Sie kosten viele Millionen Euro. Sind die Groß-Events das viele Geld echt wert? Das sagen die früheren Schau-Orte – und was sie den jetzigen Machern raten.
Mit vielen Tausend Gästen haben Freudenstadt und Baiersbronn am Freitag bei sonnig-trockenem Wetter ihre Gartenschau gestartet. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) eröffnete das Blumen- und Naturparadies im Forbachtal zwischen beiden Orten.
Die Gartenschau sei ein glänzendes Beispiel für starkes Anpacken auch in nicht einfachen Zeiten. „Es wird nicht besser, wenn wir immer nur rumjammern und rummaulen , wir müssen zupacken, so wie hier in den beiden Orten“, sagte Kretschmann und bekam dafür langen Applaus von mehreren Tausend Zuhörern.
„Nach der Schau geht’s weiter!“
Auch die Rathaus-Chefs der beiden Orte strahlten. „Mit der interkommunalen Gartenschau hat sich eine Kultur der Zusammenarbeit und des Zusammenhalts etabliert, die wir auch nach der Schau weitergehen wollen“, sagte Adrian Sonder, Freudenstadts Oberbürgermeister. Sein Bürgermeisterkollege Michael Ruf aus Baiersbronn bekräftigte das und freute sich auf eine „Gartenschau der Superlative sowie eine starke und nachhaltige Verbesserung der Infrastruktur in beiden Orten.“
Der Ansturm ist riesig
Seit 45 Jahren richten Land und Kommunen in Baden-Württemberg im jährlichen Wechsel Garten- und Landesgartenschauen (LGS) aus. Einziger Unterschied: Landesgartenschauen sind etwas größer, es fließt noch mehr Geld.
Land schießt viel Geld zu
Der Andrang interessierter Kommunen für diese Großveranstaltungen ist enorm. Aus gutem Grund: Das Land schießt für die Events stets viele Millionen Euro zu.
Nicht nur für Blumenbeete, sondern vor allem für nachhaltige Infrastruktur. Straßen werden saniert, Turnhallen gebaut, Museen eingerichtet und vieles mehr.
19 Millionen Euro für die aktuelle Schau
Bei der jetzt gestarteten Schau schoss die Landesregierung über diverse Fördertöpfe rund 19 Millionen Euro in den Schwarzwald. Freudenstadt und Baiersbronn bekamen für Straßen, Spielplätze, Anlagen, Gebäude und vieles mehr eine Förderquote von etwa 60 bis 70 Prozent. Sie selbst butterten etwa rund zehn Millionen Euro aus eigener Kasse zu.
Vorverkauf läuft schon glänzend
Für die Veranstaltung selbst steht ein Sechs-Millionen-Euro-Topf zur Verfügung, in den viele Sponsoren- und Eintrittsgelder zur Gegenfinanzierung fließen sollen. Die zwei Kommunen sind da sehr optimistisch, der Vorverkauf lief glänzend, sagt Geschäftsführerin Cornelia Möhrlen.
Frühere Orte sind sehr zufrieden
Aber nicht nur die Besucherzahlen sind den Orten wichtig. Solche Schauen haben eine beachtliche Langzeit-Düngewirkung, was das Stadtmarketing nach innen und außen angeht. Das zeigt eine Umfrage unserer Redaktion bei früheren Gartenschau-Orten: Die Events hallen selbst Jahrzehnte später positiv nach.
Weil am Rhein (1999) sieht einen echten Gewinn
„Für unsere Stadt war die Landesgartenschau ein echter Gewinn. Die Chance, diese zuvor eher ungestaltete Landschaft zu formen, sie dauerhaft für alle zugänglich zu machen und naturnahe Lebensräume zu schaffen, wurde ergriffen. Die Stadtentwicklung wurden mit der ‚Grün 99‘ entscheidend vorangetrieben und der Bekanntheitsgrad der Stadt und des Dreiländerecks erhöht. Der Dreiländergarten ist nicht mehr wegzudenken: Kunst, Festivals, Märkte und Messen, Freiluftsportarena, vor allem aber ein beliebter Treffpunkt zum Erholen“, freut sich Oberbürgermeisterin Diana Stöcker.
