Rolf Schondelmaier blättert am Schreibtisch seines Vaters in seinem Gutacher Elternhaus in einem alten Fotoalbum. Erst 2004 kehrte er dorthin zurück. Im Gespräch merkt man ihm an, dass ihm der Rückzug aus der Politik nicht leicht fällt. Foto: Forth

Rolf Schondelmaier zieht sich auch aus Vorstand der Gutacher CDU zurück. Ein Gespräch über ein politisches Leben mit Wendungen.

Gutach - Er war Mathematiklehrer in Pfullendorf am Bodensee, hat sich dort 27 Jahre lang als Kommunalpolitiker eingesetzt, ist bis heute CDU-Gemeinderat in Gutach und Mitglied in unzähligen Vereinen: Rolf Schondelmaier war schon immer recht umtriebig. Trotzdem wird er in der morgigen Hauptversammlung des CDU-Ortsvereins nicht erneut als Vorsitzender kandidieren. Der SchwaBo traf ihn zum Gespräch.

Herr Schondelmaier, seit 1979 sind Sie in der Kommunalpolitik tätig, seit 2009 Vorsitzender der Gutacher CDU. Sie werden morgen nicht erneut kandidieren. Fällt Ihnen dieser Schritt schwer?

Ja, sehr. Aber das ist das Alter. Meine Frau sagt, ich muss jetzt kürzer treten. Ich möchte noch im Gemeinderat bleiben, solange ich das gesundheitlich noch kann. Jetzt haben wir im Rathaus ja einen Aufzug und ich komme sogar die Treppen hoch.

Aber es gibt doch sicher auch politische Themen, die Ihnen nicht mehr behagen?

Was mir nicht mehr behagt, ist, dass ich nicht mehr jung und dynamisch genug bin, so einen Verband gescheit zu führen und auch genügend Ideen und Durchsetzungsvermögen zu haben.

Erfahrung reicht da nicht aus?

Die Erfahrung ist schon da, die habe ich im Laufe der letzten sieben Jahre auch versucht einzubringen. Es hat mir gut gefallen, dass ich im Gemeinderat noch ein bisschen was bewegen kann. Dass man darüber auch in die Kommunalpolitik einsteigt, habe ich mir damals nicht vorgestellt. Und eigentlich wollte ich das auch nicht. Ich war 27 Jahre lang Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister in Pfullendorf und zehn Jahre lang im Kreisrat. Wegen meiner Krankheit habe ich dann 1999 nicht mehr kandidiert und bin erst wieder angetreten als ich in Gutach angekommen bin und es physisch möglich war.

Sie gehen also lieber, bevor man sagt: Beim Schondelmaier,...

...da wird es langsam Zeit. Genau so ist es. Das ist mein Grund. Die Krankheit schiebe ich natürlich auch ein wenig vor. Aber das macht es nicht einfacher. Ich habe den Job gerne gemacht.

Im Laufe des Gesprächs blickt er betroffen auf die schwere Zeit zurück, als seine Krankheit ihn zeitweise an den Rollstuhl fesselte und seine Zukunft nicht rosig aussah. Er musste seine Stelle an der Schule aufgeben. In den folgenden Jahren verbesserte sich sein Zustand. Heute ist seine Krankheit "etwas verdeckt", wie er sagt. Dennoch war sie im Jahr 2004 aber der Hauptgrund für seinen Umzug nach Gutach.

Wie kamen Sie überhaupt zur Politik?

Naja, ich war nie der angepasste, nette Mensch, sondern habe mein Leben lang immer gesagt, was ich dachte. Das hat mir nie etwas ausgemacht, weil ich immer unabhängig war. In Pfullendorf kam eines Tages der damalige CDU-Vorsitzende zu mir und hat mich gefragt, ob ich nicht mitmachen will. Etwas später sollte ich dann zum Stadtrat kandidieren.

Und das haben Sie dann einfach gemacht?

Ja, klar. Der Hauptgrund war eigentlich der, dass der damalige Bürgermeister gesagt hat: "Kandidier bloß nie für den Stadtrat." Und ich dachte: das könnte ich eigentlich machen.

Sie sind eigentlich Mathematiker. Hat Ihnen das analytische Denken in der Politik geholfen?

Ich glaube schon, dass es hilft. Für die Kommunalpolitik muss man zum Kopf aber auch das Gefühl mitnehmen. Man muss ein bisschen die Menschen verstehen und wissen, wie man mit ihnen umgeht. Das habe ich auch als Lehrer gerne gemacht.

Sie haben sich in Gutach für viele Projekte eingesetzt. Aktuell steht die Gemeinde vor dem Schritt in die unabhängige Energieversorgung.

