Mathias Meier-Gerwig (von links), Sören Fuß und Susanne Meier-Gerwig an der ersten Station des "Wegs des Erinnerns". Sie setzen sich für die Gedenkstätte ein. Foto: Kleinberger

Projekt bindet Haslacher "Vulkan" enger in Unterricht ein. Schüler erarbeiten Führung.

Haslach - Auch Jahrzehnte nach Ende des Dritten Reichs erinnern Gedenkstätten an die Gräueltaten der Nationalsozialisten. Je länger diese Zeit zurückliegt, desto intensiver stellt sich die Frage: Wie der Jugend diese Zeit nahebringen?

Dass die Ideologien der Nationalsozialisten auch vor dem Kinzigtal nicht Halt gemacht haben, verdeutlicht seit 19 Jahren die Haslacher KZ-Gedenkstätte Vulkan. Seit November 2012 gibt es in Haslach zudem den "Weg des Erinnerns" (siehe Info). Nun ist ein weiteres Puzzleteil dazugekommen, das die Erinnerung an die NS-Zeit wach halten soll: Eine Projektarbeit, die Lehrern im Umkreis Möglichkeiten bietet, den "Vulkan" und den "Weg des Erinnerns" aktiv in den Geschichtsunterricht einzubinden.

Erarbeitet und sich gut ein halbes Jahr damit befasst hat sich Susanne Meier-Gerwig. Sie und ihr Ehemann Mathias Meier-Gerwig sind Lehrer für Deutsch und Geschichte am Hausacher Robert-Gerwig-Gymnasium und haben sich mit der Geschichte der Gedenkstätte bereits intensiv befasst, als sie den "Weg des Erinnerns" initiierten. "Die beiden sind ein großes Glück", lobt Gedenkstättenleiter Sören Fuß eingangs des Pressegesprächs.

"Diese Projektarbeit soll die Gedenkstätte in den Schulen besser anbinden", führt Susanne Meier-Gerwig aus. Sie ist so konzipiert, dass sie in den Klassen neun bis elf an Gymnasium, Real- oder Gesamtschule ausgeführt werden kann. Aufgeteilt ist sie in sieben Themenblöcke, die sich überwiegend mit den sechs Stationen des "Wegs des Erinnerns" decken. Das Ziel: "Die Schüler erarbeiten mit den vorliegenden Materialen selbst eine Führung über den ›Weg des Erinnerns‹ bis hinauf zur Gedenkstätte", informiert die Lehrerin. "Sie erarbeiten die Informationen eigenverantwortlich." Dabei befassen die Schüler sich in Gruppen mit einer der Stationen. "Die von uns bereitgestellten Materialien beinhalten jeweils einen Infotext zur Station. Damit die Schüler auch historisch korrektes Arbeiten mit Originalquellen erlernen, sind solche bei den Materialen dabei", führt Mathias Meier-Gerwig weiter aus.

Das Projekt könne die Unterrichtseinheiten zum Nationalsozialismus nicht ersetzen, erklären die Lehrer. "Die Schüler brauchen schon Vorwissen. Aber es ist eine Möglichkeit, ihnen zu zeigen, dass der Nationalsozialismus keine abstrakte Erscheinung war, sondern auch hier, genau vor der Haustür, eine Rolle gespielt hat." Erfahrungsgemäß seien die Jugendlichen stets sehr beeindruckt, wenn sie diese Erfahrung machten. Das sei auch Anstoß für den "Weg der Erinnerns" gewesen und finde jetzt seine logische Fortsetzung.

"Es ist wichtig, Geschichte erfahrbar zu machen", sagt Suanne Meier-Gerwig. Das hinterlasse einen besseren Eindruck bei den Schülern als das reine Informieren. "Und es soll auch eine Transferleistung stattfinden", ergänzt ihr Ehemann. "Es geht nicht um das reine ›So-war-es‹. Auch heute ist es wichtig, dass die Schüler verstehen, wozu Ausgrenzung, Intoleranz und Nationalismus führen können."

Fuß ist davon überzeugt, dass das Projekt eine positive Wirkung haben wird. "Schon der ›Weg des Erinnerns‹ damals war wichtig, um die Geschichte auch endlich in die Stadt zu holen. Ich wünsche mir natürlich, dass das jetzt vorliegende Projekt bei den umliegenden Schulen irgendwann einmal fest verankert im Lehrplan sein wird."

Grafisch aufgearbeitet wurde die Arbeit von Janina Hellmig, einer ehemaligen Schülerin von Susanne Meier-Gerwig, die inzwischen Grafikdesign studiert. Die Landeszentrale für Politische Bildung hat sie gefördert. Im kommenden Kalenderjahr wird die Lehrerin das Projekt an den umliegenden Schulen näher vorstellen.

INFO

Der "Weg des Erinnerns"

Von September 1944 bis April 1945 befanden sich in der Stadt Haslach drei nationalsozialistische Lager. Insgesamt waren dort mehr als 1700 Häftlinge aus 21 Nationen interniert, sie wurden als Zwangsarbeiter eingesetzt. Der "Weg des Erinnerns" vollzieht den Weg dieser Häftlinge vom Bahnhof aus bis zur heutigen Gedenkstätte Vulkan. An diesem Ort mussten die Zwangsarbeiter im Steinbruch arbeiten und wurden später auch im dortigen Stollen untergebracht. Mehr als 220 Häftlinge überlebten ihre Zeit in Haslach nicht.