Holger Schütz, Leiter des Forstbezirks Mittleres Rheintal, berichtet im Gespräch mit unserer Redaktion von den Herausforderungen, vor denen der Wald in der Region steht. Foto: Armbruster

In der neuen Serie „Wald und Wir“ beleuchtet unsere Redaktion gemeinsam mit der Forst BW das Miteinander von Mensch und Wald. Den Anfang macht ein Gespräch mit Holger Schütz, Leiter des Forstbezirks Mittleres Rheintal. Er berichtet von den Herausforderungen, vor denen der Wald in der Region steht.

Ob Rheinauen oder Schwarzwald – die Ortenau ist ohne Wald nicht denkbar. Für einen Teil – den Staatswald im Kreis – ist die Anstalt öffentlichen Rechts Forst Baden-Württemberg (Forst BW) zuständig. Der Leiter des Forstbezirks Mittleres Rheintal, Holger Schütz, berichtet im Gespräch am Lothardenkmal in Gengenbach, wie der Wald künftig aussehen wird und wieso er trotz Klimawandels keine Angst um den Forst hat.

Herr Schütz, wieso treffen wir uns am Lothardenkmal?

Der große Staatswaldkomplex rund um Gengenbach ist quasi das Zentrum unseres Forstbezirks. Und natürlich auch, weil das Denkmal an den Sturm Lothar erinnert, der hier 1999 sehr große Schäden verursachte.

War Lothar schon eine Auswirkung des Klimawandels?

Der Sturm war eher ein Zusammenspiel von Großwetterlagen. Was wir wahrnehmen, ist, dass Extreme zunehmen. Zum einen wahnsinnig heiße, dürre Sommer, zum anderen oft kombiniert mit Starkregen. Das ist eine Entwicklung, die für den Wald problematisch ist.

Können das unsere Wälder überhaupt wegstecken?

Der Wald hat ein unheimliches Regenerationspotenzial. Ich habe angesichts des Klimawandels keine grundsätzliche Angst um den Wald. Er wird sich allerdings deutlich verändern. Das ist ein Prozess, der uns sehr fordern wird.

Wie wird der Wald der Zukunft bei uns aussehen?

Es wird weniger Nadelholz geben, die Wälder der Zukunft werden sehr viel lichter und laubholzgeprägt sein. Wenn sich die Szenarien von einer Erwärmung von 2,5 Grad bewahrheiten, haben wir im Kinzigtal ein Klima wie in Südfrankreich. Dort gibt es ganz andere Wälder, eigentlich nur Laubholz, viele Eichen.

Von welchem zeitlichen Rahmen sprechen wir da?

Das geht keine 50 Jahre mehr. Als Förster denken wir eigentlich in deutlich längeren Zeiträumen. Die Entwicklung hat eine unglaubliche Dynamik.

Welche Rolle spielt der Wald als Rohstoffquelle?

Heimisches Holz ist für die hier ansässigen Sägereien eine wichtige Ressource – da ist die Ortenau noch gesegnet. Gerade im Auwald erfüllt er auch die Funktion als Brennstofflieferant – dieses Jahr aufgrund der Energie-Krise extrem.

Wie viel Potenzial steckt da noch drin?

Im Staatswald schöpfen wir das Potenzial an Holz aus. Das ist sicher auch in vielen kommunalen Wäldern so. In Privatwäldern ist das unterschiedlich: Für manchen ist der Wald eine Art Sparkasse. Gerade hier in der Ortenau ist die Holznutzung stark verankert.

Ist seit Corona mehr los im Ortenauer Wald?

Klar, die Sportvereine hatten kein Angebot mehr, die Fitnessstudios waren zu und die Menschen wollten sich trotzdem bewegen, also gingen sie in den Wald. Das hat nach Corona wieder abgenommen. Es ist aber noch zu spüren, dass mehr Menschen im Wald sind.

Hat sich das Freizeitverhalten verändert?

Er wird vielseitiger genutzt. Früher waren es Wandern oder Skilanglaufen. Neu ist der Punkt „Wald und Gesundheit“. Das Waldbaden – das Wohltuende, ohne sportlichen Hintergrund im Wald sein – wird immer beliebter.

Wie wirkt sich der ganze Betrieb auf den Wald aus?

Ich finde es sehr schön, wenn Menschen wieder einen Bezug zur Natur bekommen. Es kann Konflikte geben im Zusammenhang mit der Holzernte. Manchmal fehlt bei Waldbesuchern die Einsicht, sich an Absperrungen zu halten. Das ist aber die absolute Minderheit.

Ist Müll ein Problem?

Die Bevölkerung hat ein gutes Bewusstsein dafür, den eigenen Müll nicht im Wald zu entsorgen. Ein anderes Thema ist das Feuer machen. Das kann schon mit einem trockenen Frühjahr hochgradig gefährlich sein.

Könnte auch im Kreis ein großer Waldbrand drohen?

Ja, das kann bei uns passieren. Es ist ein Szenario, das mit dem Klimawandel wahrscheinlicher wird. Die Verantwortlichen in der Region bereiten sich auf solche Szenarien vor, wir kooperieren da auch mit der Feuerwehr.

Sie versuchen ja auch die Jüngsten für den Wald zu begeistern. Wie das?

Die Waldpädagogik deckt eigentlich das komplette Altersspektrum ab. Man kann beispielsweise Unterrichtsinhalte im Wald vermitteln. Hauptzielgruppe sind Schüler aller Schularten, Grundschule bis Gymnasium. Man kann draußen kochen oder Kräuter sammeln. Es auch gab schon Aktionen, da haben wir mit Schülern im Wald übernachtet.

Wir werden in unserer Serie regelmäßig über den Wald berichten. Welche Themen liegen Ihnen persönlich besonders am Herzen?

Für mich ist Wald- und Naturschutz ein wichtiges Thema: das Auerwild, die Gelbbauchunke, die Fledermäuse und die Spechte. „Wald und Wasser“ ist auch ein spannender Punkt. Dann gibt es da den Lernwald und unser Waldschulheim. Wir haben ja zudem die Trekking-Camps, wo man im Wald übernachten kann. Was auch interessant ist, ist die schwere Forsttechnik. Und ich möchte Werbung machen für den Job des Försters – es ist der absolute Traumberuf!

Holger Schütz

Der 57-jährige Holger Schütz kommt ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen. Er studierte in Freiburg Forstwirtschaft. Schütz war unter anderem Forstbezirksleiter in Donaueschingen, später Leiter der unteren Forstbehörde in der Ortenau und schließlich Dezernent für Ländlichen Raum. Seit 2020 ist er Leiter des Forstbezirks Mittleres Rheintal.