Ein Fühl-Memory, ein Insektenhochhaus, jede Menge Hintergrundwissen und immer wieder eine traumhafte Aussicht auf Wildberg: Der Weiden- und Wiesenweg ist eine umfassende Erlebnistour, die einige kuriose Fakten über unsere tierischen und pflanzlichen Nachbarn bietet.
Der Biodiversitätspfad „Weiden- und Wiesen-Weg“ ist ein Versuch der Stadt Wildberg, „der Natur etwas zurückzugeben und Aufmerksamkeit für die Natur und ihre Bewohnerinnen und Bewohner zu erzeugen“, wie ich auf der Start-Tafel am Kloster lese.
Die erste Station am Kloster zeigt mir an einem heißen Sommertag, wohin die Reise auf dem Weiden- und Wiesenweg geht. Im großen Wildbienenhotel, das vom Schwarzwaldverein Wildberg zusammen mit der Stadt aufgebaut wurde, entdecke ich gleich eine Biene, vor einem Loch in einem Ziegelstein.
Der ehemalige Kinderspielplatzturm einer Rutsche ist durch den Baubetriebshof zu einem Hochhaus für verschiedene Tiere umgebaut worden. Er wirkt nicht zuletzt wegen der Geweihe, mit denen er geschmückt ist, wie das zu Hause einer Märchenfigur. Auch wegen eines Bereichs für Kleinstlebewesen, der etwas an eine mit Tannenzapfen gefüllte Wäschetrommel erinnert. Die Pflanzen im gesamten Klosterareal und auf den beiden kreisrunden Blühwiesen seien übrigens so ausgewählt, dass sie den Insekten Nahrung bieten, erfahre ich auf der Infotafel.
Wegverlauf
Vom Klosterhof geht der Rundweg nach Süden den Hang entlang der Nagold hinauf, macht kurz vorm Waldparkplatz Holzflugzeug eine scharfe Kurve, geht gen Norden den Hang entlang und führt oberhalb der Fußgängerbrücke über die Nagold wieder zurück zum Kloster.
Fühl-Memory: Tasten wie ein Maulwurf
Eine Station auf dem Hang finde ich besonders originell: ein Fühl-Memory. Das Infoschild daneben lädt dazu ein, sich wie ein Maulwurf auf den Tastsinn zu verlassen – und die Augen zu schließen.
Die Umrisse von Kuh und Schaf fühlen sich für mich nahezu identisch an und bei dem Versuch, mir markante Stellen zu merken, die ich ertastet habe, versagt mein Gedächtnis, das gewohnt ist, sich Bilder zu merken, völlig. Selbst Eichhörnchen und Schnecke haben gewisse Rundungen gemeinsam. Ich verliere gegen meine Wanderbegleitung haushoch.
Aussicht in Himmel und Landschaft
Wer gerne in die Weite schaut, wird gleich beim Aufstieg auf seine Kosten kommen, wo die Himmelsliege dazu einlädt, nach Milanen und Uhus Ausschau zu halten. Oder an der Quelle auf dem Hang, wo ein malerischer Blick auf Wildberg von sanftem Plätschern untermalt wird. Das Wasser, dass hier offen übers Feld fließt, ist gut für das Klima, lese ich auf einer Infotafel, „als lokaler Kaltluftbildner lässt es den Sauerstoffgehalt steigen“.
Nagold in Wildberg schlecht benotet
Die Nagold im Tal dagegen sei leider durch menschliche Eingriffe stark verändert worden, lese ich auf dem Schild. Auf einer Notenskala von 1 bis 7 (1 bedeutet unverändert, sehr gut und 7 bedeutet vollständig verändert) basierend auf den amtlichen Geo-Basisdaten bekomme der Wildberger Abschnitt der Nagold lediglich eine 5 bis 6.
Wälder retten Wildberg als Luftkurort
Beim Blick auf Wildberg erfahre ich von einer Infotafel auch etwas über das Klima. Trotz der für Frischluftzufuhr erschwerten Lage im engen Tal erfülle Wildberg seit Jahren die Kriterien als Luftkurort. Dies liege beispielsweise an den Wäldern in der Umgebung, die eine wichtige Filter- und Austauschfunktion der Luft haben – aber auch an Wiesen-, Acker- und Grünflächen im Ortsinneren.
Kurioses über Bienen, Schafe, Ameisen
Neben Bienen und großen Ameisenhügeln begegnen mir auf dem Rundweg auch weidende Ziegen und eine Blindschleiche. Zu den meisten dieser Tiere finde ich auf den Infotafeln einige Fakten, die mir neu sind – und mein Bild von der Biene beispielsweise auf den Kopf stellen. So organisieren sich die meisten Bienen gar nicht in Staaten, sondern seien als Wildbienen Einzelgänger.
Für ein Honigglas von einem halben Kilo müsse eine Flugleistung von 100 000 Kilometer, also eine Strecke, die zweieinhalbmal um die Erde reicht, erbracht werden. Durch langjährige Schafbeweidung seien die für die Region klassischen Wacholderheiden entstanden, weil die Schafe die stacheligen Pflanzen nicht fressen konnten. Und in Deutschland gebe es mehr als 110 verschiedene Ameisenarten.
Anregungen für Kinder
Der Weiden- und Wiesenweg bietet einen guten Mix aus Naturerlebnis, aktiven Stationen wie dem Fühl-Memory, die für Kinder und Erwachsene spannend sein dürften und ausgewählten, interessanten Infos dazu. An einigen Stellen mögen die Schilder etwas irreführend sein – wenn beispielsweise am Spechtbaum gar keine Infotafel angebracht ist, sondern dieser erst auf der darauffolgenden Infotafel thematisiert wird.
Insgesamt beleuchten die Schilder verschiedene Aspekte von Natur und Umwelt allerdings super, sind gut strukturiert und geben immer noch eine Anregung oder kleine Spielidee für Kinder mit. Bei praller Sonne, sollten sich Wanderer einen Hut aufziehen – denn wie der Name des Pfads verrät, überwiegen Weiden und Wiesen, nur ein kurzer Abschnitt führt durch den schattigen Wald.
Nützliches zur Tour
Länge: 4,3 Kilometer
Entstehung: 2022 eröffnete die Stadt Wildberg den Infoweg mit seinen acht Informationstafeln und vier Aktionselementen. Er wurde im selben Jahr als Biodiversitätspfad ausgezeichnet.
Parken: An der Klosteranlage befindet sich ein Parkplatz.
Eignung für Rollstühle und Kinderwagen: Nein
Ausrüstung: Faltblatt können Wanderer sich an der ersten Infotafel in der Klosteranlage nehmen, Halt gebende Schuhe/ Wanderschuhe
Sportliche Herausforderung: Wanderer müssen am Anfang der Tour den Hang in sanftem Anstieg hinauf
Gesamtanstieg: 166 Meter
Einkehrmöglichkeit: Biergarten bei der Minigolfanlage