Der Hornberger Bärenplatz ist der Lieblingsort von Siegfried Scheffold. Foto: Gräff

Hornbergs Bürgermeister ist 40 Jahre im öffentlichen Dienst. Gravierende Veränderungen erlebt. Mit Interview

Hornberg - Er hat die Verwaltungsarbeit von der Pike auf gelernt. Hornbergs Bürgermeister Siegfried Scheffold blickt nun auf 40 Jahre im öffentlichen Dienst zurück. Und hat viele gravierende Veränderungen erlebt, aber auch spannende und lustige Begebenheiten. Im Gespräch mit dem SchwaBo blickt Scheffold auf die Zeit zurück.

Verwaltungsbeamter, das suggeriert der 1960er-Generation muffige Büros, mit Aktenbergen gefüllte Schreibtische und mittendrin der griesgrämige Beamte.

Das war in der Tat auch einmal so. Als ich die Ausbildung begonnen habe, saß in den Ämtern und in den Führungsebenen noch die Kriegsgeneration, die natürlich bei Weitem nicht die Qualifikation aufweisen konnte, wie sie heute gefordert wird. Im Gegensatz zu Gesellschaft und Wirtschaft hatte sich die öffentliche Verwaltung in der Nachkriegszeit strukturell kaum verändert.

Und das hat Sie nicht abgeschreckt?

Im Gegenteil. Ich habe während meiner Ausbildung im gehobenen Verwaltungsdienst beim Landratsamt Freudenstadt und in Waldachtal als Praktikant die Arbeit in der Verwaltung von der Pike auf kennengelernt. Und das war für mich sehr wichtig, denn das Praktikum half mir, meine Berufsauswahl treffen zu können.

Dann kamen Sie nach Waldachtal, das klingt nach verstaubten Amtsstuben...

Es war hier nicht anders als in anderen Rathäusern. Natürlich ging es da schon ländlicher zu. Allerdings war das auch die Zeit der Verwaltungs- und Gebietsreform. Es entwickelte sich ein wachsender Reformdruck in Verwaltungssachen. Und diesen Umbruch habe ich miterlebt.

Sie erwähnten im Vorgespräch, dass Sie da auch kuriose Erlebnisse hatten...

Aus heutiger Sicht schon (lacht). Wir haben damals beispielsweise Wühlmausprämien ausbezahlt. Daran erinnere ich mich und muss immer noch schmunzeln.

Was war denn das?

Das war zu der Zeit, als es zu viele Wühlmäuse gab. Dann kamen die Menschen in die Amtsstube und brachten ein Gefäß mit Wühlmausschwänzen von Tieren, die sie vorher gefangen hatten. Und pro Schwanz haben wir eine Prämie von 20 Pfennig bezahlt. Ansonsten hat mir das Praktikum sehr viel gebracht.

Und dann ging es vom Schwäbischen ins Badische?

Ja, und zwar nach Kehl auf die Hochschule für öffentliche Verwaltung. Da habe ich dann 1980 meinen ganz ordentlichen Abschluss gemacht. Übrigens bin ich in Reinerzau – also im Schwäbischen – aufgewachsen und seit meinem Studium lebe ich in Baden.

Und haben es nicht bereut?

Nein, es ist wunderschön hier. Ich liebe die Menschen, das Klima, die Natur und genieße das Essen. Seit 1983 bin ich in Wolfach verheiratet, wir haben dort unser Haus gebaut und unsere drei Kinder großgezogen. Ich bin in meiner Jugend sehr viel gereist, aber der Schwarzwald ist und bleibt die Region, in der ich mich wohlfühle.

Nach Ihrem Studium sind Sie dann nach Wolfach gekommen?

Richtig, zu der Zeit war übrigens Hans Peter Züfle dort Bürgermeister, und dieser war zu Zeiten meiner Lehrzeit beim Landratsamt Freudenstadt mein Ausbilder.

