Die Türen im Neubau der Traube Tonbach in Baiersbronn öffnen sich erstmals für Gäste am 8. April. Wie ist das der Inhaberfamilie des Fünf-Sterne-Superior-Hotels im Nordschwarzwald gelungen?
Baiersbronn – "Wir werden alles wieder aufbauen, und es wird gut werden." Das hat Seniorchef Heiner Finkbeiner gerade mal einen Tag nach dem verheerenden Brand gesagt, der das Stammhaus der Traube Tonbach in Schutt und Asche gelegt hatte. Nun ist es ist fast geschafft. Und wenn seine Frau Renate durch die neuen Räume führt und die zurückliegenden Monate beschreibt, dann schwingt Stolz mit, aber auch Nachdenklichkeit.
Noch steht der Endspurt auf der Zielgeraden an. Am 8. April öffnen sich zum ersten Mal die Türen im Neubau der Traube in Tonbach, ein Ortsteil der Gemeinde Baiersbronn im Landkreis Freudenstadt, für Gäste. Der Brand im Januar 2020, dann der Verlust der "Michelin"-Sterne, denn ohne Restaurants gibt es diese nicht, zu Pfingsten desselben Jahres die Eröffnung des Temporaire als vorübergehendes Zuhause von Schwarzwaldstube und Köhlerstube, die Zurückeroberung der Sterne, die Pandemie und damit die Lockdowns und gleichzeitig der Neubau: Es waren aufregende und fordernde Jahre, die hinter der Traube Tonbach liegen – hinter der Inhaberfamilie, dem Team, den Architekten, den Handwerkern.
Traditionelle Bauweisen werden zitiert
Renate Finkbeiner, die mit für die Planung verantwortlich ist, sozusagen die oberste Bauinstanz der Familie, kennt jedes Detail des Neubaus. Dessen Größe und Anordnung lehnt sich an das einstige Stammhaus an. Vorvergraute Holzschindeln für die Fassade, Granitpflaster, das sich vom Vorplatz ins Gebäude zieht, manche Wände in Stampflehm-Mauerwerk verkleidet – es ist ein moderner Bau, für den aber ganz bewusst bewährte Techniken und heimische Materialien aufgegriffen wurden. "Wir haben versucht, traditionelle Bauweisen zu zitieren", fasst es Renate Finkbeiner zusammen.
Stolz ist sie darauf, dass es durch die Architektur und die Baustoffe gelungen sei, den Neubau und das auf der anderen Straßenseite liegende, vom Brand verschonte Hotelgebäude optisch zusammenzuführen.
Zu Sterne-Restaurants kommt jetzt das "Schatzhauser"
Neben Holz prägen auch die großen, zum Teil bodentiefen Fenster, die mit dem idyllischen Tal zu spielen scheinen, den Bau. In ihm finden jetzt die mit drei "Michelin"-Sternen dekorierte, legendäre Schwarzwaldstube mit Küchenchef Torsten Michel und die Köhlerstube (ein Stern) ihr neues Zuhause. Wobei die Köhlerstube einen neuen Namen bekommt: "1789". Damit wird an das Gründungsjahr erinnert. Damals begann die Geschichte des Hauses mit einer kleinen Schänke. Die alte Bauernstube wird es so nicht mehr geben, weil sie sich schwerlich hätte nachbauen lassen. Dafür gibt es ein neues Restaurant, das "Schatzhauser", benannt nach dem guten Geist aus Wilhelm Hauffs "Kaltem Herz". Wie für das "1789" zeichnet für das "Schatzhauser" ebenfalls Florian Stolte als Küchenchef verantwortlich.
Der in den Hang integrierte und mit mehreren Terrassen ausgestattete Neubau mit drei Stockwerken besteht aus drei Einzelhäusern. Neben den Restaurants bietet er Platz für Büros und einen Tagungsraum. Im Untergeschoss ist unter anderem der große verglaste Weinkeller zu finden. Das Feuer hatte auch edle Weine und Champagner zerstört. "Die wurden gekocht, wir mussten sie ausleeren", erinnert sich Renate Finkbeiner zurück. Der Rotwein habe gerettet werden können, weil er an einer anderen Stelle untergebracht war.
Eine Mammutaufgabe, die nur Hand in Hand gestemmt werden kann
Baustart im Sommer 2020, Fertigstellung im April 2022, nichts von der Stange, "alles Handwerk auf höchstem Niveau" – eine Mammutaufgabe, die nur in Zusammenarbeit Hand in Hand gestemmt werden konnte, in der Familie, im Traube-Team und unter den beteiligten Firmen. Zum Teil seien bis zu 20 Gewerke mit 90 Arbeitern gleichzeitig gelaufen. Bei so einer großen Aufgabe könne man nur Schritt für Schritt denken, sagt Renate Finkbeiner zu der Zeit zwischen dem mutigen "Wir machen weiter" ihres Mannes vor etwas mehr als zwei Jahren und der Gegenwart. "Da muss man dran glauben, sonst hat man gar nicht den Mut, das anzugehen." Ihre Mutter, die inzwischen gestorben ist, habe ihr nach dem Brand viel Kraft gegeben und ihr Mut gemacht. "Sie hat gesagt, wir schaffen das."
Die Motivation: die Zukunft vor Augen zu haben
Und da ist sie wieder, die Nachdenklichkeit, die trotz allen Stolzes auf das Erreichte immer ein wenig mitschwingt. Das Nachdenken über die Generation ihrer Mutter, die einen Krieg miterleben musste, über den aktuellen Krieg. "Ich denke jetzt auch an die Menschen in der Ukraine", sagt Renate Finkbeiner.
Bei allen Problemen, die die letzten Jahre für die Traube gebracht hätten, gebe es Menschen, "die sind viel mehr gefordert als wir". Denn: "Wir hatten die Mittel und die Kraft, auch innerhalb der Familie, die Probleme zu bewältigen." Die Motivation sei immer gewesen, die Zukunft vor Augen zu haben, auch die kommender Generationen.
Das Unternehmen
Stammhaus
Die Traube Tonbach in Baiersbronn-Tonbach mit ihren 151 Zimmern und Suiten und ihrer vielfach ausgezeichneten Gourmetküche gehört seit den 1970er-Jahren zur Spitze der europäischen Hotellerie. Das Fünf-Sterne-Superior-Hotel befindet sich seit über 230 Jahren in Familienbesitz und wird heute von Heiner und Renate Finkbeiner sowie ihren Söhnen Matthias und Sebastian in achter Generation geführt.
Expansion
Seit 2011 erweitert die Hoteliersfamilie ihr Unternehmensportfolio und betreibt heute neben dem Stammsitz im Tonbachtal das Neue Schloss Meersburg am Bodensee, das Schlosshotel Monrepos in Ludwigsburg sowie die Betriebsgastronomie des Softwareunternehmens Vector Informatik GmbH aus Stuttgart. An den vier Unternehmensstandorten beschäftigt die Traube Group mehr als 450 Mitarbeiter.