Bernd Wiegele (von links) sprach mit Frank-Jürgen Weise und Peter Weiß über das Projekt GPEC und seine Erfahrungen mit den jungen Elsässern. Foto: Deckert Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei den Badischen Stahlwerken gibt es ein neues Projekt, um elsässische Jugendliche dual auszubilden

Von Sabrina Deckert

Kehl. Im Elsass sind 22 Prozent der unter 25-Jährigen arbeitslos. Im Ortenaukreis wollen die Firmen dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel entgegentreten. Frank-Jürgen Weise, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, hat sich ein Pilotprojekt der Badischen Stahlwerke in Kehl angeschaut, mit dem beide Probleme gelöst werden könnten.

"Wir müssen in Europa allesamt dafür sorgen, dass Jugendliche für das Berufsleben qualifiziert werden." Mit diesen Worten eröffnete Peter Weiß, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Lahr-Emmendingen, die Gesprächsrunde in Kehl. Weise war auf seine Einladung hin in die Hafenstadt am Rhein gekommen, um bei der Firma BSW Anlagenbau und Ausbildung der Badischen Stahlwerke (BAG) einen Blick auf das Projekt GPEC zu werfen. Dahinter verbirgt sich der komplizierte Name "Vorausschauende Planung von Beschäftigung und beruflichen Kompetenzen/Gestion Prévision-nelle des Emplois et des Compétences".

Das ist ein Qualifizierungsmodell für junge Elsässer mit einer angeschlossenen dualen Ausbildung – alles auf deutschem Boden. Das Projekt ist in zwei Phasen unterteilt: die einjährige Einstiegsqualifizierung und die dreieinhalbjährige Berufsausbildung zum Industrie- oder Verfahrensmechaniker. Die ersten drei, Pierre Kurtz, Kévin Lerdung und Mahmut Bolukbasi, starten Mitte September in die zweite Phase. Dann beginnen acht Neue mit der ersten Phase. Darunter sind auch Elsässer, die später ihre Ausbildung nicht bei der BAG machen, wohl aber dort für ihre eigentlichen Ausbilder qualifiziert werden.

Wie sieht das aus? Zuerst machen sich die französischen Partner des Projekts, also die Verantwortlichen des Maison de l’Emploi, der Mission Locale und der Région Alsace sowie mehrere Sozialpädagogen auf den Weg in den Kehler Hafen und schauen sich die Unternehmen dort an. Sie sprechen mit Angestellten und Grenzgängern. Dann veranstaltet Mission Locale einen Abend unter dem Motto "Leben und Arbeiten in Deutschland" zu dem alle Jugendlichen unter 25 Jahren eingeladen sind, die bei der Mission eingeschrieben sind. Diejenigen, die Interesse an einer Ausbildung in Deutschland bekunden, werden auf Herz und Nieren getestet: Wie hoch ist ihre Motivation? Wie gut sind ihre Deutschkenntnisse? Kommen sie mit der anderen Mentalität im Nachbarland klar?

Nach dem Praktikum beginnt die Einstiegsqualifizierung

Wenn das alles passt, können die jungen Menschen ein Kurzzeitpraktikum in der Firma machen, in der sie später arbeiten werden. Sind beide Seiten danach miteinander einverstanden, beginnt die Einstiegsqualifizierung. Das heißt, die angehenden Azubis bekommen Deutschunterricht und können auch in die Werkstätten schnuppern, kleine Aufgaben übernehmen und sollen so parallel die Sprache lernen und erste Erfahrungen im Betrieb sammeln. Knapp ein Jahr später beginnt dann die Ausbildung.

Die drei Elsässer Kurtz, Lerdung und Bolukbasi, waren, als sie vor einem Jahr angefangen haben, nicht auf dem selben Stand was ihre Kenntnisse in Deutsch betrifft. Das ist Teil der Idee: Sie sollen einander motivieren, sich gegenseitig nach oben ziehen und unterstützen.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit zeigte sich beeindruckt von dem Projekt. "Das hier ist ein ›Labor‹, in dem wir ausprobieren, inwieweit die rechtlichen Rahmenbedingungen passen, in dem wir Erfahrungen sammeln", fasst Weise zusammen. "Dann müssen wir sie noch duplizieren." Es geht in diesem Fall nicht darum, "typisch deutsch nach Zertifikat und Qualifizierung" junge Menschen auszuwählen, sondern nach Kompetenz und Motivation. "Das hier ist ein angenehm positives Beispiel", lobte Weise. "Und mit diesem Projekt leisten wir einen kleinen Beitrag für die Berufsperspektive junger Menschen in Frankreich", ergänzte Bundestagsabgeordneter Weiß. "Alles was noch fehlt, sind die notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen für die Hilfe beim Austüfteln der Details, bei der Suche nach geeigneten Stellen."

Generell, das berichtete BAG-Chef Bernd Wiegele, gebe es immer weniger Grenzgänger. Das liegt, so Weiß, unter anderem auch an den Ansprüchen der deutschen Firmen. "Früher gab es im Ortenaukreis viele Elsässer, die als Hilfsarbeiter an den Maschinen tätig waren", erinnert sich der Politiker. Das sei beispielsweise bei der BAG mit 92 Prozent Facharbeitern, gar nicht mehr möglich. Aber, in Anbetracht des demografischen Wandels und dem drohenden Fachkräftemangel, müsse jeder Arbeitgeber einen Blick ins Elsass werfen. "Dass das nicht jeder Handwerker alleine stemmen kann, ist klar", erklärte Weiß. Denn: Die Formalitäten für einen nicht-deutschen Azubi sind aufwendig. Das geht bei der Versicherung los. Hilfe für Unternehmen, die sich gerne dem Projekt anschließen oder einen Lehrling aus dem Elsass bei sich einstellen möchten, gibt es bei der Agentur für Arbeit in Offenburg.