, deren Stämmchen durch Plastikhüllen zu schützen wären, ausreichend Licht. Ein solches Vorgehen wäre nicht nur teuer – "so viele Pflanzen wie wir bräuchten, sind auf dem Markt überhaupt nicht verfügbar", erklärte Espig den Waldbesuchern.

Waldarbeiter schweben immer in der Gefahr, dass Bäume unvermittelt umfallen

Die Vertreter der Jäger wehrten sich gegen die Forderung, dass mehr Rehwild geschossen werden müsse. Sie hätten bereits einen Beitrag geleistet und die Fütterung der Tiere eingestellt. Dass dies nicht ausreiche, versuchte Gutmann an einem Beispiel zu verdeutlichen: Auf Zierolshofener Gemarkung führte er eine Fläche vor, auf der die Naturverjüngung zwischen vielen alten Eichen beispielhaft gedeiht. Der Jagdpächter halte die vorgegebenen Abschusszahlen ein. Hass ergänzte, dass auch im Staatswald die vorübergehende Erhöhung der Abschusszahlen die gewünschten Ergebnisse für die Naturverjüngung erbracht habe.

Die Arbeit in den Waldbeständen mit den kranken Eschen kann für die Waldarbeiter zur tödlichen Gefahr werden: Weil der Pilz, der das Eschentriebsterben verursacht, auch die Baumrinde angreift, kann dort der Hallimasch eindringen und das Holz zersetzen. Betroffene Eschen stürzen unvermittelt um. Spaziergänger im Wald sollten auf den Waldwegen bleiben, mahnte Gutmann. Entlang von Straßen kontrollieren die Forstmitarbeiter die Bäume im halbjährlichen Rhythmus und fällen alle Eschen, die eine Gefahr darstellen könnten, unverzüglich. Deshalb müssten sich die Waldbesucher daran gewöhnen, dass künftig das ganze Jahr über – nicht nur im Winter – Bäume gefällt werden. "Sonst ist das nicht zu bewältigen", betonen die Experten.

Obwohl durch das Eschentriebsterben auch das ganze Jahr über Brennholz anfällt, werde dieses weiterhin in den zwei Wochen vor Weihnachten vergeben, erklärte Gutmann. Mehrere Vergabetermine während des Jahres sind aus Sicht der Experten nicht sinnvoll, da es gemeinsames Ziel aller Beteiligten sei, die Aktivität im Wald auf einen möglichst kurzen Zeitraum zu reduzieren.