Fußballer und ihre unbekannten Vornamen: Pelé kennt jeder. Aber wer kennt Anton Hupfauf?
Zu Beginn der Karriere von Joshua Kimmich musste Mutter Anja zuweilen deutlich werden. „Er heißt Joshua, gesprochen Josua, nicht Joschua!“ Selbst als der mit zwölf Jahren vom heimatlichen Bösingen ins Nachwuchsleistungszentrum nach Stuttgart „ausgewanderte“ Kimmich schon als Profi in Leipzig gelandet war, hörte der Schmerz in Anja Kimmichs Ohren nicht auf, wenn wieder irgendwer „Joschua“ gesagt hatte.
Bitte richtig aussprechen!
Vater Berthold nahm vor Ehrungen gerne den Moderator vorab zur Seite und legte ihm nahe, den Namen doch bitte richtig auszusprechen. Biblisch. Wie der Josua, der im Alten Testament vom Einzug ins Gelobte Land berichtet.
Erst als es für Joshua Kimmich ins gelobte Fußball-Land nach München ging und er in aller Munde war, hörte die verbale Verhunzung seines Vornamens abrupt auf. Doch der vollständige Name des mittlerweile aus dem Bayern-Team und der Nationalmannschaft nicht mehr wegzudenkenden Allrounders lautet Joshua Walter Kimmich. Woher kommt der Walter?
Walter
Der Grund dafür, weshalb Joshua Kimmich nicht nur Joshua, sondern auch Walter heißt, liegt natürlich in der Familie begründet. Woher hat der Junge nur sein Talent? „Von der Mutter“, pflegte Berthold Kimmich lachend zu sagen. Berthold Kimmich war selbst ein begeisterter Fußballer, Weggefährten schätzten seine Einsatzfreude, seine Kameradschaft, seine Bedingungslosigkeit. Sie sahen aber auch – bei aller Hochachtung – gewisse Defizite in der fußballerischen Technik.
Den eisernen Willen hat der Vater an den Sohn übertragen. „Er konnte nie verlieren“, unterstreicht Mutter Anja. „Er ist verdammt ehrgeizig“, berichtete Schwester Debora. Das Kämpfen kommt wohl vom Vater, das Talent aber vom Opa. „Der war ein sehr guter Fußballer“, schwärmt Anja Kimmich. Und da kommt das eine zum anderen: Der Opa hieß Walter. So musste aus Joshua Walter Kimmich ja auch ein guter Fußballer werden. Zusammen mit der väterlichen Kampfkraft ein Weltstar!
Peter
Doch es gibt noch andere unbekannte Namen großer Fußballer. Wer kennt Peter Müller? Ja, das ist eigentlich Etikettenschwindel, denn der Spieler heißt Hans Peter Müller, und da arbeiten die Synapsen schon schneller und bringen es zusammen, dass es sich um Hansi Müller handelt, der mal als Schwabe, mal als Halb-Italiener bezeichnet wird. In Wahrheit ist er aber Flüchtlingskind, denn seine Eltern Hermann und Kristina Müller wurden nach dem Zweiten Weltkrieg wegen ihrer donauschwäbischen Abstammung aus der Voivodina (damals Jugoslawien, heute Serbien) vertrieben.
Ein im Krieg verschollener Onkel des kleinen Hans Peter Müller hieß Hansi – und die Großeltern baten, den Frischgeborenen doch Hansi zu nennen. Und so kam es auch, „und zwar vom ersten Tag an“, erzählt Hansi (und nicht Hans Peter) Müller wohl auch an seinem 66. Geburtstag am 27. Juli wieder. Übrigens heißt auch der beste Torhüter Deutschlands Peter: Manuel Neuer.