Was waren Ihre Tätigkeiten in Wolfach?

Ich habe da noch weitere Qualifikationen durchlaufen, unter anderem die des Standesbeamten. Und 1985 wurde ich dann Hauptamtsleiter.

Was waren Ihre spannendsten Tätigkeiten?

Zweifellos die Zeit, als Wolfach die Tunnelumfahrung bekam. Hier öffneten sich ja nun für die Stadt wunderbare Möglichkeiten, ihre Innenstadt zu sanieren und das Stadtbild neu zu gestalten.

Und diese Erfahrungen konnten Sie dann später als Hornberger Bürgermeister in die Stadt einbringen?

Das sicherlich. Das hat gepasst. Hornberg hat da die selbe Entwicklung mitgemacht wie Wolfach. Und Stadtsanierung ist mein Steckenpferd. Aber mein erster Berufswunsch war nicht, Bürgermeister zu werden. Mir haben die allgemeine Verwaltungstätigkeit und die Kommunalpolitik Spaß gemacht. Nur als ich dann 40 Jahre alt geworden bin, habe ich doch gespürt, dass ich noch etwas Neues machen will.

Sie sagten, dass die Verwaltung große Veränderungen mitgemacht hat. Können Sie Beispiele nennen?

Ja da ist beispielsweise die Datenverarbeitung. Anfangs waren es noch mechanische Schreibmaschinen, dann kamen elektrische.

Die Arbeit mit EDV habe ich zum ersten Mal in der Verwaltung in Baden-Baden erlebt, die arbeiteten mit Lochkarten. Anschließend tauchten die Nixdorf-PCs auf, und in den 1990-erJahren standen dann die ersten Personal-Computer auf unseren Schreibtischen.

Und wie sieht es mit dem Personal aus?

Das ist heute – im Gegensatz zu früher– ohne Ausnahme qualifiziert und sehr gut ausgebildet. Es ist übrigens auch nicht anders mehr machbar, denn die Vorschriftenflut hat enorm zugenommen.

Ein schwieriges Phänomen, welches uns viel Kraft und Freude kostet. Es macht das Leben unnötig schwer und dann erlebe ich auch oft genug das Unverständnis der Bürger über die unerträgliche Überregulierung.

Heißt das, dass Landratsamt und Regierungspräsidium bei den Kommunen ein Auge auf alles werfen?

Es war noch nie, dass wir so autonom entscheiden konnten wie heute. Durch die Qualifizierung des Fachpersonals haben wir heute viel mehr freie Hand. Beide Behörden sind eher beratender und unterstützender Partner, die kommunale Selbstverwaltung wird respektiert.

Im Hornberger Rathaus arbeiten sehr viele Frauen. Wie war das früher?

In der Tat, über 70 Prozent sind Frauen, wir sind gerade mal vier Männer hier. Das hat sich übrigens auch geändert, früher waren die Amtsstuben und überhaupt die Verwaltung eine reine Männerdomäne.

Was gefällt Ihnen nicht an der heutigen Verwaltungsarbeit?

Dass seit Einführung des Internets um das Jahr 2000 die Flut an Infos immer größer wird, die Taktfrequenz hat enorm zugenommen. Früher wurde alles per Brief erledigt, dafür hatten wir mehr Zeit als heute, wo am Besten alles sofort beantwortet werden muss.

Was hat Ihnen besser gefallen, die Arbeit als Hauptamtsleiter oder ist die des Bürgermeisters besser?

Als Hauptamtsleiter war ich immer im Rathaus, sehr stark in der Verwaltung engagiert und prozessorientiert. Als Bürgermeister kann ich nun ein stückweit Impulse setzen, ich komme viel mehr mit Menschen zusammen und repräsentiere die Stadt auch auswärts.

Würden Sie noch einmal etwas Neues wagen?

Ich bin glücklich mit der Berufswahl und mit Hornberg, das kann ich nach 40 Jahren im öffentlichen Dienst schon sagen.