Singen (2000) verbesserte sein Image
Auch nach 25 Jahren ist die Gartenschau im Stadtbild von Singen präsent. Kunstwerke, die in die Jahre gekommen waren, wurden erneuert, weil die Bürger darauf drängten. „Zweifellos trug die Landesgartenschau mit ihren vielen Facetten dazu bei, das Image der Stadt Singen nachhaltig zu verbessern und die Identität vieler Bürger mit ihrer Stadt zu fördern“, sagt Singens OB Bernd Häusler. Singen war zuvor fast nur als eher triste Industriestadt bekannt gewesen.
Kehl (2004) bekam neues Wahrzeichen
Das Wahrzeichen der Landesgartenschau vor 21 Jahren ragt noch immer über den Rhein: die markante Brücke, die von Kehl hinüber ins elsässische Straßburg führt. Von einem „enormen Imagegewinn“ berichtet eine Stadt-Sprecherin. „Viele Menschen, die lange nicht in Kehl waren und nach der Gartenschau zurückkehrten, konnten die Veränderungen kaum fassen.“
Villingen-Schwenningen (2010) spürte einen großen Schub
Ohne den Gartenschau-Schub hätte die Doppelstadt die Sanierung des Schau-Areals in diesem Umfang nicht umsetzen können, zeigte sich der damalige OB Rupert Kubon sicher. Die Wirkung der Schau mit ihrem neuen Naherholungsgebiet sei nachhaltig gewesen und von den Bürgern im Nachhinein „durchgehend positiv bewertet worden“.
Horb (2011) kam so richtig in Schwung
„Die Stadt ist in Schwung gekommen und hat sich nachhaltig zum Positiven verändert“, fasst Horbs OB Peter Rosenberger die Auswirkungen der Schau in seiner Stadt am Neckar zusammen. Die gestiegene Grundfrequenz an Tagestouristen sei spürbar gewesen. Ein stärkeres Wir-Gefühl unter den Horbern sei seit den Schau-Monaten auch zu registrieren.
Nagold (2012) nutzte die „Riesen-Chance“
Als „Riesen-Chance“ stuft Nagolds OB Jürgen Großmann im Nachhinein die Blumenschau für seine Stadt ein. Nagold habe einen großen Sprung nach vorne gemacht und der Bürgersinn sei enorm gesteigert worden. Viele Menschen würden ihren Ort seither spürbar mehr wertschätzen.
Lahr (2018) sieht die Schau als echten Glücksfall
„Die Landesgartenschau 2018 war für die Stadt Lahr ein Glücksfall“, sagt OB Markus Ibert. Die Aufwertung eines Wohnquartiers und die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes seien Errungenschaften, die das Stadtbild nachhaltig prägten. Vor allem jedoch habe Lahr auf dem Areal der Landesgartenschau einen offenen, begrünten, interkulturellen Treffpunkt mit vielfältigen Angeboten für die gesamte Bürgerschaft geschaffen, der sich bei den Menschen aus Lahr und der Region weiterhin sehr großer Beliebtheit erfreue.
Balingen (2023) war „einfach einmalig!“
Zwei Jahre nach der Gartenschau zieht OB Dirk Abel eine sehr positive Bilanz: „Die Gartenschau war für Balingen ein einmaliges Ereignis, das unserer Stadt 2023 ein echtes Sommermärchen beschert hat. Es war ein unglaubliches Erlebnis, die Stadt und die Stadtteile zusammenrücken zu sehen – das gilt auch für die ganze Region. Diese besondere Verbundenheit wird sich auch in den kommenden Jahren weitertragen.“
Rund um die Gartenschau
Tickets
Der Eintritt kostet 19 Euro für Menschen ab 17 Jahren, Kinder dürfen gratis rein. Infos unter www.tal-x.de
Nächste Schauen
In diesen Orten finden die nächsten Gartenschauen und Landesgartenschauen (LGS) in Baden-Württemberg statt:2026: Ellwangen (LGS)2027: Bad Urach2028: Rottweil (LGS)2029: Vaihingen/Enz2030: Ulm (LGS)2031: Bretten2032: Offenburg (LGS)2033: Benningen und Marbach2034: Bad Mergentheim (LGS)2035: Riedlingen2036: Rastatt (LGS)