In der Stadthalle werden Bilder der Städte Kairo, New York, Moskau und Aleppo mit Texten ausgestellt. Foto: Kornfeld

Bild- und Textausstellungen zu den Metropolen der Welt vermitteln sehr persönliche und individuelle Eindrücke

Metropolen – das ist das Motto der drei Ausstellungen, die im Rahmen des Leselenz am Sonntag eröffnet wurden. Eine vierte hat den Titel "Die Kunst der Wissenschaft. Neun Mal drei Stühle zu Ehren der Wissenschaft". Die Vernissagen bildeten den Auftakt zum "Leselenz".

Hausach . José F. A. Oliver und Bürgermeister Manfred Wöhrle begrüßten am Sonntagmorgen um 11.11 Uhr zahlreiche Zuhörer und Zuschauer im Saal des Rathauses in Hausach und so wurden auch gleich Parallelen zur traditionellen Hausacher Elfemess gezogen. Wie bei der Fasnachts-Elfemess gab es auch am Sonntag mehrere Stationen.

Die drei "Metropolen-Ausstellungen" haben jeweils Stadtlesebücher aus der Edition Esefeld & Straub als Ausgangspunkt. Ronald Grätz, der Herausgeber des Bild-Text-Bands über Sao Paulo, ist in der Stadt geboren. Er berichtete über das Enstehen des Buchs, über die Bilder und Texte. Die Fotos, die Britta Radike aus Deutschland und Iata Cannabrava aus Brasilien 2011 und 2012 in Sao Paulo machten, waren für 72 Autoren Impulse, Texte zu schreiben. Laut Jörg Esefeld sollen die Bilder Katalysatoren für die Texte sein. Diese sind keine Bildbeschreibungen, sie sind beispielsweise fröhlich oder traurig. Die Form war frei gestellt. Es war egal, ob die Autoren ein Gedicht, eine Geschichte oder ein Rezept schrieben.

Grätz las Texte aus dem Buch und berichtete, ebenso wie Oliver, über ganz persönliche Eindrücke und Erlebnisse von Sao Paulo. Laut Grätz kann die Stadt frühestens auf den dritten Blick geliebt werden. Auf den ersten Blick sei sie chaotisch und entsetzlich laut, auf den zweiten entdecke der Betrachter die Dynamik und die kleinen liebenswerten Dinge. Auf den dritten Blick entdecke man die Gerüche, die Geschmäcker und vor allem die Menschen und ihre Geschichten; die Stadt umarme einen.

Sao Paulo ist eine der größten Metropolen der Welt, eine Stadt mit einem 17 000 Kilometer langen Straßennetz, in der schon 295 Kilometer Stau gemessen wurden, in der jeder im Schnitt 49 bis 120 Minuten täglich im Stau steht und in der es 650 Hubschrauber-Taxis gibt.

Hat die Stadt 20 Millionen oder 24 Millionen Einwohner? Das sei nicht genau festzustellen, aber so Grätz: "Was wüßte man, wenn man es wüßte?". Wichtig sei, dass es in Sao Paulo keine Fremden gebe, es gelte das Motto: "Du bist wie du bist und wie du bist, ist okay".

Sao Paulo sei ein Gegenentwurf zu Rio. Rio de Janeiro sei tausendmal schöner. In Sao Paulo wird gesagt, in Rio wird gefeiert, hier wird gearbeitet. Es gehe dem Land und der Stadt schlecht, ein Hauptgrund dafür sei die Korruption: Von 600 Senatoren seien 200 vorbestraft.

Die Dynamik der Stadt und vor allem ganz individuelle Eindrücke sprechen aus den Fotos und Texten, die im Rathaus in Hausach ausgestellt sind.

Anschließend wurde die Ausstellung unter dem Titel "Mein Tokio", mit Fotos von Martha Villiger aus den Jahren 1953 und 1954 und von Charlotte Perriand aus den vergangenen Jahren, in der Mediathek eröffnet. Sehr verschiedene Autoren haben dazu ihre Texte geschrieben.

Später am Nachmittag fand im evangelischen Gemeindehaus die Vernissage zur Ausstellung "Neun Mal neun Stühle zu Ehren der Wissenschaft" statt. Dabei handelt es sich um eine Serie von Kunstobjekten von Jürgen Walter und Texten von Zehra Cirak.

Am Abend wurde die Ausstellung "Mein Kairo" in der Stadthalle eröffnet. Die Herausgeber des gleichnamigen Buchs, Jörg Armbruster und Suleman Taufiq, sprachen über die Texte, die Fotos und ihre ganz persönlichen Erlebnisse und Beziehungen zu Kairo. Armbruster war lange Zeit ARD-Korrespondent für den Nahen Osten in Kairo. Die Fotos im Buch stammen von Barbara Armbruster und Hala Elkoussy.

Die Wandlung Kairos, das lange ein kultureller Mittelpunkt der arabischen Welt und immer sehr aufgeschlossen war, stand im Fokus dieser Veranstaltung. Laut Armbruster herrsche dort, Jahre nach dem arabischen Frühling, "sibirischer Winter". Sei es früher relativ einfach gewesen, Reportagen zu machen und genehmigt zu bekommen, höre er heute von Kollegen: "Wir gehen nicht mehr auf die Straße".

Wirtschaftlich gehe es dem Land sehr schlecht, es gebe kaum Auslandsinvestitionen. Politisch sei die Situation schlechter als unter Mubarrak. Es wurde sehr emotional, als Tafiq sich empörte, dass Europa nichts tue, obwohl Menschen auf der Straße ermordet würden, nur weil sie Christen seien.

In der Stadthalle sind auch die Stadtlesebücher zu New York, Moskau und Aleppo Thema. Die Ausstellungen zu den Metropolen sind bis zum Freitag, 14. Juli, und die Ausstellung "Kunst der Wisasenschaft" ist bis zum Montag, 31. Juli, zu sehen.

INFO

Autoren und Herausgeber

Ronald Grätz ist seit September 2008 Generalsekretär des Instituts für Auslandsbeziehungen und Herausgeber der Zeitschrift Kulturaustausch. Hans Jörg Armbruster war bis Ende 2012 der Korrespondent der ARD für den Nahen und Mittleren Osten. 2013 wurde er bei Dreharbeiten für einen Dokumentarfilm in Aleppo angeschossen. Suleman Taufiq ist ein deutsch-syrischer Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber arabischer Literatur.