Reaktionen: Der neue Kanzlerkandidat genießt auch bei den Kinzigtäler SPD-Ortsverbänden großes Ansehen.

Haslach - Für einen Paukenschlag sorgte die SPD, als sie den Rückzug Sigmar Gabriels als Parteivorsitzenden und die Nominierung Martin Schulz als Kanzlerkandiaten bekannt gab. Wir haben dazu Reaktionen der regionalen SPD-Verantwortlichen eingefangen.

Auch wenn die Ankündigung über Sigmar Gabriels Rückzug und die Kanzlerkandidatur von Martin Schulz sehr überraschend kam: Die Reaktionen von prominenten Parteimitgliedern und auch vom politischen Gegner ließen nicht lange auf sich warten. Seitens der SPD-Spitze gab es durchweg nur positive Stimmen. Die Juso-Chefin Johanna Uekermann befand, dass Schulz der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt sei, und die rheinland-pfälzische Ministerpäsidentin Malu Dreyer sprach sogar von einer Euphorie, die durch die Nominierung entstanden sei. Martin Schulz scheint also der neue Hoffnungsträger für eine Partei zu sein, die in den zurückliegenden Jahren nicht gerade erfolgververwöhnt war und die sich nichts sehnlicher wünscht, als als stärkste Partei aus der nächsten Bundestagswahl hervorzugen.

In diese Richtung geht auf jeden Fall die Stellungsnahme der Offenburger Bundestagsabgeordneten Elvira Drobinski-Weiß. "Ich kenne Martin Schulz als leidenschaftlichen, sozialen Politiker. Er bringt frischen Wind in die deutsche Politik. Die große Politik in Europa gestaltet er bereits seit Jahren mit, bleibt aber zugleich immer nah bei den Menschen. Seine Werte vertritt er unerschrocken wie seinerzeit gegenüber Berlusconi und zwar mit einer klaren, deutlichen Sprache" ließ sie über eine Pressemitteilung verlauten. Sie bezeichnete den Schulz als einen großemn Gewinn für die SPD und für die Bundespolitik und sie freue sich sehr auf den gemeinsamen Wahlkampf.

Ihr Bundestagskolle Johannes Fechner aus dem Wahlkreis Emmendingen-Lahr begrüßt in einer Stellungnahme den Vorschlag von Sigmar Gabriel, dass Martin Schulz Kanzlerkandidat und SPD-Parteivorsitzender wird. "Mit Martin Schulz haben wir die besten Chancen, die Bundestagswahl zu gewinnen", freut sich der zweifache Vater. Schulz genieße weit über die SPD-Parteigrenzen hinaus Vertrauen bei den Bürgern. Er stehe, so Fechner, für ein soziales, weltoffenes und sicheres Deutschland in Europa. "Gerade in diesen aufgeregten Zeiten ist Schulz mit seinen klaren Positionen und Werten der Richtige für das Kanzleramt." Respekt zollt Fechner Sigmar Gabriel, der uneigennützig für Schulz Platz gemacht habe.

Als eine grundsätzlich gute Entscheidung sieht auch Manfred Mauer, der Fraktionsvorsitzende der Wolfacher SPD, dass Martin Schulz nun Kanzlerkandidat und Bundesfraktionsvorsitzender für die SPD wird. Er attestierte Gabriel, als SPD-Chef keine schlechte Arbeit gemacht zu haben, aber man habe ihn nicht gut verkaufen können. "Ich begrüße es, dass Schulz nun antreten wird. Was Gabriel fehlte und Angela Merkel und Schulz haben, sind Sympathiepunkte. Und das gehört einfach dazu", so Mauer. Nach den letzten aufreibenden Jahren werde dies gut tun. "Für uns bringt die Personalie sicher neuen Auftrieb. So ein Kanzleramt ist ja schon eine Herkulesaufgabe."

Dass seine Partei durch Martin Schulz aus dem Umfragetief herausfindet, hofft auch Dieter Müller, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Hornberg. "Schulz war schon mein Wunschkandidat, er ist unbelastet von der Bundespolitik und hat in seiner Zeit als Präsident des Europäischen Parlaments aktiv in die Politik eingegriffen", sagt Müller auf Nachfrage des SchwaBo. Auch in Europa sei er geschätzt.

Markus Klausmann, Vorsitzender der SPD Gutach, hat Martin Schulz bei einer Veranstaltung in Offenburg persönlich kennengelernt. "Er kann gut reden und seine Zuhörer motivieren", sagte Klausmann. Sigmar Gabriel habe zwar seine Aufgaben sehr gut gemacht, aber: "Da ist der Funke einfach nicht rübergesprungen." Anfangs sei Klausmann nach eigenen Angaben überrascht gewesen, was da in Berlin vor sich ging: "Damit hatten wir nicht gerechnet." Aber er ist sich sicher: "Martin Schulz ist der richtige Mann zur richtigen Zeit."

Bernd Salzmann, Vorsitzender des SPD-Fraktion Hausach, hatte bereits im Dezember 2016 bei einer Umfrage seiner Partei für Schulz als Nachfolger von Gabriel plädiert. "Wir brauchen eine sozial-ökologische Regierung mit einer Wirtschaftspolitik der Nachhaltigkeit", schrieb er damals in einer Stellungnahme. "Aufklärung und Bildung im politischen Sinne" seien zukunftstagend. "Das traue ich Gabriel nicht so zu. Ich denke, wir sollten Martin Schulz an die Spitze stellen", meinte Salzmann. "Er ist authentisch, und hat die Kraft, den ›Nationalsozialen‹ Paroli zu bieten." Dabei sei Schulz immer schneidend scharf und präzise, ohne jemals die andere Person, sondern nur ihr Verhalten abzuwerten. Gabriel sei bei vielen Themen zu schwankend gewesen, sein Rücktritt und die Nominierung Schulz’ erhöhten die Chancen des SPD bei der Bundestagswahl deutlich.

Auch der Fraktionsvorsitzende der SPD Haslach, Herbert Himmelsbach, begrüßt die Entscheidung aus Berlin. "Mit Schulz sind die Chancen eindeutig besser", bekennt er. Er freue sich über die Entscheidung Gabriels, den Weg für Schulz als Bundesfraktionsvorsitzender und Kanzlerkandidat frei zu machen.

Naturgemäß fallen die Reaktionen der politischen Gegner erheblich nüchterner aus. So beispielsweise auch von Thorsten Frei, Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Schwarzwald-Baar und Oberes Kinzigtal, der Martin Schulz als das letzte Aufgebot der SPD bezeichnet. Die Nervosität müsse sehr groß sein. Es sei eine Hypothek, dass Schulz bis zuletzt mit aller Kraft für eine Verlängerung seiner Amtszeit als Präsident des Europäischen Parlaments gekämpft habe. "Dort in Europa ist Schulz‘ Seele verortet. Verantwortung in Deutschland zu übernehmen, klingt für mich wie ein nicht überzeugender Plan B. Zumal er in Europa oft eine Position eingenommen hat, die in Deutschland überwiegend kritisch gesehen wird. Etwa wenn es um die weitere Stärkung von Brüssel geht. So hat er sich beispielsweise für Eurobonds und eine Vergemeinschaftung von Schulden eingesetzt", so Frei über den neuen Kanzlerkandidaten. Für ihn selbst und seinen persönlichen Wahlkampf mache es überhaupt keinen Unterschied, ob die SPD von Gabriel oder Schulz geführt werde.