Blick durch eines der Augenlöcher der Maske. Foto: Schwarzwälder-Bote

"Eine schöne Zeit": SchwaBo-Redakteur Eckhard Gräff hat die Fasnet aus Sicht des Hästrägers erlebt.

Ich glaube, ich habe noch keine Fasnet erlebt, die so schnell wieder vorbei war. Für mich ist die närrische Zeit in diesem Jahr ja auch eine Premiere gewesen: Erstmals bin ich als Umzugsteilnehmer in einem Häs mit Maske mitgelaufen. Darum hatte ich mir sicherheitshalber Seelbach erst einmal als "Teststrecke" ausgesucht. Schließlich will ich mich beim Umzug in Hornberg ja nicht blamieren.

Was mir als erstes auffällt, als ich mit dem Auto in fast voller "Montur" in Seelbach eintreffe, ist die Freundlichkeit der Ordnungshüter gegenüber einem Hästräger. "Park dort hinten ein, und viel Spaß beim Umzug", sagt mir einer von der Feuerwehr. "Viel Spaß", wünscht mir auch ein Polizist, den ich nach dem Weg zum Aufstellungsort für den Umzug frage.

Dann treffe ich auf einige Bühlersteiner Hexen aus Gutach, denen schließe ich mich einfach an. Das "Hallo" ist groß, als ich dann auf meine Teufelsgruppe stoße. Wir lachen viel und ich bekomme einige Tipps, bevor es zum Aufstellplatz geht. Ich bin ziemlich aufgeregt und blicke alle Nase lang auf meine Uhr. Dann geht es los: "Maske runter", ruft MaskenträgerObmann Maurizio. Dieses Kommando werde ich in den nächsten Wochen noch öfters hören. Ich atme tief durch, ziehe meine Brille aus und streife die Maske über das Gesicht.

Los gehts: Ich konzentriere mich ganz auf meinen Vordermann: "Pass auf, dass Du nicht auf ihn drauf rummst, wenn er stehenbleibt", war ein guter Ratschlag. Ziemlich eng ist es unter der Maske, und zunehmend wird es wärmer darunter. Um mich herum höre ich immer wieder "Narri-Narro", und erst nach einer ganzen Weile traue ich mich, mitzurufen. "Das klingt vielleicht komisch unter der Maske", denk ich.

Das Spieltempo der Musiker ist enorm

Und langsam komme ich aus der Puste, die Musiker vor uns kennen wohl keine Pause. Fast ununterbrochen müssen wir den Teufelsspung machen. Nach ein paar Kurven – ich hab schon lange kein Zeitgefühl mehr – ist es geschafft: Ich klappe die Maske nach oben und atme erst einmal tief durch.

Dann erfahre ich: "Die Musiker aus Niedwasser haben uns heute ganz schön eingeheizt", sagt Hästräger Phillipp. Die Hornberger Stadtmusiker seien da humaner. Glücklich fahre ich an diesem Tag nach Hause, die Premiere ist gelungen. Erst am nächsten Morgen beim Aufstehen merke ich: Das Springen hat einen schmerzhaften Muskelkater in meinem linken Oberschenkel hinterlassen.

Trotzdem hat mich der Narrenvirus gepackt, ich hätte es nicht für möglich gehalten. So oft es der Dienst zulässt, bin ich jetzt dabei. Sei es beim Großen Hörnerball, bei der Fasnet in Betonien oder beim Großen Zunftabend: Die Einmärsche sind für mich persönliches Pflichtprogramm. Längst habe ich vergessen, dass ich ja einst vom Narrenzunftgericht dazu verurteilt wurde, nur beim Umzug in Hornberg mitzulaufen.

Und jedesmal stelle ich erneut fest: Hästräger, egal von welcher Zunft, sind schon ein tolles Team. Der Umzug in Hornberg am Fasnetssonntag ist nun fast schon "Routine". Aufstellen, Brille ab, durchatmen, Maske runter, und los gehts. Jetzt treibe ich sogar mit den Zuschauern etwas Schabernack. Dabei habe ich aber ein Problem: Ohne Brille sehe ich ziemlich schlecht, wen ich da gerade ärgere. Aber dann blicke ich plötzlich in die Augen eines völlig verängstigten Kindes. Am liebsten hätte ich jetzt kurz die Maske abgenommen, um dem Kleinen zu zeigen: "Hab keine Angst, es ist nur eine Maske." Aber das darf man ja nicht.

Dann wird es aber nochmal spannend: Gelbe Plasikhexen "entführen" mich in ihr Hauptquartier. Dort bekomme ich als Dankeschön "für die sensationelle Berichterstattung" über sie – deswegen wurde ich ja verurteilt – eine Ehrenurkunde und eine kleine Hexenmaske überreicht. Ein herrlicher Spaß. Am Dienstag war nun Endspurt. Noch einmal dabeisein, beim Kinderumzug mitlaufen und in die Holzwurmhalle, die mir inzwischen richtig ans Herz gewachsen ist, einziehen: Wir drehen alle nochmal auf. So richtig schwer ums Herz ist mir dann, als wir am Abend im Fackelzug zur Hexenverbrennung schreiten.

Plötzlich habe ich einen Klos im Hals

Und als die Fasnetsfiguren lichterloh brennen, hab ich einen Klos im Hals.

Es ist doch ein völlig anderes Gefühl, die Fasnet einmal aus Sicht des Hästrägers zu erleben, man freut sich mit und man leidet mit, ziehe ich Bilanz. Als Berichterstatter steht man dem Geschehen viel distanzierter gegenüber. Am Abend im "Tannhäuser" werde ich von Zunftmeister Uwe Faller und allen Hästrägern freigesprochen. Und dann ist alles vorbei, der Alltag hat wieder Einzug gehalten. Bald muss ich das Häs abgeben, das war’s dann.

Aber ich hatte eine Fasnetszeit, die ich nie vergesse. Nur: An das Scheppern der "Kuhglocken" hab ich mich nicht gewöhnt.

Epilog

Irgendwie hab ich in der vergangenen Nacht nicht einschlafen können: Immer wieder höre ich ein leises "Narri". Es erinnert mich an den Fasnetsausklang im "Tannhäuser", nur war es da lauter. "Die überreizten Nerven spielen mir einen Streich", denke ich und befehle meinem Körper: "Ruhe jetzt." Doch da ist es wieder, das "Narri" und dann ein leises Lachen. Ich muss wohl schon träumen, trotzdem frage ich brummig: "Was soll das, wer lacht da?" Wieder die leise Stimme: "Ich bins, dein kleiner Narrenvirus, und ich sitze jetzt in Dir drin." "Ach nee, aber die Fasnet ist vorbei, schön war’s, ich will nichts mehr von Dir wissen, ausserdem will ich jetzt schlafen." "Das tue ich nun auch", sagt die leise Stimme, "aber wenn die Zeit gekommen ist, werde ich mich wieder bei Dir melden." "Von mir aus, und Narri", sage ich und drehe mich um. "Narro", antwortet mein Virus leise.