Bärbl Mielich (Zweite von rechts) war auf Einladung Sandra Bosers (rechts) nach Hausach gekommen. Dort traf sie Vertreter aus den Gemeinden, der Pflege, Ärzte und Hebammen. Foto: Reinhard

Diskussion über Möglichkeiten für stabile und umfassende Versorgung in der Region

Es war ein Treffen, bei dem nicht nur Probleme in der gesundheitlichen Versorgung angesprochen wurden. Bei dem Besuch von Staatssekretärin Bärbl Mielich in Hausach taten sich gerade in der Hebammenproblematik neue Wege auf.

Mittleres Kinzigtal/Hausach. Mielich als gesundheitspolitische Fraktionssprecherin der Grünen im Landtag war auf Einladung der Grünen-Landtagsabgeordneten Sandra Boser in die Gesundheitswelt in Hausach gekommen. Dort wollte sie mit Vertretern aus den Kinzigtäler Gemeinden, der Pflege sowie Ärzten und Hebammen Möglichkeiten für eine stabile und umfassende Gesundheitsversorgung in der Region erörtern.

Doppelstruktur

Mielich nahm das Netzwerk Gesundes Kinzigtal, dessen Entstehung sie längere Zeit begleitet hatte, als Beispiel für eine Vision. Das Thema der medizinischen Versorgung sei eins, "das ohne Visionen heute nicht mehr auskommt", sagte sie. "Wir müssen neue Wege denken und neue Wege gehen." Ein Problem seien die immer noch getrennten Abrechnungssysteme im stationären und ambulanten Sektor. "Das ist eine Doppelstruktur, die wir uns nicht leisten können", meinte Mielich. Gleiches gelte dafür, dass das Land immer noch sehr arztzentriert sei. Angesichts der Tatsache, dass immer weniger Medizinstudenten später Arzt werden, plädierte Mielich für eine interdisziplinäre medizinische Versorgung.

Digitalisierung

Ein Modellprojekt in Richtung Digitalisierung bei Notfällen werde derzeit in Schwaben erprobt. Dabei werde die Erstanamnese per Smartphone oder I-Pad vorgenommen, eine Hotline übernehme der Erstkontakt. Das Konzept werde in der Schweiz schon erfolgreich angewandt, so Mielich. "Die Idee finde ich ganz toll, in der Praxis aber schwierig", meinte Jürgen Gerhardt vom Patientenbeirat von Gesundes Kinzigtal. Skype und andere moderne Medien seien vielen, gerade älteren Menschen unbekannt.

Ärztemangel

"Der Punkt ist doch eher: Warum gehen nicht mehr Ärzte aufs Land?", stellte Ute Busch, Ärztin aus Wolfach, in den Raum. Sie vermutete den Grund in der "überbordenden Bürokratie". Fischerbachs Bürgermeister Thomas Schneider erwähnte, dass auch in den Städten Ärztemangel herrsche. Er fragte sich, warum angesichts der zu wenigen Mediziner die Ausbildungskapazitäten nicht erhöht würden. In diesem Zusammenhang erwähnte Mielich, dass in einigen Regionen Studienanfänger sich mit einem Stipendium verpflichten, später eine bestimmte Zeit als Landarzt zu arbeiten. "Das diskutieren wir gerade, aber wir sind uns nicht einig, ob das eine gute Idee ist", sagte sie.

Hebammenmangel

Einen Großteil der Diskussion nahm das Thema Hebammenversorgung im Kinzigtal ein. Stellvertretend für diese Berufsgruppe waren Renate Darrmann als Vorsitzende des Kreisverbands der Hebammen und Stefanie Dittrich gekommen. Dittrich arbeitet seit vier Monaten in Fischerbach als Hebamme. Boser fragte sich, wie die Unterversorgung mit Geburtshelferinnen entstehen konnte, widerspreche sie doch dem wirtschaftlichen Gesetz des Angebots und der Nachfrage. "Wir hatten immer eine Sonderstellung, denn wir gehen von einem gesunden Aspekt aus und haben keine pathologische Sichtweise", erklärte Darmann. Sie wünsche sich, dass ihre Arbeit mehr wertgeschätzt werde und betonte, dass die Kommunen etwas für sie tun müssten, denn: "Auf den Bund können wir uns ja nicht mehr verlassen." Auf die Frage, wie sich bisher ihre Arbeit gestalte, erklärte Dittrich, dass sie bereits bemerkt habe, dass im Kinzigtal großer Hebammenmangel herrsche. Ihr Terminkalender sei bis Januar voll.

Lange Fahrten

Als problematisch bezeichnete sie die langen Fahrten zu den Frauen. "Je nach Länge der Anfahrt kann ich vormittags manchmal nur zwei werdende Mütter betreuen", bedauerte sie. Sie wünsche sich vor allem eine bessere Vernetzung mit Gynäkologen. "Ich würde gerne mehr mit ihnen zusammenarbeiten, bekomme von vielen Frauen aber das Feedback, dass ihr Frauenarzt das nicht wünscht", berichtete sie. Helmut Hildebrandt, Geschäftsführer von Gesundes Kinzigtal, ergriff in diesem Moment das Wort und verwies auf einen Gynäkologen, von dem er wusste, dass dieser eine Hebamme sucht, mit der arbeiten kann. Dieser habe sogar noch einen Raum in der Praxis frei.

Familienzentrum

Das freute Dittrich sehr. Sie fügte der Liste ihrer Wünsche noch hinzu, dass es ihr großer Traum sei, Kolleginnen dazu zu gewinnen und mit ihnen eine Praxis zu eröffnen. Boser spielte in diesem Zusammenhang den Ball an die Bürgermeister und fragte sie, ob sie sich eine Art Familienzentrum vorstellen könnten. Schneider erwähnte das geplante Mehrgenerationenhaus in Fischerbach und Oberwolfachs Schultes Matthias Bauernfeind, dass es in seiner Gemeinde ähnliche Überlegungen in Bezug auf den Kindergarten gegeben habe. "Wir sind gerne bereit, unseren Teil zu leisten", sagte er. Auch Gesundes Kinzigtal erklärte sich bereit, zu kooperieren. Von Seiten der Bürgermeister kam ebenfalls eine positive Rückmeldung. "Wir haben einen starken Bürgermeistersprengel. Wenn wir das im Verbund machen, hat das noch mehr Gewicht", sagte Eckert.

Über das Thema Pflege will Mielich mit den Vertretern bei einem gesonderten Termin sprechen.