Die Spurensuche in der Brandrunine der Schwarzwaldstube stellt sich als schwierig dar. Foto: dpa

LKA-Kriminaltechniker gibt Einblick in seine Arbeit. Vorgehen nach dem Ausschlussprinzip. Interview

Baiersbronn - Die Untersuchungen zur Brandursache in der "Traube Tonbach" dauern an. Wie lässt sich in solch einem Chaos aus Ruß, Schutt und Asche überhaupt etwas finden? Wir fragten Regierungsrat Christian Coqui (43). Der Diplom-Physiker arbeitet in der Fachgruppe 221 "Brandursachen" des Kriminaltechnischen Instituts beim Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart.

 

Herr Coqui, Flammen, 1000 Grad Hitze, Abertausende Liter Löschwasser – wie kann man nach einem solchen Inferno noch Spuren finden?

Viele Spuren werden durch das Feuer zerstört. Die Untersuchungen werden daher mit jeder Minute, die das Feuer länger brennt, schwieriger. Dies geht so weit, dass alles zerstört ist.

Wie gehen Sie üblicherweise bei der Untersuchung vor?

Zuerst muss der Brandausbruchort festgestellt werden. Darüber hinaus wird die elektrische Anlage untersucht. Die Verteilung von Kurzschlussspuren im Gebäude und im Raum lässt Rückschlüsse auf den Entstehungsort zu, da der Kurzschluss üblicherweise dort auftritt, wo die Leitung zuerst beflammt wird. Weiterhin ziehen wir Zeugenaussagen, Daten der Brandmeldeanlage, Fotos und alles andere zu Hilfe, das uns einen Hinweis auf den Ursprungsort geben kann. Wenn am Ende dies alles ein einheitliches Bild ergibt, haben wir die Brandausbruchsstelle gefunden.

Woran erkennen Sie, wo der Brand ausgebrochen ist?

Hierzu wird das Brandspurenbild bewertet. Wie stark Gegenstände verbrannt sind, hängt von der Branddauer, den Belüftungsmöglichkeiten, der Verteilung der Brandlasten, der Reihenfolge des Löschens und anderen Faktoren ab. Das Brandspurenbild in der Anfangsphase des Brandes zeigt uns direkt den Brandausbruchsort. Bei einer langen Branddauer wird das Bild zusehens vom Einfluss der Belüftung überlagert. Es ist dann dort stark verbrannt, wo viel Luft an das Feuer gelangt. In tief liegenden Bereichen, die durch herabgefallenen Brandschutt geschützt sind, kann man aber auch bei stark abgebrannten Gebäuden noch Brandspuren finden, die auf den Brandausbruchsort hinweisen.

Was sind für Sie Indizien oder Beweise für eine technische Ursache?

Zur Bestimmung der Ursache werden alle Möglichkeiten der Zündung im Brandausbruchsbereich betrachtet und nacheinander, sofern möglich, ausgeschlossen. Bestenfalls bleibt am Ende nur eine Möglichkeit übrig. Eventuell können wir aber auch mehrere mögliche Zündquellen nicht ausschließen, dann ist der Fall nicht eindeutig gelöst. Das Ergebnis unserer Untersuchungen ist am Ende nicht immer eindeutig. Der Brandausbruchsbereich kann eventuell auf eine kleine Stelle eingegrenzt werden, vielleicht aber auch nur auf einen größeren Bereich, ein Zimmer, oder das ganze Gebäude. Bei den möglichen Ursachen kommt bestenfalls nur eine Möglichkeit heraus, eventuell aber auch mehrere, oder wir können nur eine einzelne Möglichkeit ausschließen. Manchmal können wir die Zündquelle auch gar nicht bestimmen.

Ein später verbranntes Kabelstück dürfte sich für einen Laien kaum von einem zuvor verschmorten unterscheiden lassen.

Defekte an elektrischen Geräte lassen sich oft über Lichtbogenspuren im Inneren nachweisen. Wenn Leitungsisolationen verbrennen, gibt es Kurzschlüsse an den Leitungen. Die zurück bleibenden Lichtbogenschmelzspuren an den Leitern überleben den Brand meistens und können im Labor unter dem Mikroskop erkannt werden. Brandstiftungen zum Beispiel über Rückstände von flüssigen Brandbeschleunigungsmitteln, die wir bei uns im Labor nachweisen können, oder das Vorliegen mehrerer unabhängiger Brandausbruchsstellen.

In wie vielen Prozent aller Fälle, ganz grob, können Sie die Ursache herausfinden?

Es gab schon seltene Fälle bei vollständig abgebrannten Gebäuden, bei denen wir die Arbeit ohne irgendein Ergebnis beenden mussten. Kleinere Brandfälle, die sich beispielsweise auf ein Zimmer begrenzen, lassen sich meist vollständig klären. Eine Statistik führen wir nicht. Auch wären die Brandfälle, die von unserem Institut untersucht werden, nicht repräsentativ für die Brandfälle im Land.

In welchen Fällen werden die Experten des LKA überhaupt bei Bränden hinzugezogen?

Das wird immer einzelfallabhängig geprüft. Grundsätzlich werden die Sachverständigen in der Regel bei folgenden Fallkonstellationen hinzugezogen: Brandfälle mit größerem öffentlichem Interesse, Brandfälle mit hohem Schadensausmaß, Brände mit schwer verletzten und toten Personen sowie Brände mit politisch motiviertem, fremdenfeindlichem Hintergrund.

Die Fragen stellte Volker Rath

Alle Berichte zum Brand finden Sie auf unserer Themenseite.

Wie soll es mit der Traube Tonbach weitergehen?