Das haben wir angeleiert, das muss man sagen. Aber das Thema ist auch mein persönliches Hobby, das mich immer sehr interessiert hat. Ich war schon sehr früh gegen die Kernkraft. Hier habe ich das dann mit den Wasserkraftwerken angefangen, die der Gemeinderat zunächst nicht wollte. Parallel haben wir uns für den EEA beworben...

...den European Energy Award...

Dann haben wir beantragt, dass wir Solarmodule auf das Turnhallendach bekommen. Erst haben wir Prügel bekommen, später ging es dann aber doch. Das ist das Erstaunliche. Es war unsere Idee, eine klimaneutrale Kommune in Gutach anzugehen. Die CO2-Werte sollten heruntergefahren werden und das, was wir an Energie verbrauchen, sollten wir selbst erzeugen. Das ist noch nicht erreicht, aber wir sind auf einem guten Weg, auch durch die Windräder. Im Laufe der Zeit wäre es schön, wenn man sich auch von der Wärme unabhängig machen könnte und die Stromleitungsrechte der E-Werke Mittelbaden zurückgewinnt. Das werde ich aber wahrscheinlich nicht mehr erleben.

Ihre offene Einstellung zu Themen wie erneuerbare Energien oder der gleichgeschlechtlichen Ehe lassen Sie nicht wie einen typischen CDU-Mann wirken.

Sie haben Recht, ich bin um Gottes Willen kein CDU-Hardliner. Aber ich fühle mich mit der Philosophie der Partei wohl. Die passt mir. Es ist für mich ein Freiheitliches Gefühl, dass man Menschen dazu animiert, nicht nur den Staat für sich arbeiten zu lassen, sondern sich auch selbst um Dinge zu kümmern. Für mich ist der Mensch als solcher ohnehin ein wichtiger Faktor.

Gibt es aktuell Parteithemen, die Ihnen nicht passen?

Oh, da gibt es einige. Zum Beispiel die Geschichte mit den Asylanten. Ich stimme mit Angela Merkel überein, dass wir ein Land sind, das Menschen aufnehmen kann. Aber ich glaube auch, dass wir irgendwann an die Grenzen gelangen, etwa bei den Unterkünften, der Erziehung und Ausbildung.

Wo sehen Sie Gutach in zehn Jahren?

Ich sehe Gutach auf einem guten Weg, wenn wir die Kirchturmpolitik noch ein wenig mehr zurückdrängen und offener sind. Wir brauchen Tourismus, der ruhig läuft und trotzdem stärker angekurbelt wird. Mit der Entwicklung über das Landessanierungsprogramm hat man in Gutach einiges erreicht, man muss aber in weitere Programme hineinkommen. Doch Gutach nimmt Form an. Der Kurpark an der "Krone" müsste unbedingt ein Zentrum Gutachs werden, mit Restaurant, damit sich dort Leute treffen und Feste veranstalten können. Dort sollte es freies Internet geben. Auch die Offenhaltung ist ein wichtiges Thema. Ich war immer gegen die Aufforstung von Wiesen. Die Besucher kommen ja auch, weil sie etwas von der Landschaft sehen wollen.

Sie haben viele Ehrungen erhalten und scheinen in Pfullendorf beliebt gewesen zu sein. Denken Sie, dass Sie auch in Gutach beliebt sind?

Ich glaube nicht. Also schon ein wenig, sonst hätten sie mich ja nicht wiedergewählt. Aber in der CDU haben wir immer bestimmte Differenzen. Was mir etwas fehlt ist, dass man das offene Wort nicht immer honoriert bekommt.

Was wollen Sie in den kommenden drei Jahren im Gemeinderat noch schaffen?

Das energiepolitische Konzept weiterführen. Und ich kämpfe auch immer noch für eine Umgehungsstraße, aber das steht nicht an erster Stelle.

Sie waren unter anderem Vorsitzender des Lions Club Überlingen, sind Schriftführer der Jägervereinigung Kinzigtal und Vorsitzender des kleinsten Vereins in Gutach, dem Striebeleverein. Haben Sie eigentlich Angst sich zu langweilen?

Ja. Wenn ich jetzt so langsam mit allem aufhöre, dann habe ich schon Angst, muss ich sagen. Aber ich glaube ich finde auch so genügend Arbeitsmöglichkeiten.

Welche wären das?

Ich habe vor, mich entschieden mehr um meine Frau zu kümmern. Sie ist immer in Sorge um mich und meint, wenn ich zu viel tue, könnte das meiner Gesundheit schaden.

Sind Sie da nicht selbst schondrauf gekommen?

Noch nie. In Pfullendorf habe ich viel in der Lehrergewerkschaft gemacht und auch im Kreistag hat man viel zu tun. Bürgermeisterstellvertreter war ich teilweise sechs Wochen am Stück. Es gibt Leute, die sagen: Ich mache einen Job, und den mache ich richtig. Und ich sage: Ich mache viele Jobs, und mache die auch richtig.