Die Chöre gingen begeistert mit und beim Schlusslied "O Lord, I’m on my way" brachten alle Beteiligten die Hausacher Stadthalle, wenn nicht zum Beben, so doch zum gepflegten Grooven. Foto: Dorn

Musiker und Profisänger gedenken des beliebten Hausacher Musiklehrer Peter Lohmann

Geschichten aus dem "Lohmann-Universum" haben die Gäste am Samstag in der bis auf den letzten Platz besetzten Hausacher Stadthalle präsentiert bekommen. Das Eingangslied war gleichsam Programm des Konzerts zur Erinnerung an den verstorbenen Peter Lohmann.

Hausach. "O Fortuna": Mit dem Lobgesang auf die Glücksgöttin Fortuna eröffnete der Mittel- und Oberstufenchor des Robert-Gerwig-Gymnasiums das Konzert "Carmina, Carmen, Kätz & Co". Und wer, wenn nicht Fortuna, hätte 1964 die Hände im Spiel haben sollen, als es den jungen Bielefelder Musiklehrer Lohmann zu seiner ersten (und letzten) Musiklehreranstellung ins beschauliche Kinzigtal verschlug?

Latein und der zuweilen schwer verständliche Kinzigtäler Dialekt, Lohmann mag sich in seinen ersten Jahren am Hausacher Gymnasium vielleicht ähnlich gefühlt haben wie Orff beim Studium der Gesänge der "Carmina Burana". Letzlich haben beide reüssiert, Orff und Lohmann gelang mit der "Carmina" der Durchbruch.

Meister nur hinter Bühne

Bernhard Rohrer, über Jahrzehnte an Lohmanns Seite im Lehrerzimmer und am Regiepult der Musical- und Theateraufführungen, führte durch ein Programm, bei dem die Besucher den Eindruck bekamen, der Meister – Lohmann – sei mal nur eben hinter der Bühne verschwunden und er – Rohrer – überbrücke mit einer kurzen Zwischenmoderation.

Schon auf der Trauerfeier 2015 hatte Lohmanns Nachfolger Reinhardt Bäder versprochen, Lohmanns ehemalige Schüler für zwei große Aufführungen in Hausach zu versammeln, dem kleinen Abend in der Lohmannschen Aula 2016 folgte jetzt das große Erinnerungskonzert mit den Chören in der Stadthalle.

Peter Lohmann war ein großer Geschichtenerzähler mit dem Mut zum Unkonventionellen und dem Blick für die lokalen Besonderheiten. Für "Zar und Zimmermann" verlegte er die Handlung ins Kinzigtal, holte sich Expertise bei den Wolfacher Flößern und musste sich dann nur einen dramaturgischen Kniff überlegen, um den Zar wieder zurück nach Russland zu expedieren. Zu dieser Zeit hatte der Generalmusikdirektor des Hausacher Gymnasiums wohl noch unbeschränkten Zugriff auf die Ressourcen des Bauhofs, und so konnte der Zar mit einem Fesselballon gen Moskau entschweben.

Finale im Schnee

Für "Dido und Aeneas" hatte sich Lohmann ein Finale im Schnee ersonnen, die Myriaden von Seidenpapier-Schneeflocken dafür wurden von Schülerhand im Musik- und Kunstunterricht angefertigt, nicht wenige im Saal dürften damals mit Hand angelegt haben.

Aus beiden Aufführungen kamen am Samstag ehemalige Schüler-Stimmen zum Einsatz, Annabelle Nijhof gab die Dido, Bernd Valentin den Aeneas und Matthias Schadock brillierte als Bürgermeister, der mit allen Mitteln einen russischen Investor in seine kleine Schwarzwaldgemeinde locken will, dafür seinen Bauernmädchen und Flößerkerlen aber erstmal das Singen im Chor beibringen muss. Wenn man so will, die Kurzzusammenfassung des Lohmann’schen Wirkens in Hausach.

