Die großen Kirmesorgeln waren der krönende Abschluss im Drehorgelbau. Fotos: Störr Foto: Schwarzwälder-Bote

Drehorgel sorgt an den unterschiedlichsten Stellen im Gutacher Freilichtmuseum Vogtsbauernhof für Aufsehen

Von Christine Störr

Gutach. Die Drehorgel hat am Sonntag für Aufsehen im Gutacher Freilichtmuseum Vogtsbauernhof gesorgt. Im Rahmen des Thementages "Musik aus dem Wald" erklangen an unterschiedlichen Stellen des Museums große und kleine Orgeln, die von Orgelfreunden Waldkirch bespielt und erklärt wurden.

Die Geschichte des Drehorgelbaus im Schwarzwald ist sehr eng mit Waldkirch verbunden. Der spezialisierte Orgelbauer Stefan Fleck war in den Vogtsbauernhof gekommen und gewährte Einblicke in die Geschichte des Drehorgelbaus.

Der Begründer der Orgel, Iganz Blasius Bruder, sei eigentlich Maurer gewesen und war 1780 in Zell am Harmersbach geboren worden. Aus dem Wissen fahrender Musikanten und aus bestehenden Uhren entwickelte er Flötenuhren, die als Vorläufer der Drehorgel gelten würden."

Damit begann Bruder als Autodidakt Flötenuhren zu bauen", erklärte Fleck. Später habe Bruder eine Werkstatt für Flötenuhren und selbst spielende Instrumente in Simonswald eröffnet: "Das waren damals höchst moderne Instrumente." Der Wunsch nach Musikautomaten sei damals groß gewesen, eine Unterhaltung wäre nur durch Musiker möglich gewesen. "Ignaz Bruder hat die Flötenuhren und Spielwerke sukzessive zu einem Drehorgelwerk weiter entwickelt", erläuterte der Waldkircher Orgelbauer: "Am Ende der Entwicklung stand die Karussellorgel." Von Simonswald sei Bruder dann 1834 nach Waldkirch gezogen und gelte als Begründer der bekannten Drehorgelhistorie. Von seinen vielen Kindern hätten fünf Söhne den Drehorgelbau bis in die 1930-er Jahre weiter geführt. Die Tradition der großen Jahrmarktorgeln seien der krönende Abschluss aus Bruders bescheidenen Anfängen gewesen.

In den Hochzeiten des Orgelbaus hätten die Gebrüder Bruder zwischen 300 und 400 Menschen eine Arbeit gegeben, weitere 1500 Arbeitsplätze wären in der Zulieferung von Lederriemen, Schmiedeteilen oder dem Holzhandwerk verteilt gewesen. "Für Waldkirch war der Drehorgelbau sehr wichtig", unterstrick Stefan Fleck, der den Zusammenbruch ziemlich genau auf 1930 datierte. "Mit der Erfindung der Lautsprecheranlagen und Grammophone brach erst der Orchestreonbau und dann der Drehorgelbau zusammen."

Einige Schausteller hätten ihre Orgeln zwar behalten, auch die perforierten Karton-Noten seien weiterhin benötigt worden – aber die große Zeit wäre vorbei gewesen. Heute würden sich noch eine handvoll engagierter Orgelbauer um die Restaurierung in Instandsetzung der Instrumente kümmern. Und dann gewährte Stefan Fleck Einblicke in seinen beruflichen Werdegang. Schon als kleiner Junge sei klar gewesen: "Ich werde Drehorgelbauer."

Auf Anraten seines Vaters habe er dann eine Ausbildung im Kirchenorgelbau absolviert und sich danach auf die Restaurierung von Drehorgeln spezialisiert. Was ihn bis heute fasziniere, sei die Vernetzung und gute Zusammenarbeit der Orgelbauer, die früher schon bestanden hatte.