Erwin Epting (links), Ute Scholz und Hubert Urstöger sind im Untergeschoss des Rathauses fleißig: In dieser Woche bauen die Helfer des Projekts „Das Dritte Reich und wir“ die Ausstellung auf, die am Freitag eröffnet wird. Foto: Moser

Unzählige Stunden haben die Mitstreiter der Projektgruppe „Das Dritte Reich und wir“ in die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus in St. Georgen gesteckt. Eine Quintessenz der Erkenntnisse zeigt in den kommenden Wochen eine Ausstellung.

„Es ist schon verblüffend, was das alles zutage kam“, sagt Ute Scholz, zusammen mit Gerhard Mengesdorf in St. Georgen für die Leitung des Projekts „Das Dritte Reich und wir“ zuständig. Briefe, Gegenstände, alte Fotos und Karten aus der Zeit des Nationalsozialismus (NS) – „es sind viel, viel mehr Exponate zusammenkommen als wir überhaupt ausstellen können“. Ein Teil wird ab Freitag unter dem Titel „Verdrängt, verdeckt, vergessen. St.Georgen im Nationalsozialismus“ im Rathaus präsentiert. Es ist der Abschluss nach etwa anderthalb Jahren intensiver Auseinandersetzung mit St. Georgens NS-Vergangenheit.

Vier Workshops liegen hinter den Teilnehmern. Rund 25 Bürger aus den verschiedenen St. Georgener Ortsteilen, heißt es in einer Mitteilung des Projektteams, haben sich beteiligt. Im Schnitt habe man sich alle sechs bis acht Monate getroffen, erklärt Scholz – in den vergangenen Wochen dann noch einmal intensiver, um die Ausstellung vorzubereiten.

Viele Quellen gesammelt – und wieder aussortiert

Am Anfang stand die Recherche. Zuerst musste Material gesammelt werden. Zahlreiche St. Georgener hatten sich beteiligt, und Gegenstände aus der NS-Zeit zu den Treffen mitgebracht. Schriftstücke brachten weitere Erkenntnisse. „Das Projekt hat uns gefordert“, erinnert sich Scholz, „denn wir mussten erst sehr viele Quellen zusammentragen. Dann mussten wir die allermeisten wieder aussortieren.“

Denn bei der Ausstellung kann nur ein Teil der Ergebnisse präsentiert werden. Daher setzte die Projektgruppe fünf thematische Schwerpunkte: der Konflikt innerhalb der evangelischen Kirchengemeinde, Zwangsarbeit und Rüstungsindustrie, zwei Soldatenbiografien, Euthanasieopfer und die SS-Berufsschule. Über Hintergründe können die Ausstellungsbesucher sich an je einer Stele informieren.

Fünf Euthanasieopfer werden vorgestellt

Zum ersten Mal werden die fünf aus St. Georgen stammenden Euthanasieopfer vorgestellt. Hier können sich die Besucher der Ausstellung auch aktiv einbringen. Gefragt sind Ideen, auf welche Weise man dieser Personen in Zukunft in St. Georgen gedenken kann. In einem separaten Raum ist zudem der Briefwechsel zwischen Hermann und Priska Bauknecht aus der Kriegszeit Thema. Dieser ist zu 75 Prozent erhalten, erklärt Scholz. Teile davon wurden nun eingesprochen und werden im Zuge der Ausstellung präsentiert.

Auch wenn das Projekt „Das Dritte Reich und wir“ damit erst einmal seinen Abschluss findet, wünschen sich sowohl Scholz als auch Mengesdorf, dass das Thema weiterhin verfolgt wird. Denn – das macht Scholz im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich – es gibt noch vieles aufzudecken und zu erforschen.

Schicksale spiegeln sich in der ganzen Region wider

Clemens Tangerding, der das Projekt vonseiten der Universität Gießen betreute, hofft, dass die Ausstellung zu einer neuen Auseinandersetzung mit der NS-Zeit führt. „St. Georgen ist nicht nur das nette, kleine Schwarzwaldstädtchen, für das ich es am Anfang hielt. Vor allem aufgrund seiner Industriegeschichte hat sich die Geschichte des Nationalsozialismus hier stark widergespiegelt“, wird er in einer Mitteilung zitiert. Tangerding hofft, dass die Ausstellung dazu anregt, sich mit dem Verschwiegenen auseinanderzusetzen – nicht nur in St. Georgen, sondern auch darüber hinaus. Denn, betont Scholz etwa mit Blick auf Zwangsarbeit in der Bergstadt, „diese Schicksale gab es nicht nur in St. Georgen, sondern überall in der Region“.

Die Eckdaten

Projekt
Das Projekt „Das Dritte Reich und wir“ wird bundesweit in Kommunen durchgeführt – immer in Kooperation mit der Universität Gießen. Es wird gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung und vom Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.

Ausstellung
Die Präsentation der Ergebnisse der St. Georgener Projektgruppe wird von 17. März bis 6. April im Untergeschoss des Rathauses zu sehen sein. Eröffnet wird sie am Freitag, 17. März, ab 17 Uhr. Danach sind die Öffnungszeiten montags bis freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr, montags, donnerstags und freitags zusätzlich von 14 bis 18 Uhr sowie dienstags und mittwochs außerdem von 14 bis 16 Uhr. Samstags und sonntags kann die Ausstellung von 14 bis 18 Uhr besucht werden. Der Eintritt ist frei.