Ob am Leben oder nicht: Die Schrambergerin Ruja Ignatova geht als große Betrügerin in die Geschichte ein. Foto: von Mirbach

Bulgarische Gangster haben Ruja Ignatova bereits im November 2018 auf ihrer Yacht getötet, ihren Körper zerstückelt und ins Ionische Meer geworfen – darüber berichtete vergangene Woche zumindest die bulgarische Investigativ-Seite Bird.

Die Seite hat sich auf das Thema Korruption in Osteuropa, Russland und auf dem Balkan konzentriert und ist eine Schwestergesellschaft des angesehenen Internationalen Konsortiums für Investigativen Journalismus.

Und das Ganze kommt so: Laut der Seite seien im Nachlass eines im März 2022 ermordeten bulgarischen Polizeichefs namens Lyubomir Ivanov brisante Dokumente aufgetaucht. Darin ging es um Aussagen eines Geldwäschers, der von dem besagten Mord an der in Schramberg aufgewachsenen Ruja Ignatova berichtet. Darüber berichten auch die Branchendienste BTC-Echo und Coindesk.

Drogenboss als angeblicher Auftraggeber

Der Mord sei von dem berühmt-berüchtigten bulgarischen Drogenboss Christoforos Amanatidis – auch bekannt als Taki –, in Auftrag gegeben worden. Das habe Georgi Vasilev, der Schwager von Taki, ausgesagt.

Schon früher gab es Hinweise in Berichten, dass Ignatova mit Personen aus dem organisierten Verbrechen in Kontakt war. Von diesen Verbindungen profitierten anscheinend zunächst beide Seiten.

Taki hatte offenbar Einfluss auf hochrangige Polizeibeamte in Ignatovas Geburtsland Bulgarien, was der x-fach von weltweiten Polizeibehörden Gesuchten möglicherweise Sicherheit gebracht haben könnte. Taki hingegen konnte Drogengelder über die Kryptowährung OneCoin waschen.

Um vier Milliarden Dollar geprellt

Ignatova und ihr ebenfalls in Schramberg aufgewachsener Bruder Konstantin hatten mit der betrügerischen Kryptowährung OneCoin von 2014 bis 2017 drei Millionen Anleger aus 175 Ländern um etwa vier Milliarden US-Dollar geprellt – einer der größten Krypto-Betrugsfälle aller Zeiten. Es gab ausschweifende Partys in Bulgarien und London, Räume voller Bargeld, Privatspione und betrogene Kunden überall auf der Welt – so heißt es in zahllosen Berichten.

Allerdings fiel das Kartenhaus dann in sich zusammen: Ruja Ignatova tauchte unter. Sebastian Greenwood, mit dem sie OneCoin aufgebaut hatte, wurde im Juli 2018 in Thailand festgenommen und an die USA ausgeliefert, wo ihm bis zu 20 Jahre Haft drohen. Konstantin Ignatov leitete daraufhin OneCoin, aber auch er wurde in den USA festgenommen und sitzt seitdem dort in Haft. In Deutschland läuft in Münster der erste Prozess zu OneCoin, wo mutmaßliche Helfer von Ruja Ignatova vor Gericht stehen.

Auf der Liste des FBI

Ob sich der Mord an Ruja Ignatova tatsächlich so zugetragen hat, wie die Seite Bird behauptet, lässt sich derzeit nicht beweisen. Crypto Xpose, ein Twitter-Account, der OneCoin gewidmet ist, sieht es so: „Ich würde die Information, dass Ruja im November 2018 ermordet wurde, nicht als selbstverständlich ansehen. Es ist natürlich möglich, aber es gibt keine Beweise. Das FBI setzt normalerweise keine toten Personen auf seine Liste der zehn meistgesuchten Personen der Welt. Außerdem: Bulgarien ist Bulgarien“.

Auf der FBI-Liste landete die in Schramberg aufgewachsene Ruja Ignatova im vergangenen Jahr. Dort befinden sich sonst vor allem Serienmörder, Terroristen und Drogenkartellbosse. Auch die bulgarische Polizei erklärte Ignatova bislang nicht für tot.

Dubai oder Russland als weitere Domizile möglich

Eine andere Theorie besagt: Ignatova soll in Russland abgetaucht sein – auf einer privaten Yacht im Schwarzen Meer, mit umoperiertem Gesicht. Andere vermuten, sie versteckt in einem Privatsitz in Dubai.

Was hingegen gesichert ist: Sie wurde seit über fünf Jahren nicht mehr gesehen – und das, obwohl sich Geheimdienste und Journalisten an ihre Fersen geheftet haben. Wilde Spekulationen sind seitdem ins Kraut geschossen. Nun also könnte es sein, dass all diese falsch lagen und Ruja Ignatova bereits seit über vier Jahren tot ist. Der endgültige Beweis steht indes noch aus.