Kathleen Weise hat sich in Hausach schon gut eingelebt. Foto: Reutter Foto: Schwarzwälder-Bote

LeseLenz-Stipendiatin findet Hausacher "wahnsinnig freundlich und herzlich" / Niemand kann sie langweilen

Hausach. Seit Oktober lebt die LeseLenz-Stipendiatin Kathleen Weise im Molerhiisli in Hausach. Im Interview spricht sie über ihre ersten Eindrücke, ihre Projekte und verrät, was Sie aus Hausach am liebsten in ihre Heimatstadt Leipzig mitnehmen würde. Frau Weise, haben Sie sich in Hausach schon gut eingelebt?

Ja! Wobei ich wirklich erstaunt war, wie schnell das ging. Zuvor habe ich nämlich noch nie auf dem Land gelebt. Die stärkste Umstellung war sicherlich der Verkehr. Weil ich es natürlich gewohnt bin, dass ich überall ohne Auto relativ schnell hinkomme. Das muss man hier umstellen und mehr planen. Auch fand ich es anfangs beunruhigend keine Nachbarn direkt im Haus zu haben.

Und wie haben Sie die Menschen in Hausach aufgenommen?

Dass ich bei der Eingewöhnung keine Probleme hatte, lag auch daran, dass die Leute hier wirklich wahnsinnig freundlich und herzlich sind.

Verstehen Sie denn auch schon den Dialekt?

Ich muss gestehen, dass ich mich bei jemanden, der sehr stark Dialekt redet, noch schwer tue. Das habe ich noch nicht zu 100 Prozent hingekriegt, aber ich übe und werde besser. Zuvor hatte ich mir eher über meinen Dialekt Gedanken gemacht, da der sächsische Dialekt ja nicht den besten Ruf genießt.

Was gefällt Ihnen hier?

Die Verbundenheit mit Tradition ist mir besonders aufgefallen. Das wird hier deutlich mehr gepflegt als in der Stadt. Das finde ich bis zu einem gewissen Grad auch gut. Denn Traditionen geben Identität und das ist wichtig. Auch tragen sie zur Gemeinschaftsbildung bei.

Wie sieht ihr Tagesablauf im Molerhiisli ungefähr aus?

Ich bin nicht der früheste Aufsteher, aber es stimmt auch nicht, das Autoren erst um 11 Uhr aufstehen – das ist Blödsinn. Arbeiten tue ich oft in der Nacht, während ich nachmittags eher einkaufen gehe oder mich mit Leuten treffe. Mein Biorhythmus ist da anders als bei Leuten, die schon um 6 Uhr aufstehen müssen.

Warum arbeiten Sie am liebsten nachts?

Ich bekomm da einfach noch mal Energie, und es wird auch stiller um einen. Wobei das hier natürlich nicht so auffällig ist wie in der Stadt.

Wovon lassen Sie sich inspirieren?

Natürlich durch andere Bücher, aber was viel entscheidender ist, sind Einflüsse von außerhalb. Zum Beispiel durch das Lesen eines Artikels, ein Ausstellungsbesuch oder durchs Kino oder Theater. Es ist oft viel interessanter, sich seinen Input zu holen bei Sachen, die du nicht kannst.

An was denken Sie da konkret?

Ich bin zum Beispiel völlig unmusikalisch und mich fasziniert es dann, wenn jemand ein Instrument spielen oder singen kann. Das löst dann bei mir viel aus. Ich finde aber zum Beispiel auch die Arbeit von Handwerkern spannend. Leute können mich da nicht langweilen, egal was sie machen. Das wird dann alles gesammelt und irgendwann verarbeitet.

An was für einen Werk arbeiten Sie gerade?

Das nächste Projekt wird ein Comic, der in der Vergangenheit spielen wird, aber das ist gerade erst im Entstehen. Comics interessieren mich auch sehr und sind auch nicht nur für Kinder. Eine gute Comicreihe auch für Erwachsene sind zum Beispiel "Die kleinen Dicken" vom Splitterverlag.

Haben Sie noch weitere Vorhaben?

Nach dem Comic werde ich vermutlich einen Krimi für Erwachsene schreiben. Aber aus dem Jugendbuchbereich gehe ich natürlich nicht ganz raus. Ich will mich da auch künstlerisch nicht festlegen. Zudem habe ich im Moment viel mit dem Projekt "www.lesehappen.de" zu tun.

Welches Ziel verfolgen Sie auf dieser Internetseite?

Acht Autoren haben sich da zusammengetan, um Lust auf Bücher zu machen. Es geht also um Leseförderung. Denn es wird zwar viel gelesen, aber von immer weniger Leuten. Es gibt vor allem zu wenige Bücher, die Jungs ansprechen. Man muss sich zum Beispiel nicht wundern, dass Jungs nicht lesen, wenn die Cover ständig rosa sind. Aber Bücher können auch beide Geschlechter ansprechen. Es gibt nämlich auch genug Mädchen, die gerne einen Abenteuerplot lesen wollen. Wir lesen nicht immer nur Pferderomane oder Geschichten über Prinzessin Lillifee.

Welches Geschlecht sprechen Sie an?

Meine letzten beiden Bücher sind zwar im "Planet Girl"- Verlag erschienen, der natürlich Mädchen als Zielgruppe hat. Trotzdem habe ich versucht, auch Dinge einzubringen, die auch Jungs interessieren. In "Im Land des Voodoo-Mondes" gibt es zum Beispiel einen leichten Gruselfaktor.

Was würden Sie jungen Leuten raten, die Lust haben Autor zu werden?

Lesen, lesen, lesen – denn nur so kann man einen Eindruck bekommen, was Literatur ist und kann. Man erweitert auch seinen Wortschatz und nimmt Stilarten auf. Ich selbst lese daher auch nicht so sehr nach Genre, sondern habe meine Lieblingsautoren. Ansonsten ziehe ich Jugendlichen den Zahn, dass Erfolg über Nacht kommt. Durchhaltevermögen, Geduld und kontinuierliches Arbeiten sind da gefragt.

Wenn Sie sich zu Weihnachten wünschen könnten, etwas aus Hausach nach Leipzig mitnehmen zu können, was wäre das?

Vermutlich die Burg, die hat es mir angetan. Und dieses grandiose Wasserspeicherhaus unterhalb der Burg, das leicht vermoost ist. Das habe ich auch gleich fotografiert. Das sieht so märchenhaft aus, dass ich es mir gerne in den Garten stellen würde.

Fragen von Lars Reutter.

Kathleen Weise, 1978 in Leipzig geboren, studierte am Deutschen Literaturinstitut Prosa und Dramatik sowie Neue Medien. Ehrenamtlich arbeitete sie für das Leipziger Literaturbüro, schwerpunktmäßig in der Jugendarbeit; hier organisierte sie Textwerkstätten und Schullesungen.Weises historischer Roman "Blutrote Lilien" wurde von der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur zum Jugendbuch des Monats März 2011 gekürt. Als weitere Romane sind "Der Königsschlüssel", "Langer Schatten" und "Code S2" erschienen. Für die LeseLenz-Stipendiums-Jury zählt Kathleen Weise zudem mit "Die purpurrote Schleife" zur Avantgarde der Comic-Roman-Autoren.

Weitere Infos gibt es auf www. kathleenweise.de.