Duett ist ein Hingucker

Für ihre Rolle der Bess in der Volksoper "Porgy and Bess" kehrte Annabelle Pichler als studierte Opernsängerin gerne noch einmal auf die Hausacher Bühne zurück, ihr Duett mit Ralph Baumann am Saxophon gehörte zu den Hinguckern des Abends. Und auch der Kirnbacher Bernd Valentin hatte Lohmann seine Entdeckung zu verdanken, als Zar und in der Rolle des Schtschelkalov aus der Mussorgskij-Oper "Boris Godunow" begeisterte er das Publikum mit zwei langen Soloparts.

Wunsch: Weißweinschorle

In "Carmen" verdrehte Annabelle Nijhof gleich drei Männern den Kopf, dann ging es mit den Melodien aus dem "Weißen Rössl" in die Pause. Dagmar Wood, Christian Fuchs und Tobias Link gaben die Wirtin, den Oberkellner und den Kurgast, ließen sich dabei aber von Martin Schwendemann als Oberhemdenfabrikant Giesecke gerne an die Wand spielen. Der Haslacher Kulturamtsleiter war des baritonischen Saftschubsers Link und seiner Liebesavancen an Wood schlicht überdrüssig und leitete mit seinem Wunsch nach einer Weißweinschorle in die Pause über.

Spätberufener Sänger

Aus dieser kehrten die Schulchöre für "Anatevka" wieder zurück auf die Bühne, in alten abgetragenen Gewändern gaben die Stars von Morgen den Hintergrund für die Fantasien Schwendemanns, der begleitet von Helmut Neerfeld am Akkordeon darüber sinnierte wie es wäre "wenn ich einmal reich wär", auch diese Rolle spielte der (von Lohmann) spätberufene Sänger perfekt.

Für den "Kleinen Horrorladen" traten die Schüler dann in die vorderste Reihe und Christian Fuchs als Ladengehilfe Seymour, Matthias Schadock als dessen verzweifelter Chef Mr. Mushnik und vier exorbitant große Grünpflanzen nahmen das Publikum ein für die Bedürfnisse der Pflanzenwelt im allgemeinen und der fleischfressenden Spezies im besonderen.

Bernhard Rohrers Erzählungen aus dem Nähkästchen ließen mitunter auch den diktatorischen Teil des Lohmann’schens Schaffens hervorblitzen.

Unaufmerksame Schüler

Die Unaufmerksamkeit, mit der die Schulgemeinde seinerzeit am Schuljahresende seine erste Annäherung an das hohe Kulturgut "Dreigroschenoper" bedacht hatte, war dem Meister sauer aufgestoßen, die darauffolgende Aufführung des Brecht/Weill-Werks geriet dann aber zu einem Meilenstein für die Kultur in Hausach.

Maßgeblichen Anteil daran hatten die Solisten Annabelle Nijhof, Bernd Lambrecht und Dagmar Wood, die schönsten (und kulturell wichtigsten) Szenen kamen als "Best of Dreigroschenoper" zur Aufführung.

Kommerziell erfolgreich

Die "Dreigroschenoper" war vielleicht der kulturelle Höhepunkt in der Ära Lohmann, am kommerziell erfolgreichsten war aber 1987 das Musical "Kätz", die Schulsekretärin Anderwald war damals für mehrere Tage quasi vom Dienst freigestellt, um die Kartenwünsche zu bedienen. Das Stück wurde insgesamt sechsmal aufgeführt wer das Glück hatte eine Karte zu ergattern, schwärmte noch Jahre später davon. Dagmar Wood als gealterte Glamourkatze Grizabella und Tobias Link als Mr. Mistoffeles tauchten für die Zuschauer noch einmal in diese Zeit ein.

Das Miteinander der großen Stars mit den aktuellen Schülergenerationen ist und war immer das große Plus der Musicalaufführungen am Robert-Gerwig-Gymnasium, auch am Samstag war der Funke zu spüren, der von Lambrecht auf die Schüler übersprang, als er in der Rolle des Rauschgifthändlers "Sportin‘ life" die Schüler mit dem Song "It ain’t necessarily so" vom rechten Weg abzubringen versuchte.

Die Chöre gingen begeistert mit, blieben aber auf dem rechten Weg und beim Schlusslied "O Lord, I’m on my way" brachten alle Beteiligten die Hausacher Stadthalle, wenn nicht zum Beben, so doch zum gepflegten Grooven. Es war ein toller Abend mit vielen Erinnerungen an Peter Lohmann.