Bilal
Den Durst nach Anerkennung (arabisch bilal = Wasser, Nässe, Durst stillend) musste ein bekannter Fußballer seine gesamte Jugend hindurch stillen, denn erstens kommt er aus der strukturschwachen Gegend, in der auch der Kinohit „Willkommen bei den Sh’tis“ spielt: aus dem Nord-Pas-de-Calais. Und zweitens durchlebte er viele Hänseleien in seiner Kindheit. Franck Ribéry wurde in Boulogne-sur-Mer geboren, und als er zwei Jahre alt war, begleitete er Vater François auf einer Kurierfahrt. Er saß unangeschnallt auf dem Rücksitz – eine Anschnallpflicht kannte man damals nicht – und flog mit voller Wucht durch die Windschutzscheibe, als es zu einem Unfall kam. Ein Wunder war, dass der kleine Franck noch lebte, doch Glassplitter übersäten sein Gesicht, und die große Narbe auf der rechten Gesichtshälfte ist heute sein Markenzeichen, das er auch nicht operativ entfernen lassen würde, wenn es möglich wäre.
„Sie gehört zu mir, zu meinem Leben“, sagt Ribéry. „Als Kind wurde ich wegen der Narbe gehänselt, das war hart. Aber die Zeiten sind lange vorbei. Diese Narben und die Sprüche von anderen darüber haben mich stark gemacht und meinen Charakter geformt.“ Viele denken, der Unfall oder die Hänseleien hätten Einfluss gehabt auf eine einschneidende Entscheidung in Ribérys Privatleben, denn er konvertierte 2006 vom christlichen zum muslimischen Glauben. Doch der wahre Grund ist seine aus Algerien stammende Frau Wahiba Belhami. Seit der Konversion heißt Franck Ribéry eigentlich Bilal Yusuf Mohammed. Nur kennt ihn unter diesem Namen niemand.
Anton Hupfauf
Das wäre ein lustiger Name gewesen für einen der größten Fußballer aller Zeiten, den Deutschland hervorgebracht hat. Und was gibt es nicht alles für Anekdoten um und über Franz Beckenbauer, der in Giesing in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist, und der einmal das Haus kaufen wollte, das die Wohnung beherbergt, in der er aufgewachsen ist – um dort ein Heim für alleinerziehende Mütter zu eröffnen. Der Plan gelang nicht und heute – kein Witz – wohnt in dem Haus eine Familie namens „Kaiser“. Dass der Fußball-„Kaiser“ auf eine solche Idee gekommen ist, hängt eng mit der wichtigsten Person im Leben Franz Beckenbauers zusammen, die kurz vor dem „Sommermärchen“, der WM 2006, die sie so unbedingt noch erleben wollte, mit 92 Jahren starb: seiner Mutter.
Franz Beckenbauer trägt nicht nur den Namen seines Vaters Franz senior, sondern mit dem Zweitnamen „Anton“ auch einen Teil des Vornamens seiner Mutter Antonie in seinem vollständigen Namen. Und die hieß mit Mädchennamen „Hupfauf“. In der Zeit, zu der Franz Beckenbauer zur Schule ging, musste dieser Mädchenname immer mit angegeben werden. Das gehört für ihn nicht zu den schönsten Erinnerungen seines Lebens: „Ich habe mich oft geschämt. Ich weiß noch, dass ich oft ausgelacht wurde in der Klasse.“
Andrés Cuccittini und Co.
Auch andere Fußballer haben Namen, mit denen man sie erst einmal nicht in Verbindung bringt. Die Älteren wissen, dass sich hinter Edson Arantes do Nascimento niemand Geringeres als Pelé verbirgt, doch wer ist dieser geheimnisvolle Andrés Cuccittini? Vollständig heißt der siebenmalige Weltfußballer Lionel Andrés Messi Cuccittini, nimmt man die zwei unbekannten Namensbestandteile weg, kennt den Neu-Inter-Miami-Profi jedes Kind. Gang und gäbe ist es in Südamerika, mit Künstlernamen aufzulaufen, so würde Herr Assis Moreira zumindest namentlich inkognito durch Deutschland reisen können, Vorname Ronaldo de, Künstlername: Ronaldinho.
Zu einem Künstlernamen im Pass und auf dem Trikot hat es bis jetzt nur ein deutscher Spieler gebracht: „Zecke“ Andreas Neuendorf, der sich sein Markenzeichen tatsächlich in seinen Ausweispapieren hat vermerken lassen. Dass er mit Zweitnamen Rainer heißt, ist da eher nebensächlich.